Großensee. Elternverein stellt Antrag auf Neubewertung der Verkehrssituation an Hamburger Straße in Großensee. So reagiert der Kreis Stormarn.

Nächster Akt um die absurde einseitige Verkehrsbeschilderung an der Hamburger Straße vor dem Kindergarten in Großensee: Der Trägerverein hat bei der zuständigen Verkehrsbehörde einen Antrag gestellt, in dem er eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h für den Fahrstreifen Richtung Ortsausgang Braak fordert. Denn auf der anderen Straßenseite gilt bereits seit 2017 Tempo 30.Wie berichtet, sorgen die unterschiedlichen Tempolimits sowohl bei vielen Einwohnern von Großensee als auch bei den Erzieherinnen, die immer wieder mit den Kindergruppen auf den schmalen und bei Nässe teils rutschigen Gehwegen an der vielbefahrenen Straße unterwegs sind, für Empörung.

Malte Ilemann, Vorsitzender des Elternvereins, berichtet, dass er den Antrag am 30. März eingereicht und tags darauf per E-Mail die Eingangsbestätigung erhalten hat. Ein Hinweis von behördlicher Seite, dass auch der Verein selbst berechtigt sei, die erneute Prüfung der Verkehrssituation zu beantragen, habe den Stein ins Rollen gebracht. Denn zuvor sei er ebenso wie die anderen Eltern davon ausgegangen, dass der Ball bei der Gemeinde Großensee liege und nur diese antragsberechtigt sei.

Vorgehen von Kita nicht mit Gemeinde abgestimmt

Die hat inzwischen ebenfalls reagiert und ihrerseits beantragt, dass die bestehende Beschilderung auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite angebracht werden soll. Laut Kerstin Hauschild-Wegener, Leiterin des Fachdiensts Straßenverkehrsangelegenheiten des Kreises Stormarn, ist das Schreiben der Kindergartenleitung als erstes eingegangen. Auf Anfrage äußert sich Großensees Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers (BfG) zu der Initiative der Eltern wie folgt: „Das Vorgehen des Kindergartens war mit mir nicht abgestimmt.“ Er freue sich aber über das Engagement.

Großensees Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers sagt: Das Vorgehen des Kindergartens war mit mir nicht abgestimmt. Ich freue mich aber über das Engagement.“
Großensees Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers sagt: Das Vorgehen des Kindergartens war mit mir nicht abgestimmt. Ich freue mich aber über das Engagement.“ © Elvira Nickmann

„Natürlich hat die Gemeinde das auch verfolgt und einen erneuten Antrag auf Prüfung zur Einrichtung einer 30er-Zone gestellt“, so Lindemann-Eggers weiter. Er habe diesen Ende März geschrieben und auf Nachfrage erfahren, dass der zuständige Sachbearbeiter bis einschließlich Dienstag voriger Woche in Urlaub sei. „Mir wurde mitgeteilt, dass er der Einzige ist, der solche Sachen bearbeitet und man aufgrund des aufgelaufenen Rückstands nicht nachzufragen brauche, wie lange die Bearbeitung dauert.“

Beide Anträge sollen zeitnah geprüft werden

Einen ähnlichen Wortlaut hatte auch die Auskunft, die Ilemann erhalten hatte. Es könne schon mal ein Jahr plus bis zu einer Entscheidung dauern, weil der Kreis Stormarn für derlei Angelegenheiten nur eine Personalstelle habe. Doch es besteht berechtigte Hoffnung, dass die Antragsteller diesmal wohl keine so lange Wartezeit in Kauf nehmen müssen.

Kerstin Hauschild-Wegener teilt schriftlich mit: „Obwohl die Bearbeitungszeit von Anträgen mehrere Monate beträgt, wird diese Prüfung aufgrund anderer Anträge in der Gemeinde Trittau in einem Konvolut zeitnah mit bearbeitet.“ Einen genauen Zeitpunkt könne sie jedoch nicht nennen. „Ich kann Ihnen versichern, dass die Mitarbeiter der Verkehrslenkung im Rahmen der rechtlichen und gesetzlichen Vorgaben ihr Möglichstes leisten, um allen gerechtfertigten Anfragen und Anträgen möglichst zeitnah und gesetzeskonform nachzukommen“, betont die Leiterin der Verkehrsbehörde.

„An der Rechtslage hat sich nichts geändert“

Malte Ilemann, Vorsitzender des Kindergartenvereins, sagt: „Es geht überhaupt nicht darum, eine neue 30er-Zone einzurichten. Nur darum, ein zweites Schild aufzustellen.“
Malte Ilemann, Vorsitzender des Kindergartenvereins, sagt: „Es geht überhaupt nicht darum, eine neue 30er-Zone einzurichten. Nur darum, ein zweites Schild aufzustellen.“ © Patrick Tiedemann

Ob der Bescheid positiv für den Kindergartenverein und die Gemeinde Großensee ausfallen wird, ist also noch nicht entschieden. Der Kreis sieht jedenfalls keine Notwendigkeit, die Verkehrssituation vor Ort noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. „Die örtliche Situation ist bekannt. An der Rechtslage hat sich nichts geändert. Wie bereits mitgeteilt ist auch die einseitige Anordnung einer streckenbegrenzten Geschwindigkeitsreduzierung immer noch rechtmäßig“, so Hauschild-Wegener. Ilemann argumentiert hingegen: „Die Punkte, die in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung als Voraussetzung für die Einrichtung einer 30er-Zone genannt werden, werden alle erfüllt.“ Es gehe überhaupt nicht darum, eine neue 30er-Zone einzurichten. „Nur darum, ein zweites Schild aufzustellen“, so Ilemann.

Dem Bürgermeister zufolge hat sich an der Begründung für die Notwendigkeit einer einheitlichen Tempo-30-Zone seit dem letzten Antrag, der 2017 abschlägig beschieden wurde, ebenso wenig geändert. „Im Grunde genommen ist es eine Wiederholung. Wir haben die Querung, den Hol- und den Bringverkehr und die Fußgänger angeführt.“ Er rechnet sich trotzdem gute Chancen auf einen anders lautenden Entscheid aus. „Die alte Begründung fußt auf der Rechtsgrundlage von 2016/2017. Sie müssen anders entscheiden, weil das Land Schleswig-Holstein 2022 einen neuen Schulwegeerlass zur Schulwegsicherung herausgebracht hat.“

Verkehrsbehörde sieht Eltern in der Pflicht

Darin wird festgestellt, dass Kinder altersbedingt nur eingeschränkt dazu in der Lage sind, allgemeine Gefahren des Straßenverkehrs und insbesondere Geschwindigkeiten herannahender Fahrzeuge richtig einzuschätzen. „Vor allem in den unteren Altersklassen sind vermehrt unachtsame und für andere Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres vorhersehbare Verhaltensweisen anzutreffen.“ Weiter heißt es, dass „der Verordnungsgeber insbesondere vor Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten im Regelfall besondere Umstände annimmt, die einer verkehrsrechtlichen Regelung (wie einer Geschwindigkeitsbeschränkung) bedürfen“.

Davon dürfe nur abgewichen werden, wenn eine „entsprechend gefahrgeneigte Verkehrssituationen begründet ausgeschlossen werden“ könne. Doch wer will dafür einstehen, dass eine solche Situation im Bereich des Kindergartens vermieden werden kann? Hauschild-Wegener sieht die Eltern in der Pflicht:„Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten gehe ich davon aus, dass mit und von Kindern, egal welchen Alters, über die Hamburger Straße zum und vom Kindergarten von verantwortungsbewussten Eltern gar kein Querungsverkehr stattfindet.“ Denn die Hamburger Straße könne in auswärtiger Richtung vom Kindergarten aus nicht eingesehen werden. Verantwortungsbewusste Eltern gingen sicher mit gutem Beispiel voran und nutzten die in der Nähe zur Verfügung stehenden Ampeln und den Zebrastreifen für eine sichere Überquerung, glaubt Hauschild-Wegener und betont: „Für ein rechtswidriges Verhalten im Straßenverkehr ist nicht die Straßenverkehrsbehörde verantwortlich.“