Glinde. Sozialdemokraten gewinnen neue Mitstreiterinnen. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Frauenforum, ein überparteilicher Treff.

Imka Ruesch ist der jüngste Neuzugang. Die 62-Jährige wurde vor wenigen Tagen Mitglied der Glinder SPD. Dass die Sozialdemokraten weiblicher werden wollen, erfuhr sie über das Frauenforum – ein überparteilicher Treff, der sich für Gleichstellung einsetzt und um Mitstreiterinnen in der Politik wirbt. In der Gruppe engagiert sich auch Marlies Kröpke. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist froh, dass nicht nur Ruesch jetzt an ihrer Seite kämpft. Auf der Liste für die Kommunalwahl am 14. Mai dieses Jahres stehen mit Annmarei Roth (74) und Anja Westphal (59) Kandidatinnen, die zum ersten Mal in der Stadt antreten.

Jetzt mischen in Glindes SPD fünf Frauen mit

Ob Ruesch auch noch aufgestellt wird, ist offen. Sie muss sich erstmal im Ortsverein integrieren und alle kennenlernen. Die Liste kann verändert werden. Der späteste Abgabetermin beim Wahlleiter ist der 20. März. „Ich würde gern in der Stadtvertretung mitmachen sowie im Sozialausschuss“, sagt die frühere Verwaltungskraft im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, die inzwischen ihre Mutter pflegt und für diese als Betreuerin eingesetzt ist. Ihr Mann ist Chauffeur des Hamburger Schulsenators Ties Rabe.

Ruesch hatte im Herbst vergangenen Jahres die Leitung einer Arbeitsgruppe übernommen, die den Seniorenbeirat ersetzt – ihr erstes Ehrenamt. „Der Gestaltungsspielraum ist aber sehr gering.“ Deshalb orientierte sie sich um und macht fortan Politik. Die Glinderin sagt: „Bislang hatte ich nie den Mut, dann habe ich den Aufruf gelesen und mir gedacht: Das ist die Chance, solange ich noch Kraft habe, etwas Neues zu wagen.“ Was sie in Glinde richtig störe, seien viel zu kurze Grünphasen an den Ampeln für Rollstuhlfahrer.

Annmarei Roth führte Ortsverein in Nordrhein-Westfalen

Annmarei Roth ist 2020 aus Kierspe (Nordrhein-Westfalen) nach Glinde gezogen, um in der Nähe ihrer Kinder zu sein. Sie hat früher ihr Geld als Rechtsanwältin verdient und in Köln gearbeitet, war in ihrer Kommune mehr als zehn Jahre SPD-Ortsvorsitzende. Das Parteibuch hat die Rentnerin seit 1981. Derzeit arbeitet sie im Ortsverein mit und organisiert den offenen Diskussionstreff 60plus. Sie ist auf Listenplatz fünf und hat berechtigte Hoffnungen, einen Sitz im Stadtparlament zu ergattern.

Über ihre Motivation sagt Roth: „Ich möchte, dass meine Enkel eine lebenswerte Umwelt haben. Nur in einer Partei kann man etwas bewirken.“ Am meisten interessieren sie die Themen Bauen und Klima. Für Posten in den zuständigen Ausschüssen steht Roth bereit. Auch sie kam über das Frauenforum.

Noch vor Ruesch war Anja Westphal im vergangenen Jahr der SPD beigetreten. Ihr Mann Wolfgang ist Vorstandsmitglied des Ortsvereins. Fünf Frauen bringen bei den Sozialdemokraten jetzt und auch in der nächsten Legislaturperiode Ideen ein. Denn Lore Günther, ehemalige Lehrerin am Glinder Gymnasium, hat sich zum Weitermachen entschlossen. Die 73-Jährige gehört der SPD seit 1982 an und votiert im Kulturausschuss. „Sport, Schule und Musik sind meine Schwerpunkte, das soll auch so bleiben“, sagt sie. Soziale Aspekte seien ihr wichtig, deshalb engagiere sie sich in der Partei.

Günther und Marlies Kröpke sind momentan die einzigen Frauen in der SPD-Fraktion. Das wird sich wohl demnächst ändern. „Wir haben einen anderen Blickwinkel auf Dinge als Männer. Ich finde es wichtig, dass wir uns ergänzen“, sagt Günther. Sie hätte auch jüngeren Mitstreiterinnen im Alter um die 40 Platz gemacht. „Die haben wir aber nicht, deshalb macht man halt weiter.“

Grüne haben prozentual höchsten Frauenanteil

Mit einem Rückzug aus der Politik hatte sich Kröpke zumindest beschäftigt. Sie mischt in ihrer dritten Legislaturperiode mit. „Ich hatte Sorge, dass ich kopfmäßig fünf weitere Jahre nicht mehr durchhalte. Die Genossen haben mich überredet.“

Den stellvertretenden Vorsitz im Ortsverein wird sie aber abgeben, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Und am 15. Januar ist zudem Schluss als stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Mit Listenplatz zwei wird die Seniorin höchstwahrscheinlich auch dem kommenden Stadtparlament angehören.

In diesem gibt es aktuell 27 Sitze, neun davon belegen Frauen. Wobei die Grünen ganz weit vorn sind mit Blick auf ihren prozentualen Anteil: Drei der fünf Mitglieder sind weiblich. Ähnlich sieht es in der Fraktion aus: fünf Damen und drei Herren.

Zuletzt konnte die Partei im Dezember eine Mitstreiterin hinzugewinnen. „Wir sind froh, dass wir so viele Frauen haben. Das belebt die Diskussionen. Ich bekomme zum Beispiel ganz andere Standpunkte vermittelt“, sagt Fraktionschef Lüder Lückel.

Bei den Christdemokraten mit ihren elf Sitzen im Parlament sind vier an Frauen vergeben. „2022 ist uns eine Dame beigetreten, die wir in einen Ausschuss geschickt haben“, sagt der Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann. Mehr Zulauf durch Aktionen des Frauenforums hatte sich auch die FDP erhofft. „Leider hat sich im vergangenen Jahr diesbezüglich nichts getan“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Barbara Bednarz.