Bargteheide. Verwaltungsvorlage für einen Architektenwettbewerb führt zu neuer Kontroverse um die Nutzung der historischen Parkanlage.
Nach der Besetzung der Villa Wacker durch Mitglieder der Initiative Jugend für Jugend (JfJ) am 7. Oktober 2022 lag das Areal nahe dem Bahnhof Bargteheide zuletzt wieder abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das hat sich spätestens seit einer Verwaltungsvorlage für die nächste Sitzung des Hauptausschusses am Donnerstag, 23. Februar, ab 18.30 Uhr im Ratssaal geändert. Plötzlich soll das Gremium über die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs befinden, um mögliche Optionen für eine künftige Nutzung des Terrains ausloten zu können.
„Wir finden das sehr irritierend. Unsere Sorge ist, dass die Villa jetzt in einem Hauruckverfahren abgerissen wird und auch viele Bäume gefällt werden“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Ruth Kastner bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, an der auch Vertreter der Initiative Bargteheide Zero und der Bürgerinitiative Basta (BIB) teilnahmen.
„Wir haben den Eindruck, hier sollen nun auf die Schnelle Fakten geschaffen werden, ohne dass vorbereitende Untersuchungen abgeschlossen sind“, äußerte sich Tom Mac Arthur, Sprecher von Bargteheide Zero.
Villa Wacker in Bargteheide: Stadt hat das Areal bereits 2013 erworben
Seit Jahren wird erbittert über den Erhalt des 1934 von der Arztfamilie Hemsen erbauten Gebäudes im sogenannten Krähenwald gestritten. Die Stadt hatte das gesamte Areal 2013 erworben und die Bestandsimmobilie zugleich als „Abrisshaus“ eingestuft. Stattdessen sollten in der ehemaligen Parkanlage ein Parkdeck und drei mehrstöckige Wohnblöcke entstehen.
Nach Vorlage eines entsprechenden Entwurfs regte sich aber umgehend Widerstand. Innerhalb kurzer Zeit hatte die Bürgerinitiative Basta mehr als 1000 Unterschriften für den Erhalt des historischen Ensembles gesammelt. 2018 ist das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans dann ausgesetzt und seitdem nicht wieder aufgenommen worden.
Villa Wacker: Wassereinbrüche und massiver Schimmelbefall
Um Leerstand zu vermeiden, hatte die Stadtverwaltung die alte Villa und deren Nebengelasse dem Verein Bunte Vielfalt und den Sozialarbeitern der Hilfsorganisation tohus in Form einer Duldung überlassen, als Fahrradwerkstatt, Club-, Beratungs- und Lagerräume. Allerdings ohne dauerhafte Zusagen und das Aufzeigen von Perspektiven.
Zugespitzt hatte sich die Debatte um die Zukunft des Komplexes erst durch Wassereinbrüche samt massivem Schimmelbefall infolge eines verstopften Siels, dann durch Begehrlichkeiten der Initiative Jugend für Jugend. Seitdem sieht sich die Stadtverwaltung zu einer Entscheidung gedrängt, wie mit dem Terrain weiter umgegangen werden soll.
Verfahren zur Städtebauförderung ist in Gefahr
„Jetzt mit einem Architektenwettbewerb in die Offensive zu gehen halten wir jedenfalls nicht für den richtigen Weg“, sagt Grünen-Chefin Kastner. Aus Sicht ihrer Fraktion müssten zuvor erst mal der Klimaaktionsplan und der Landschaftsplan für Bargteheide, eine Bauzustandsanalyse der Villa und eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt werden, bevor eine Überplanung des Areals anstehe.
Bargteheide Zero sieht sogar das laufende Verfahren zur Städtebauförderung in Gefahr, sollte das Sanierungsobjekt Villa Wacker hinfällig sein. „Das Bahnhofsumfeld ist eines der drei Fokusgebiete, deshalb sollte die Faktenlage zuvor umfassend abgeklärt werden“, betont Mac Arthur. Umwelt- und Klimaschutzbelange gegen sozialen Wohnungsbau auszuspielen sei in der Bargteheider Kommunalpolitik gängige Praxis, nun offenbar auch im Falle des umstrittenen Areals An den Stücken.
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Geht es nach der BIB, die sich seit vielen Jahren für die Erhaltung des Krähen- und des Hochzeitswalds einsetzt, soll das Wacker-Areal als grüne Lunge der Stadt und damit als Erholungs- und Rückzugsort für die Bürger erhalten bleiben.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass dort 70, zum Teil 100 Jahre alte Buchen gefällt werden und die nistende Krähenpopulation vergrämt wird“, gibt sich Lutz Hansen, Sprecher der Initiative, kämpferisch.
Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über das weitere Vorgehen spielt laut Bürgermeisterin Gabriele Hettwer (parteilos) eine Prüfung durch die obere Denkmalschutzbehörde des Landes. Die war am 19. Januar vor Ort. „Ein Ergebnis liegt uns bislang aber noch nicht vor“, so Hettwer. Insofern gebe es mitnichten irgendeine Festlegung zum Fortbestand der Villa oder deren Abriss.