Bad Oldesloe. Neues Stück der Oldesloer Bühne. In „Frau Müller muss weg“ gerät Lehrerin wegen schlechter Leistungen der Schüler unter Druck.
Wer Kinder hat, kennt das: Elternabende zählen nicht gerade zu den beliebtesten Terminen, weder aufseiten der Eltern noch der Lehrer. Ebenso dürfte allgemeiner Konsens darüber bestehen, dass es bei den Treffen gesittet zugehen sollte. Was passiert, wenn ein Elternabend hingegen völlig aus dem Ruder läuft, zeigt die Oldesloer Bühne eindrücklich in ihrem neuen Schauspiel „Frau Müller muss weg“. Die Premiere ist am Freitag, 28. April. Fünf weitere Aufführungen sind geplant.
Die Eltern der Klasse 4b sind sich einig: Die Klassenlehrerin ihrer Kinder, Frau Müller (Heidi Jurawitz), ist nicht mehr tragbar. Denn wer sonst könnte dafür verantwortlich sein, dass die Leistung ihrer Kinder so absackt? Ausgerechnet in der vierten Klasse, wo mit dem Abgangszeugnis die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der Kinder gestellt werden – oder eben auch nicht. Also verabredet sich eine Abordnung der Eltern zum Gespräch mit der Lehrerin, im Gepäck eine Unterschriftenliste für den Lehrerwechsel und im Kopf die klare Zielvorgabe: Frau Müller muss weg.
Theaterstück wurde als Kinokomödie verfilmt
Andreas Zimmermann führt Regie beim neuen Stück der Oldesloer Bühne. Der Stoff habe seinen besonderen Reiz, meint Zimmermann. „Egal was man heute macht oder wie man seine Jugend verbracht hat: Zum Thema Schule hat jeder seine Erinnerungen. Es findet sich für alle Zuschauer etwas wieder, wo sie anknüpfen können“, ist er überzeugt. „Außerdem bekommt man einen Einblick, wie die andere Seite so tickt“, verspricht der Regisseur. Insbesondere Eltern könnten sich in den Figuren wiedererkennen „und ihre Sicht- und Herangehensweise vielleicht einmal reflektieren“.
Auch der bekannte deutsche Filmemacher Sönke Wortmann habe Gefallen an dem Stoff gefunden, so Zimmermann. Wortmann hat das Theaterstück von Lutz Hübner als Vorlage für seine gleichnamige Filmkomödie, die 2015 ins Kino kam, genutzt. Wer sie gesehen hat, kann dennoch Neues in der Bühnenfassung entdecken.
Text wurde gerafft und auf den Punkt gebracht
Die Handlung spielt in Ostdeutschland. Zimmermann hat einige Textpassagen des Originals auf die heutige Zeit angepasst und das Stück so konzipiert, dass die Handlung so aktuell wie zeitlos in Szene gesetzt werden kann. „Aus dramaturgischen Gründen habe ich weitere Passagen verändert“, so Zimmermann. „Bei längeren Monologen mit vielen Wiederholungen ging es beispielsweise darum, das Ganze inhaltlich zu raffen und zuzuspitzen.“ Denn das Stück lebe vor allem von der Dynamik und dem Timing.
Die Dynamik nimmt im Verlauf des Geschehens zu. Zwischen Eltern und Lehrerin kommt es in einem Klassenzimmer zu einem verbalen Schlagabtausch. „Dabei zeigt sich, dass die Eltern teils ganz kontroverse Auffassungen von Erziehung haben.“ Und weil der Schauplatz im östlichen Teil Deutschlands liegt, spielt auch der Ossi-Wessi-Konflikt eine Rolle. So führt eine Mutter, die mit ihrer Familie aus Köln in den Osten gezogen ist, die Schwierigkeiten ihres Kindes in der Schule auf die neue Umgebung zurück. Zimmermann: „Die Lehrerin sagt hingegen, der Junge hat ADHS, ist der Klassenkasper und schlägt andere Kinder.“ Marina Jeskow (Jenny Bockwoldt) wiederum sieht ihren Sohn als Mobbingopfer seiner ostdeutschen Klassenkameraden. Doch in Wirklichkeit ist sie es selbst, die unter dem Verlust ihres sozialen Umfeldes leidet.
Langsam bröckelt die Elternfront auseinander
Überhaupt sind die Eltern schnell mit Schuldzuweisungen bei der Hand. „Ihre einzige Gemeinsamkeit ist im Grunde genommen, dass sie dafür sorgen wollen, dass ihre Kinder es ins Gymnasium schaffen.“ Dass die Kinder als Projektionsfläche für die Wünsche und Erwartungen der Eltern herhalten müssen, tritt dabei immer stärker zutage. Dass Frau Müller die Defizite der Kinder klar benennt, bringt die Eltern umso mehr gegen die engagierte Lehrerin auf. Die lässt sich davon allerdings nicht so leicht ins Bockshorn jagen.
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„Die Lehrerin hat ein gesundes Selbstbewusstsein, das lässt sie auch an der ein oder anderen Stelle durchblicken“, beschreibt Zimmermann den Charakter der Figur. „Sie ist sehr engagiert und stellt dar, was sie außer der Reihe für die Kinder tut.“ Denn ihr liege das Wohl der Kinder am Herzen. In diesem Zusammenhang komme ans Licht, dass sie den Kindern sogar Briefe an die Eltern mitgegeben habe, die aber nie dort ankommen seien.
Eltern streiten sich wegen Konflikten der Kinder
„In gewisser Weise ist das eine schwarze Komödie“, meint der Regisseur. Und weil innerhalb der Elterngruppe nicht nur ein Ost-West-, sondern zudem ein soziales Gefälle besteht und sich die Eltern untereinander auch nicht ganz grün sind, zeigen sich schon nach kurzer Zeit erste Risse im Gefüge. Schließlich kriegen sich die Eltern sogar wegen der Konflikte der Kinder untereinander in die Haare. Für sie kein Spaß, für die Zuschauer, die ganz entspannt von ihrem Sitzplatz aus verfolgen können, wie die Protagonisten sich um Kopf und Kragen reden, umso mehr.
Seit Anfang November wird geprobt. „Im Amateurtheater gibt es ganz unterschiedliche Voraussetzungen. Einige spielen seit Jahren, bei einem ist es die erste größere Rolle“, berichtet Zimmermann. Über seine Arbeit mit den Darstellern – „alle sind sehr motiviert“ – sagt der Regisseur: „Ich bin ein demokratischer Diktator, für Basisdemokratie gibt es da wenig Raum.“ Er diskutiere nicht über jeden Satz, sondern es gehe darum, dass die Darsteller sich in ihre Rolle hineinversetzten und verstünden, warum sie so angelegt sei.
Wie lange Frau Müller gewillt ist, mit den Eltern ihrer Schüler zu diskutieren, wird sich bei den Aufführungen zeigen. Sicher ist jedenfalls: Dieser Elternabend hat Unterhaltungswert und die Besucher brauchen weder Elternbrief noch Zwang, um dabei zu sein.
Aufführungen Fr 28.4., 20.00, Sa/So 29./30.4., 19.00, Fr 5.5., 20.00, Sa 6.5., 19.00, So 7.5., 18.00, Theaterwerkstatt, Beer-Yaacov-Weg 1, Karte 12,– im Vvk.: Mirus Augenoptik, Hindenburgstraße 40, Pareibo, Hindenburgstraße 12, 15,– bei Reservierung unter karten@oldesloerbuehne.de, Tel. 0152/22 41 20 96 15 und an AK