Reinfeld. Autobahn zwischen Reinfeld und Bad Oldesloe ist noch bis Montagmorgen gesperrt. Auf der Baustelle wird auch nachts gearbeitet.

Die Nacht war kurz für Lohnunternehmer Matthias Hoffmann aus Bad Segeberg. Am Freitagabend weilte er bis 21 Uhr auf der Baustelle, schlug dort am nächsten Morgen bereits um 3.30 Uhr wieder auf. „Ich habe nur 120 Minuten geschlafen, mir vorhin ein Croissant an der Tankstelle gekauft“, sagt der 52-Jährige. Wirklich voll ist der Magen nicht. Aber daran verschwendet er jetzt keine Gedanken – acht Stunden nach Dienstbeginn. Der Mann hat eine wichtige Funktion beim Abriss der maroden Brücke, die an der A-1-Anschlussstelle Reinfeld über die Autobahn führt.

Mit einem Spezialfahrzeug zum Transport von Flüssigkeiten schafft er Wasser heran. Dieses wird wiederum in einen 66.000-Liter-Container geleitet, der am Brückenrand positioniert ist. Mithilfe einer Pumpe gelangt es von dort über Schläuche entlang der Böschung nach unten, wo Kollegen den abfallenden Schutt des Baukörpers besprühen.

Rund 1250 Tonnen Beton und Stahl werden bei dem Projekt abgetragen auf rustikale Art und Weise. Es wirbelt jede Menge Staub auf. Zum Schutz tragen die Kräfte weiße Ganzkörperkittel und FFP-2-Masken. Um sie herum sind drei Bagger im Einsatz, deren Schaufeln unentwegt die 49 Meter lange und 15 Meter breite Brücke bearbeiten. Binnen 48 Stunden wird von der Überquerung nichts mehr zu sehen sein. Damit die Fahrbahn nicht beschädigt wird, ist der Bereich mit Holzbohlen ausgelegt. Auch nachts herrscht hier Betrieb.

A-1-Anschlussstelle Reinfeld bleibt neun Monate dicht

Hoffmann wird den Schutt später nach und nach an den Rändern der Autobahn ablagern, ab Montag wird das Material zur Entsorgung nach Lingen gebracht. Der Zeitdruck ist hoch. Die Autobahn GmbH hat kommuniziert, die Vollsperrung in beiden Richtungen zwischen Bad Oldesloe und Reinfeld nach 56 Stunden aufzuheben, damit der Verkehr am Montag um 5 Uhr wieder fließen kann. Die A-1-Anschlussstelle Reinfeld in Richtung Norden bleibt indes für neun Monate dicht.

Matthias Hoffmann an der Pumpe, die Wasser zur Baustelle weiterleitet.
Matthias Hoffmann an der Pumpe, die Wasser zur Baustelle weiterleitet. © René Soukup

Es wird nicht die letzte Vollsperrung gewesen sein. Denn auf den Abriss folgt die Erneuerung. Eine weitere Wochenendvollsperrung ist für das Einsetzen der neuen Brücke voraussichtlich zum Sommeranfang nötig. Halbseitige nächtliche Vollsperrungen zur Einschalung der Überführung sind im Herbst (Oktober/November) angedacht. Die genauen Termine hängen vom Baufortschritt ab und werden von der Autobahn GmbH rechtzeitig bekannt gegeben. Ende November soll die Brücke fertiggestellt sein. Laut Jens Sommerburg, Außenstellenleiter Lübeck der Autobahn GmbH, hat sie eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren.

Für die Überquerung sind 3,8 Millionen Euro veranschlagt, die der Bund zahlt. Zudem steht die Sanierung der Rampe in Fahrtrichtung Norden an. Die Fahrbahn wird frisch asphaltiert, zudem werden Entwässerungen ausgetauscht und Leitplanken erneuert. Kosten: rund 1,4 Millionen Euro, 410.000 Euro davon trägt die Stadt Reinfeld.

Die 1978 erbaute Brücke hatte Betonkrebs

Der Abriss der 1978 erbauten Brücke war zwingend, ansonsten hätte mit Blick auf die Traglast eine Sperrung für den Lkw-Verkehr gedroht. Bei Prüfungen wurde zum Beispiel Betonkrebs festgestellt. Bei dem chemischen Prozess, der eigentlich Alkalikiessäure-Reaktion (AKR) heißt, bildet sich in den Poren des Betons Gallert. Dadurch dehnt er sich aus und platzt auf.

An der A1-Anschlussstelle Reinfeld ging es am Sonnabendvormittag nur im Schritttempo voran. Diese Fahrzeuge kamen aus Richtung Lübeck.
An der A1-Anschlussstelle Reinfeld ging es am Sonnabendvormittag nur im Schritttempo voran. Diese Fahrzeuge kamen aus Richtung Lübeck. © René Soukup

Gegen die monatelange Sperrung der A-1-Anschlussstelle Reinfeld hatte es Protest gehagelt aus dem Kreis Stormarn. Neben Unternehmern aus dem nahen Gewerbegebiet, Feuerwehr und Rettungsdienst sowie Bürgermeistern der Nachbarorte schalteten sich auch Kreistagsabgeordnete und Landrat Henning Görtz öffentlich ein.

Sie alle forderten einen provisorischen Autobahnanschluss, um Dauerstaus und wirtschaftliche Folgen bis hin zu Insolvenzen zu vermeiden. Das Ansinnen wurde abgelehnt. Christian Merl, Kommunikationsleiter der Niederlassung Nord der Autobahn GmbH, begründete das so: „Ein Baurechtsverfahren dauert mindestens zwei Jahre, zudem müssten Grundstücke gekauft werden. Das Risiko einer solchen Verzögerung können wir nicht eingehen.“

Auf der Bundesstraße 208 kamen Autos zügig voran

Die Proteste aus Stormarn haben immerhin bewirkt, dass die zusätzliche Sperrung der Auffahrt in Richtung Hamburg für zweimal etwa zwei Monate zurückgenommen wurde. Voraussichtlich wird es bei einigen kurzzeitigen Sperrungen bleiben. Ein Nadelöhr ist dagegen unvermeidlich: Im Baustellenbereich wird die Zahl der Fahrspuren je Richtung von drei auf zwei reduziert. Hinzu kommt ein Tempolimit.

Zwischen Hamburg und Lübeck sind auf der A 1 täglich rund 100.000 Autofahrer unterwegs – darunter ein großer Anteil an Lastwagen. Bei Vollsperrungen bedeutet das für Dörfer in der Umgebung von Reinfeld mehr Verkehr. An diesem Sonnabend gab es auf einigen Strecken Staus. Wer über die Bundesstraße 208 erst Rethwisch und später Westerau passierte in Richtung Karpfenstadt oder den umgekehrten Weg nahm, kam hingegen problemlos durch.