Großensee. LBV macht keine Vorgaben für einseitige Beschilderung. Verantwortlich sei der Kreis Stormarn. Wird Verkehrssituation neu bewertet?

Jetzt hat sich auch der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) Schleswig-Holstein zu der Verkehrsbeschilderung im Bereich des Kindergartens an der Hamburger Straße in Großensee geäußert. Denn die Eltern der dort betreuten Kinder sind besorgt.

Grund ist, dass auf dem Streckenabschnitt vor der Kita nur auf einer Straßenseite Tempo 30 gilt, während auf der anderen 50 km/h gefahren werden dürfen. Eine von Eltern und Erzieherinnen geforderte Beschilderung, die die Kraftfahrer auf die Einrichtung aufmerksam macht und sie so zu einer vermehrten Rücksichtnahme anhält, gibt es ebenfalls nur in einer Fahrtrichtung.

LBV sieht keinen Anlass für eine Überprüfung der Entscheidung

Das war nicht immer so. Bis zum Jahr 2014 bestand nach Auskunft von Harald Haase, Pressesprecher des schleswig-holsteinischen Verkehrsministeriums, „an der betroffenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h.“ Diese sei 2014 durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde des Kreises Stormarn aufgehoben worden. Die Aufhebung sei durch den LBV „fachaufsichtsrechtlich überprüft und nicht beanstandet worden“.

Zu der Frage nach den Gründen für die Beschluss, Tempo 30 dann erneut, aber nur noch einseitig einzurichten, äußert sich Haase wie folgt: „Im August 2017 ordnete der Kreis Stormarn ohne Beteiligung des LBV einseitig 30 km/h aus Richtung Braak kommend an.“ Diese Anordnung habe die Oldesloer Verkehrsbehörde damit begründet, „dass in dem betroffenen Bereich Querungen nicht in erhöhter Zahl anfallen“. In diesem Fall habe der LBV keine fachaufsichtsrechtliche Prüfung dieser Entscheidung vorgenommen.

Kreis Stormarn kann Neueinschätzung der Situation vornehmen

Im Klartext: Der LBV sah keine Notwendigkeit, die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde des Kreises kritisch zu hinterfragen. Doch genau das wollten viele Großenseer mit einer Unterschriftensammlung erreichen, die Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers (Bürger für Großensee) der Oldesloer Behörde vorgelegt hatte. Bei der Beurteilung der Situation vertraute der LBV offensichtlich mehr den Aussagen aus Bad Oldesloe als denen der betroffenen Dorfbewohner.

Haase stellt aber auch klar: „Der Kreis Stormarn kann als zuständige Verkehrsbehörde jederzeit eine Neueinschätzung der Situation vornehmen. Es liegt keine Weisung des LBV oder des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus vor, dass nur eine einseitige Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet werden darf.“ Für Geschwindigkeitsbeschränkungen müsse allerdings generell immer eine besondere Gefahrenlage nach Paragraf 45, Absatz 9 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) festgestellt werden.

Fahrzeugführer nur zum Teil über mögliche Gefahr informiert

Mit dieser Aussage spielt der LBV den Ball zurück zum Kreis. Besagter Paragraf 45 regelt unter anderem die Anordnung von Tempo-30-Zonen. Unter Absatz 9 ist zu lesen: Gefahrzeichen dürfen „nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss“. Das trifft nach Ansicht der Eltern und Erzieherinnen in Großensee voll zu.

In der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung heißt es zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Landesstraßen gelegenen Kindergärten, dass diese „in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken ist, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen“. Dass die Straßenverkehrsbehörde sich darauf beruft, dass laut Vorschrift nicht beide Fahrtrichtungen gleich behandelt werden müssen, dürfte ihre Entscheidung im Fall von Großensee zumindest fragwürdig erscheinen lassen.

Die örtlichen Gegebenheiten im Dorf haben sich stark verändert

Nach Angaben von Eltern kommt es durch das Neubaugebiet, das auf der gegenüberliegenden Seite liegt, zu einem vermehrten Querungsverkehr. Zudem sind auch in unmittelbarer Nähe des Kindergartens weitere Wohnungen an der Hamburger Straße entstanden. Die Kita hat wegen der gestiegenen Nachfrage nach Plätzen – es werden dort inzwischen etwa 120 Kinder betreut – einen Containeranbau bekommen.

Dass kleine Kinder auf den schmalen Gehwegen an der Kita unterwegs sind, steht außer Frage. Bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h beträgt der durchschnittliche Anhalteweg (Reaktions- plus Bremsweg) 13,3 Meter. Bei 50 km/h verlängert er sich auf 27,7 Meter, der reine Bremsweg von fünf auf 13,8 Meter. In Anbetracht dieser Tatsache scheint die Frage der Eltern, ob die Sicherheit ihrer Kinder nicht doch ein zusätzliches Verkehrsschild wert ist, berechtigt.