Trittau. Wie im RTL-Dschungelcamp sollen sich Besucher des Fun-Parc Trittau „Challenges“ stellen. Vorab zeigt sich: Das schmeckt nicht jedem.

Mit der Party unter dem Motto „Fun-Parc vs. Wild!“ am Freitag, 10 Februar, weckt die Trittauer Diskothek Fun-Parc ganz bewusst Assoziationen an Reality-Show-Formate wie das RTL-Dschungelcamp und „7 vs. Wild“. Und wie den Kandidaten solcher Shows stehen den Besuchern des Stormarner Partydschungels ebenfalls etliche Challenges bevor. Eine davon hat jetzt die Tierschutzorganisation Peta auf den Plan gerufen.

Damit es recht martialisch klingt, sind die einzelnen Herausforderungen entsprechend betitelt. Auf der Website des Fun-Parc werden Aufgaben wie „Krokodilalarm“, „Flussüberquerung“, „Verletztentransport“ und „Überlebenskampf“ näher erläutert. Wer sich auf „Nahrungssuche“ begibt und darin erfolgreich ist, hat Aussicht auf einen Gratis-Cocktail. Was dafür geleistet werden muss, wird ebenfalls beschrieben: Disco-Betreiber Knut Walsleben verspricht den Gewinn allen, „die einen echten Käfer oder Wurm aus dem Aquarium essen“.

Wie RTL-Dschungelcamp: Bei Ekelparty in Disco werden Insekten gegessen

Auf die Veröffentlichung des Programms auf dem Instagram-Kanal des Fun-Parc reagierte Peta bereits 20 Minuten später mit einem geharnischten Post: „Von uns gibt es einen großen Daumen runter für diese Art von ,Party‘“, heißt es darin. Der Mensch habe nicht das Recht, fühlende Lebewesen für seine Zwecke auszubeuten und zu töten. „Aus dieser Grausamkeit dann auch noch eine Partyattraktion zu machen finden wir einfach nur geschmacklos.“ Laut Frank Brinker, Leiter des Fachdiensts Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung beim Kreis Stormarn, besagt Paragraf 1 des Tierschutzgesetzes, dass keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden dürfen. Er sagt: „Grundsätzlich betrifft das alle Tiere, auch Insekten.“ Verstöße könnten nach Paragraf 18, Absatz 2 mit einem Bußgeld geahndet werden. Denn wenn man ein Tier töte, sei das der größtmögliche Schaden, den man ihm zufügen könne.

Blick in den Innenraum der Disco Fun-Parc. Dort können sich Gäste am Freitag besonderen Challenges stellen.
Blick in den Innenraum der Disco Fun-Parc. Dort können sich Gäste am Freitag besonderen Challenges stellen. © Fun-Parc

Peta bestätigt diese Aussagen: „Insekten sind empfindungsfähige Tiere mit einem Nervensystem und Schmerzrezeptoren. Sie haben die Fähigkeiten zu lernen und vermeiden Situationen, in denen sie negative Erfahrungen gemacht haben“, teilt die Tierschutzorganisation mit. Wer ihnen schade, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Brinker zufolge ist jedoch nicht der Kreis Stormarn, sondern das Ordnungsamt Trittau zuständig. „Dieser Fall hat den regulären Anfangstatbestand.“ Eine Veranstaltung, bei der lebende Insekten verzehrt würden, sei allerdings nicht anzeigepflichtig. „Wenn das Ordnungsamt aber Information darüber bekommt, muss es schauen, inwieweit ein Vorstoß vorliegt oder eben nicht – und ob gegebenenfalls ein Einschreiten erforderlich ist.“

Kreis Stormarn und Ordnungsamt Trittau eingeschaltet

Das ist erfolgt, wie Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch sagt. „Das Ordnungsamt hat am Donnerstag davon Kenntnis erlangt. Wir werden das prüfen und der Sache unmittelbar nachgehen.“ Man werde versuchen, Kontakt mit Knut Walsleben aufzunehmen, um zu erfahren, ob es sich um lebendige Tiere handele.

Auf Nachfrage unserer Redaktion wollte sich Diskothekenbetreiber Walsleben nicht dazu äußern. Denn durch die Ankündigung wird – ob bewusst oder zufällig, sei dahingestellt – suggeriert, dass die Insekten bei lebendigem Leib verzehrt werden sollen. Denn warum sonst müssten sie dazu einem Aquarium, gemeint ist wohl eher ein Terrarium, entnommen werden?

Was es mit Probierpack aus dem Internet auf sich hat

Kurze Zeit später dann die Entwarnung vom Ordnungsamt: Nach Auskunft von Walsleben handele es sich bei den besagten Insekten um ein Probierpack toter, gefriergetrockneter Tiere, die er im Internet bestellt habe. Es steht zu vermuten, dass der Gruselfaktor durch das Drapieren der Tiere im Terrarium noch gesteigert werden sollte.

Laut Frank Brinker sind nach diversen EU-Verordnungen der Jahre 2021 bis 2013 Mehlwürmer, Heuschrecken, Hausgrillen und Getreideschimmelkäfer tatsächlich als Lebensmittel zugelassen.

Sieht dieser Mehlwurm nicht zum Anbeißen aus? Fragt sich nur, wem bei einem solchen Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft.
Sieht dieser Mehlwurm nicht zum Anbeißen aus? Fragt sich nur, wem bei einem solchen Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft. © picture alliance | Matthias Lenke

Auf seiner Website teilt der Insektenanbieter snack-insects.com mit: „Die Speise-Insekten werden 24 Stunden vor der ,Schlachtung‘ nicht mehr gefüttert, sodass sich der komplette Verdauungsapparat entleert.“ So könnten sie komplett verzehrt werden. „Lediglich die Sprungbeine der Heuschrecken müssen vor dem Verzehr entfernt werden, auch empfehlen wir die Flügel der Heuschrecken vor der Zubereitung zu entfernen.“

Zählt Verzehr der Flügel und Beine zur Aufgabe?

Ob Walsleben den Kandidaten eine solche Vorgehensweise zubilligt oder ob Beine und Flügel mitverzehrt werden müssen, damit die Challenge als bestanden gilt, bleibt abzuwarten. Es dürften sich jedoch deutlich mehr Schaulustige als Freiwillige bei einem solch fragwürdigen Erlebnis einfinden.

Peta hatte zunächst noch eine Anzeige in Betracht gezogen, sollte Walsleben von der vermuteten Tierquälerei keinen Abstand nehmen. Doch auch der Marketing-Gag mit toten Krabbeltieren stößt den Tierschützern sauer auf. Als Grund führt die Organisation an, dass Insekten ebenso wie andere Tiere Schmerzen erleiden. „Insekten sind empfindungsfähige Tiere mit einem Nervensystem und Schmerzrezeptoren. Sie als Party-Attraktion zum Essen anzubieten ist geschmacklos“, sagt Bettina Eick, Biologin und Peta-Fachreferentin für Ernährung. „Tierleid ist keine Unterhaltung“, stellt sie klar. Egal, ob es sich um Katzen, Rinder oder Käfer handele und ebenso, ob sie vier oder sechs Beine hätten.

Insektenzucht ist bislang noch nicht klar geregelt

Trotzdem gebe es für ihre Zucht bisher keine Haltungsvorschriften und keine klaren Regelungen zu ihrer Tötung oder zum Einsatz von Medikamenten. In der Zucht für den Nahrungsmittelmarkt würden die Insekten dicht an dicht gedrängt und übereinandergestapelt in Massen gehalten. „Das führt häufig etwa dazu, dass die Tiere anfangen, sich aus Stress gegenseitig zu essen. Viele sterben, noch bevor sie ausgewachsen sind.“

Die Überlebenden werden vor dem Verkauf getötet, indem sie schockgefroren oder bei lebendigem Leib verbrüht werden. Daher appelliert Peta an den Veranstalter, das Insektenessen aus dem Programm zu streichen und für die Abendunterhaltung nicht auf das Tierqualprodukt zu setzen.

Wie der Appell bei Knut Walsleben ankommt, dürfte sich spätestens am Freitagabend zeigen, sobald das Publikum in die Disco strömt. Und ebenso, wie attraktiv das Angebot des Insektenessens auf die Gäste wirkt oder ob es eher dazu geeignet ist, Brechreiz auszulösen. Wenn sich eines aus der Posse ableiten lässt, dann das: Walsleben hat mit seiner Aktion für jede Menge Aufregung gesorgt. Das hätte mit einer klaren Formulierung leicht vermieden werden können. Aber vielleicht lag das gar nicht in seinem Interesse.