Bad Oldesloe. Das Projekt soll Vorurteile abbauen. Eröffnung am Montag, 20. Februar, im KuB. Sozialministerin Aminata Touré ist Schirmherrin.

Wer bei Google das Stichwort „Hölk-Hochhäuser“ in die Suchleiste tippt, dem zeigt sich ein deutliches Bild: „Die Horrorhäuser von Bad Oldesloe“ titelt eine Spiegel-TV-Reportage. Überall ist von maroden, heruntergekommenen Bauruinen die Rede, die immer weder Negativschlagzeilen machen. „Die Hochhäuser sind mit großen Vorurteilen behaftet“, sagt Maria Herrmann, Quartiermanagerin der Sozialeinrichtung Plan B.

In dem Quartier leben hunderte Menschen aus über 50 Nationen

Doch die Hölk-Hochhäuser sind mehr als das. Dort gibt es nicht nur Schimmel, Rohrbrüche und kaputte Heizungen. Vor allem leben hier hunderte Menschen aus über 50 Nationen, die alle ihre eigene Geschichte haben. So auch Slawomir Pawlowicz. Der heute 56-Jährige kam 1980 aus einer Kleinstadt bei Danzig in Polen nach Deutschland. Seit acht Jahren lebt er mit seiner Hündin Jupiter im Hölk.

Wenn die Menschen im Wohnquartier an einem lauen Sommerabend zusammenkommen, dann treffen sie sich oft auf den bunten Pfählen nahe der Hochhäuser. Dass dies ein beliebter Treffpunkt ist, haben die Bewohnerinnen und Bewohner Pawlowicz zu verdanken. „Damit die Menschen nicht vergessen, aus welchem Land sie kommen, hatte ich die Idee, die Pfähle mit Flaggen anzumalen“, sagt er. Mit ein paar Eimern Farbe startete er. „Dann kamen immer mehr Menschen, die mir sagten, das ihre Flagge noch fehlt“, so der gelernte Maler. Also malte er sie dazu. Mittlerweile zieren 122 Flaggen die Pfähle. „Viele Menschen sitzen abends hier“, sagt er. „Das freut mich so sehr.“

Fotoausstellung wird am Montag, 20. Februar, im KuB eröffnet

Es sind Geschichten wie diese, die die Fotoausstellung „Hölk: Ein Quartier zeigt Gesicht“ in Bild und Text erzählt. Am Montag, 20. Februar, 17 Uhr, wird sie im Foyer des Kultur- und Bildungszentrums (Beer-Yaacov-Weg 1) eröffnet. Sie wird bis Donnerstag, 16. März, zu sehen sein. Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré hat die Schirmherrschaft übernommen. Gefördert wird das Projekt vom Oldesloer Spendenparlament und dem Land Schleswig-Holstein.

Sozialpädagogin Monika Moraoli-Nejad lebt und arbeitet im Hölk. Sie kam mit 20 Jahren als Au-pair-Mädchen nach Deutschland.
Sozialpädagogin Monika Moraoli-Nejad lebt und arbeitet im Hölk. Sie kam mit 20 Jahren als Au-pair-Mädchen nach Deutschland. © Juliane Minow

15 Menschen aus der in den 1970er-Jahren erbauten Wohnsiedlung Hölk werden in der Ausstellung porträtiert. Die Fotos stammen von Timon Kronenberg. Der Hobbyfotograf wohnt in Bargteheide und leitet hauptberuflich ein Familien-Unternehmen in der Pflege. Mit seiner ehrenamtlichen Fotografie unterstützt er regelmäßig gemeinnützige Vereine und Institutionen. Auch die Menschen im Hölk hat er ehrenamtlich fotografiert.

Timon Kronenberg hat die Menschen ehrenamtlich fotografiert

„Ohne ihn wäre das Projekt nicht möglich gewesen“, sagt Maria Herrmann. Die Quartiersmanagerin und der Fotograf haben sich bei einer Wahlkampfveranstaltung Anfang 2022 im Hölk getroffen. „Da entwickelten wir gemeinsam die Idee“, sagt Herrmann. „Aus einem kleinen Projekt wurde nach und nach immer mehr.“ Von August bis November fotografierte Kronenberg an fünf Terminen die Menschen – spontan und authentisch. „Wir sind meistens einfach durchs Quartier gelaufen. Von Sonne bis Regen war alles dabei“, sagt Herrmann. Doch das hat die Akteure nicht abgehalten: „Die Menschen waren so offen. Der ganze Entstehungsprozess hat großen Spaß gemacht.“

Ein weiteres Gesicht der Ausstellung ist Monika Moraoli-Nejad. Die 48-Jährige lebt nicht nur im Hölk, sondern arbeitet auch dort. Als Sozialpädagogin der gemeinnützigen GmbH Tohus bietet sie im Quartier ein Projekt zum inklusiven Kochen an. „Ich bin mit 20 Jahren als Au-pair-Mädchen von Polen nach Deutschland gekommen“, sagt sie. Das Land gefiel ihr so gut, dass sie blieb.

Bewohnerin: Das Miteinander hier ist beneidenswert

In Hamburg studierte sie Sozialpädagogik, kam nach ihrem Studium in die Kreisstadt. Mit ihren elf- und dreizehnjährigen Töchtern wohnt die alleinerziehende Mutter seit vielen Jahren im Quartier. „Die Hochhäuser sind tatsächlich mit Vorurteilen behaftet“, sagt sie. „Aber ich finde das Zusammenleben hier im Gegenteil eher beneidenswert. Die Kinder spielen zusammen, man hilft sich gegenseitig, die Gemeinschaft und der Zusammenhalt sind so groß, es ist immer etwas los.“

Genau diese Seite des Hölk möchte die Ausstellung zeigen. Sie möchte den Menschen dort eine Stimme und ein Gesicht geben. Denn: „Die Hölk-Hochhäuser sind von negativen Schlagzeilen bestimmt“, sagt Maria Herrmann. „Wir wollen durch die Ausstellung die Vielfalt an wunderbaren Menschen zeigen, die in diesem schönen Quartier leben.“

Zwei Frauen haben ihre Fotos nachträglich zurückgezogen

So schön der Entstehungsprozess auch gewesen sei, eine Sache habe Herrmann dann aber doch bewegt: „Zwei Frauen haben ihre Fotos nachträglich zurückgezogen, obwohl sie eigentlich an dem Projekt mitwirken wollten. Und zwar deshalb, weil sie ihre Bilder nicht öffentlich zeigen dürfen.“ Dafür stehe stellvertretend das Bild Anonyma in der Fotoserie.

Das Projekt sei aber nicht nur für Außenwirkung wichtig, sondern bedeute auch den Menschen in den Hölk-Hochhäusern viel. Mit Stolz hätten die Menschen sich fotografieren lassen und freuen sich, mit ihren Bildern und Texten an die Öffentlichkeit zu treten. Ganz besonders spürt das übrigens Slawomir Pawlowicz, ist er doch das Gesicht der Ausstellung und auf unzähligen Plakaten und Flyern in der Stadt zu sehen. Pawlowicz: „Ich wurde schon gefragt, ob ich als Bürgermeister kandidiere.“