Bad Oldesloe. Warum die CDU als großer Wahlsieger trotzdem enttäuscht ist. Drei 19-Jährige schaffen Einzug in den Kreistag.
Selten waren Kreistagssitze in Stormarn so umkämpft wie bei der Wahl am vergangenen Sonntag. Um die Gunst der Wähler hatten sich 246 Direktkandidaten von elf Parteien und Wählergemeinschaften beworben, mehr als je zuvor. Großer Gewinner war einmal mehr die CDU, die 23 der 25 Stormarner Wahlkreise gewann. In zwei Ahrensburger Wahlkreisen setzten sich erstmals überhaupt Direktkandidaten der Grünen durch. Durch Überhangs- und Ausgleichsmandate wächst der Kreistag auf 66 Sitze, auch das ist ein Rekordwert. Den deutlichsten Stimmenzuwachs verzeichnete die AfD (+ 1,7 Prozentpunkte), die künftig fünf Abgeordnete stellen wird. Klarer Verlierer sind die Linken, die nur noch mit Spitzenkandidatin Heidi Beutin im neuen Kreistag vertreten sind.
Grüne holen zwei Direktmandate in Ahrensburg
„Ich bin sehr zufrieden, denn wir haben ein tolles Ergebnis erzielt. Unser Ziel, klar stärkste Fraktion zu bleiben, haben wir erreicht“, sagte CDU-Fraktionschef Joachim Wagner. Dennoch mussten die Christdemokraten auch zwei herbe Enttäuschungen hinnehmen. Im Wahlkreis 13 (Ahrensburg-West) landete Maik Neubacher mit 25,9 Prozentpunkten knapp hinter dem Grünen Sven Scheuer (26,3). Im Wahlkreis 14 (Ahrensburg-Süd) unterlag Claudia Rathje mit 24,7 Prozentpunkten klar der Grünen Monja Löwer (29,1).
„Das war schon ein Schock, weil unsere beiden Kandidaten langjährige, erfahrene Abgeordnete sind“, erklärte Wagner. Neubacher sei 15 Jahre sozialpolitischer Sprecher der Fraktion gewesen und habe nun gegen einen relativ unbekannten Grünen das Nachsehen gehabt. „Das hat ihn auch persönlich sehr getroffen“, so Wagner. Am Mittwoch werde es die konstituierende Sitzung geben, bei der dann unter anderem der neue Fraktionsvorstand gewählt wird.
Ein Autobahnpolizist gewinnt die meisten Stimmen
Eifrigster Stimmensammler war einmal mehr der Badendorfer Dennis Möck. 2426 Stimmen konnte der Beamte bei der Autobahnpolizei im Wahlkreis 1 (Nordstormarn) auf sich vereinen und sein Ergebnis im Vergleich zu 2018, als es 2262 waren, sogar noch einmal deutlich steigern. Das prozentual beste Ergebnis erzielte Kirstin Krochmann im Wahlkreis 6 (Bad Oldesloe-Land), die mit 45,8 Prozent (2211 Stimmen) alle Mitbewerber deutlich hinter sich ließ.
Sorge bereitet Joachim Wagner die zunehmende Zersplitterung des Kreistags. Neben den fünf Parteien mit Fraktionsstatus sind die Freien Wähler mit zwei Mandaten vertreten, vier weitere Parteien und Wählergemeinschaften stellen je einen Abgeordneten. „Das macht die Arbeit im Kreistag nicht gerade einfacher, weshalb ich eine Drei-Prozent-Klausel mehr denn je für absolut sinnvoll erachten würde“, sagt der mit 45,3 Punkten unangefochtene Sieger im Wahlkreis 22 (Oststeinbek).
Linke sucht Schuld für desaströses Wahlergebnis bei sich
Das sehen kleinere Parteien und Wählergemeinschaften naturgemäß anders. Nach der jüngsten Wahlrechtsreform der schwarz-grünen Landesregierung können Fraktionen ab einer bestimmten Gremiumsgröße nur noch mit mindestens drei Abgeordneten gebildet werden. Ohne Fraktionsstatus haben Einzelvertreter in den Ausschüssen aber nur Rede- und kein Stimmrecht und können dort auch keine Anträge stellen. Mal ganz abgesehen von erheblichen finanziellen Nachteilen.
„Deshalb war die Novelle ein undemokratischer Akt, der kleinere Parteien und Vereinigungen unangemessen stark benachteiligt“, sagt Heidi Beutin von den Linken. Das desaströse Wahlergebnis habe ihre Partei indes selbst zu verantworten. „Als Einheit waren wir nach den Dauerquerelen im Ahrensburger Ortsverband mit der Auflösung der dortigen Fraktion weder im Kreis erkennbar noch auf Bundesebene. Diese öffentlichen Streits waren pures Gift, aus dem kein Rückenwind entsteht“, so die Solistin.
Alle Fraktionen hadern mit Erstarken der AfD
Nach der Vorstandssitzung am Montag werde die Partei nun darüber entscheiden, ob Sondierungsgespräche mit Vertretern anderer Wählervereinigungen aufgenommen werden. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es solche Überlegungen auch bei den Freien Wählern. Für die hat neben Oliver Mende die ehemalige AfD-Abgeordnete Ute Wocker ein Mandat geholt. Potenzielle Bündnispartner wären zudem Heinrich Dierking vom Forum 12, Matthias Rohde (FBO) sowie Roland Melzer (die Basis).
Mit dem Erstarken der AfD hadern praktisch alle Fraktionen. „Das ist äußerst bedenklich und ich bin heilfroh, dass wir mit 300 Stimmen Vorsprung Platz vier vor der AfD sichern konnten. Für mich hat deren Aufwärtstrend aber nichts mit der Kreispolitik zu tun, sondern mit einer verfehlten Migrationspolitik in den vergangenen 20 Jahren, der galoppierenden Inflation und den Heizungsplänen des amtierenden Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck“, sagt FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi. All das habe der AfD jede Menge Protestwähler in die Arme getrieben. Diese Ansicht vertraten auch Grüne und SPD, die jeweils 13 Mandate holten.
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Wirklich weiblicher geworden ist der neue Kreistag unterdessen nicht. Standen bislang 25 Frauen 39 Männern gegenüber, so lautet das Verhältnis nunmehr 25 zu 41. In jedem Fall wird er aber deutlich jünger. Unter anderem haben die drei 19 Jahre alten Kandidatinnen Mara Nowak (CDU), Pia Dietz (SPD) und Janne Hümme (FDP) den Sprung in Stormarns höchste Volksvertretung geschafft. Am bemerkenswertesten schlug sich dabei die Christdemokratin Mara Nowak. Die Jura-Studentin gewann den Wahlkreis 18 (Trittau) mit 36,7 Prozentpunkten aus dem Stand direkt und ließ dabei die Mitbewerber der SPD (23,4) und der Grünen (17,7) weit hinter sich.
„Ich denke, dass mein Haustürwahlkampf viel gebracht hat“, sagt die engagierte Steinburgerin. Jetzt freue sie sich auf den politischen Wettstreit mit den Abgeordneten der anderen Fraktionen um die besten Ideen für den Kreis. „Ich finde es ein ermutigendes Zeichen, dass mit mir weitere junge Frauen in den Kreistag einziehen“, so Nowak. Dieser Umbruch sei wichtig, um weiblichere Perspektiven in die Kreispolitik einzubringen und den Geschlechter-Querschnitt der Gesellschaft besser abzubilden.
Das Ergebnis der Kreiswahl: CDU 35,1 % (-0,8), 23 Sitze (-1), Grüne 20,0 % (+1,1), 13 Sitze (+1), SPD 19,8 % (-1,8), 13 Sitze (-1), FDP 8,7 % (+0,3), 6 Sitze (+1), AfD 8,3 (+1,7), 5 Sitze (+1), Freie Wähler 2,4 % (+0,5), 2 Sitze (+1), Linke 2,1 (-2,3), 1 Sitz (-2), FBO 1,7 %, 1 Sitz, die Basis 1,0 %, 1 Sitz, Forum 21 0,9 %, 1 Sitz.