Glinde. Die Partei hat das Vorschlagsrecht, findet keinen Kandidaten in den eigenen Reihen. Jetzt will sie einen SPD-Politiker mit dem Posten betrauen.
In der Regel stellt die stärkste Partei in einer Kommune den Bürgervorsteher. Sie hat das Vorschlagsrecht. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass die anderen Fraktionen der Personalie zustimmen. In Glinde bekam die CDU bei der Kommunalwahl am 14. Mai die meisten Stimmen. Amtsinhaber Martin Radtke hatte schon vor geraumer Zeit mitgeteilt, nicht wieder zu kandidieren. Er hat lieber den Fraktionsvorsitz bei den Christdemokraten übernommen. Die finden nun in den eigenen Reihen keinen Nachfolger und wollen den Posten daher verschenken. Sie werden ihn zuerst der SPD anbieten, haben dabei klare Vorstellungen.
Konkret wird es an diesem Mittwoch um 19 Uhr im Mehrzweckraum des Rathauses. Dort treffen sich führende Kräfte aller Fraktionen zu einer Runde unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bürgermeister Rainhard Zug wird auch dabei sein. Auf dem Programm steht die Vorbereitung der konstituierenden Sitzung der Stadtvertretung am Donnerstag, 22. Juni. Es wird besprochen, wer welches Amt in der Legislaturperiode bis 2028 übernimmt. Parteien sollen ihre Mitglieder für die Ausschüsse benennen und sagen, wer in welchem Gremium den Vorsitz übernimmt.
CDU will Sozialdemokraten Oliver Sendzik vorschlagen
Die CDU beabsichtigt, den Sozialdemokraten Oliver Sendzik als Bürgervorsteher zu nominieren, bislang Radtkes erster Stellvertreter. Der 52-Jährige ist der SPD 2008 beigetreten, arbeitet als Justizvollzugsbeamter. Doch hat er überhaupt Interesse? „Im Vorfeld möchte ich dazu nichts sagen“, so Sendzik. „Ich müsste natürlich mit meiner Frau darüber sprechen.“ Klingt zumindest nicht wie ein Dementi.
Seine Parteikollegin und Fraktionsvizin Marlies Kröpke sowie die FDP-Stadtvertreterin Barbara Bednarz hatten immer wieder Termine für Radtke übernommen, zum Beispiel bei Seniorengeburtstagen an Vormittagen oder Hochzeitsjubiläen. Sie verteilten Urkunden und Blumensträuße. Radtke ist Dienstleiter im Bereich Sicherheit bei der Deutschen Bahn. Der Job und das Bürgervorsteheramt passen seiner Ansicht nach wegen mangelnder zeitlicher Flexibilität für das Ehrenamt nicht zusammen. Deshalb hat er eine Fortführung ausgeschlossen.
Radtke hatte den Posten im Juni 2020 mitten in der Legislaturperiode übernommen. Er trat die Nachfolge von Rolf Budde an, der im März jenes Jahres nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren gestorben war.
Posten des Ersten Stadtrats wird wahrscheinlich neu besetzt
Kröpke, die in politischen Gremiumssitzungen kein Blatt vor den Mund nimmt und als meinungsstark gilt, wäre gewiss auch eine Person, die das Amt ausfüllen könnte. „Ich komme nicht infrage, will ein bisschen weniger machen als bislang. Das habe ich meinem Mann und der Familie versprochen“, sagt die 71-Jährige. Der Bürgervorsteher ist der oberste Repräsentant der Stadt und Vorsitzender des Parlaments. Er ruft unter anderem die Stadtvertretung zu Sitzungen ein, legt nach Beratung mit Bürgermeister Rainhard Zug die Tagesordnung fest und leitet die Verhandlungen.
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Als stärkste Kraft darf die CDU auch den Ersten Stadtrat vorschlagen, der den Verwaltungschef bei Abwesenheit im Rathaus vertritt. Nach der Kommunalwahl 2018 bot man dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank Lauterbach dieses Amt an, der auch zugriff. Diesmal wollen die Christdemokraten den Posten selbst besetzen.