Glinde. Barbara Bednarz ist seit 2018 Stadtvertreterin für die FDP. Auf Sitzungen verteilt sie Schokolade an alle. Ihr Angebot ist vielfältig.

Erst im Rentenalter ist Barbara Bednarz auf den Geschmack gekommen, sich politisch zu engagieren. Seit 2018 arbeitet die 70-Jährige für die Glinder FDP, ist Mitglied der Stadtvertretung – und hat ihre Tasche bei Sitzungen nicht nur mit Unterlagen gefüllt. Dort sowie in anderen Gremien verwöhnt sie Kollegen auch anderer Fraktionen und Besucher mit Süßigkeiten. Jedes Mal hat die in Hamburg aufgewachsene Frau mindestens zwei Packungen dabei – Schokoladenriegel, mit Joghurtcreme oder Karamell und Erdnüssen gefüllt, Minzsticks und Fruchtgummi. Ihr Angebot ist vielfältig, Abnehmer gibt es genug. In der Regel sind die Sachen vor Sitzungsbeginn vergriffen.

Mitgliedschaft in Partei ist für die 70-Jährige kein Thema

„Es können lange Abende werden, da schadet ein bisschen Nervennahrung nicht. Und ich freue mich, wenn anderen Menschen die Schokolade schmeckt“, sagt Bednarz, die Glindes Politik süßer macht. Und fügt im selben Atemzug hinzu: „Es gibt unnötige Diskussionen, weil einige Unterlagen nicht richtig lesen.“

Die soziale Ader hatte sie schon immer und begründet ihr Verhalten durch Erfahrungen in der Kindheit: „Alles geht auf die Erziehung zurück. Wir waren zwei Kinder, hatten nie viel Geld. Aber in meinem Elternhaus wurde immer bewirtet, egal wer gekommen ist.“ Selbst dem Hund des SPD-Fraktionschefs Frank Lauterbach, der bei Sitzungen oft zugegen ist, bringt sie spezielle Kekse mit. Eine Anfrage der Sozialdemokraten, dort mitzumischen, lehnte sie ab. Obwohl es Glindes stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke gewesen ist, die sie vom Frauenforum kennt und den Anstoß gegeben hat, politisch aktiv zu werden. „Die FDP hat mich aber mit ihren Ansichten zum Wohnungsbau begeistert“, sagt Bednarz.

Bednarz möchte Veränderungen bringen

Trotzdem ist sie nicht Mitglied der Liberalen, und so soll es auch bleiben. Früher habe sie mal die Grünen gewählt, hege auch für die Linke Sympathien. Eine Parteizugehörigkeit sei für ihr Wirken nicht entscheidend, sagt Bednarz. „Ich möchte gestalten, Veränderungen bringen. Vieles läuft mir zu langsam.“ Soziale Themen sind ihr wichtig. Und natürlich der Klimaschutz – was angesichts der gesellschaftlichen Debatte um die Sache derzeit die meisten Politiker betonen. Allerdings geht die Glinderin mit gutem Beispiel voran. Einen Führerschein hat sie nicht, legt viele Strecken zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Mit dem Flugzeug ist sie seit Jahren nicht mehr abgehoben, verbrachte Urlaube mit ihrem Mann Ralf Müller in Deutschland – zum Beispiel an der Nordsee. Einen Wäschetrockner besitzen die beiden auch nicht.

Der Gatte engagiert sich ebenfalls als Parteiloser für die FDP, sitzt aber nicht im Stadtparlament. Müller (67) hat ein Auto, sagt mit einem Lächeln im Gesicht: „Ich unterstütze meine Frau, bin Bodyguard und mal Chauffeur.“ Die beiden sind seit 17 Jahren zusammen, zogen 2010 nach Glinde und legten sich in ruhiger Lage ein Haus zu. Dort sind sie nicht allein, beherbergen zwei Katzen.

Bürgermeister lobt das Engagement

In einem Schrank hat Barbara Bednarz Süßigkeiten gebunkert, einen Großteil für die nächsten Ausschusssitzungen. Es sind rund zwei Dutzend Packungen. Wie viel Geld sie für das leibliche Wohl von Politikern und Gremiumsbesuchern investiert, hat Bednarz nie nachgerechnet. Da sie mit Ausnahme des Finanzausschusses bei allen Sitzungen dabei ist, dürften es mehr als 200 Euro im Jahr sein.

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug lobt das Engagement der gelernten Einzelhandelskauffrau, die 44 Jahre in einer Spedition gearbeitet hat: „Frau Bednarz ist natürlich gefordert, sich einzuarbeiten. Sie ist akribisch dabei. Außerdem lebt sie das Ehrenamt vor.“ Das ist nicht erst seit dem Umzug nach Glinde der Fall. 32 Jahre war sie in einem Gartenverein in Hamburg-Billstedt aktiv, lange im Vorstand. Bednarz bastelte dort mit Kindern und organisierte Feiern. In ihrer neuen Heimat musste sie den Seniorenbeirat ob des Eintritts in die Politik verlassen, arbeitet nach wie vor im Frauenforum der Stadt, im Vorstand des Glinder Sozialverbandes sowie für die evangelische Kirche.

Die Glinderin ist auch Mitglied einer Theatergruppe

Zu Ostern, zum Erntedankfest und Weihnachten schmücken Bednarz und ihr Mann das Glinder Gutshaus – natürlich unentgeltlich. Demnächst werden sie acht große Kartons in die Immobilie an der Möllner Landstraße verfrachten, in den eigenen vier Wänden eine Vorauswahl der Utensilien treffen. „Denn wir schmücken jedes Jahr anders“, so die Politikerin. Sie ist außerdem Mitglied der Glinder Melange, einer Theatergruppe, kümmerte sie sich erst nur um das Bühnenbild. Beim aktuellen Stück „Das Kurhotel“ spielt die Stormarnerin mit. Drei Aufführungen sind Ende Januar.

Bednarz ist nahezu jeden Tag in Sachen Ehrenamt aktiv. In ihrem Arbeitszimmer ist eine Pinnwand installiert, an der zahlreiche Zettel angeheftet sind mit Veranstaltungen und Terminen, wo sie vor Ort ist. Die Glinderin hat ein großes Ziel: „Ich möchte mit der Kirche eine Suppenküche für Bedürftige in zentraler Lage schaffen.“ Dabei setzt sie auf Hilfe der Stadtverwaltung bei der Suche nach Räumen. „Mir schwebt die Feuerwache vor, aber das lehnt der Bürgermeister ab mit der Begründung, wir würden bei Einsätzen stören.“ Die Umsetzung dieses Projekts, sagt Barbara Bednarz, liege ihr besonders am Herzen.