Lübeck/Reinbek. Prozess um Cannabis-Handel in Reinbek fortgesetzt. Wie viel Geld verdiente Burak Y. mit den Betäubungsmitteln und wohin floss es?

In dem Prozess um millionenschwere Drogengeschäfte einer Bande in Reinbek vor dem Landgericht Lübeck hat der 44 Jahre alte Angeklagte am Montag erstmals Fragen des Gerichts beantwortet. Bereits vor einer Woche hatte der Reinbeker ein umfassendes Geständnis abgelegt. Sein Mandat wolle dazu beitragen, den Sachverhalt aufzuklären, betonte Verteidiger Andreas Thiel erneut.

Die Staatsanwaltschaft wirft Burak Y. (Name geändert) vor, zwischen April 2020 und September 2021 über eine Scheinfirma gemeinsam mit Komplizen Cannabis im Wert von rund 2,2 Millionen Euro aus Spanien importiert zu haben. Umschlagplatz für die Drogengeschäfte soll ein Lager im Reinbeker Gewerbegebiet gewesen sein, welches Y. angemietet hatte. Insgesamt sollen von hier aus mehr als 670 Kilogramm Haschisch und Marihuana an- und weiterverkauft worden sein.

Ermittler können Reinbeker Drogenbande dank Peilsender überführen

Die Anklagebehörde geht davon aus, dass Burak Y. eine führende Rolle in der Gruppe einnahm. Das hat dieser wiederholt bestritten. Es habe sich vielmehr um ein „Sammelgeschäft mehrerer Beteiligter“ gehandelt. Bei dieser Darstellung blieb der 44-Jährige auch am dritten Verhandlungstag. Gleichzeitig beantwortete er ausführlich die Fragen des Vorsitzenden Richters Klaus Grammann zu seiner Rolle in den einzelnen Drogengeschäften, von denen es insgesamt elf gegeben haben soll. Unter anderem räumte Y. ein, per Chat mehrfach selbst mit den spanischen Lieferanten der Betäubungsmittel verhandelt zu haben. Laut Ermittlern war er dazu auch zweimal nach Malaga geflogen. „Ich habe selbst Bestellungen aufgegeben und auch einen Teil der Drogen verkauft“, sagte Y.

Weniger auskunftsfreudig zeigte sich der Reinbeker bei der Frage, wie viel er selbst an den Drogengeschäften verdiente. Die Marge habe bei etwa 200 Euro je weiterverkauftem Kilogramm gelegen, sagte er. Er habe nur einen Bruchteil des Gesamtgewinns selbst in den Händen gehalten. Wie viel genau, daran wollte sich Y. auf Nachfrage des Gerichts nicht erinnern.

Der 44-Jährige zahlte mehr als 330.000 Euro in bar auf verschiedene Konten ein

Ermittlungsergebnisse legen nahe, dass tatsächlich eine Summe im sechsstelligen Bereich in die Taschen des Reinbekers geflossen sein könnte. „Auf verschiedenen Konten des Angeklagten gab es immer wieder Bargeldeinzahlungen im fünf- oder sechsstelligen Bereich“, sagte ein Kriminalbeamter vor Gericht. Demnach besaß Burak Y. fünf Bankkonten sowie Verfügungsberechtigungen für die Konten zweier Unternehmen, auf die bis September 2021 mehr als 330.000 Euro in bar eingezahlt wurden.

„Es lässt sich kein Anhaltspunkt finden, der diese hohen Einzahlungen auf legale Weise erklärt“, so der Beamte. Y. habe zu diesem Zeitpunkt eine Firma für Natursteine in Hamburg besessen, die finanziell angeschlagen gewesen sei und in die immer wieder hohe Summen als Darlehen geflossen seien, ohne dass ein Zweck angegeben wurde. Einen sechsstelliger Betrag habe Y. zudem genutzt, um für seine Familie eine Doppelhaushälfte in Reinbek zu erwerben.

Eine inszenierte Fahrzeugkontrolle brachte den Ermittlern Gewissheit

Ermittler verrieten am Montag auch weitere Einzelheiten dazu, wie es ihnen letztlich gelang, die Bande zu überführen. Entscheidend war demnach ein GPS-Sender, den verdeckte Ermittler am Auto einer Komplizin von Y. angebracht hatten. Zuvor hatten sich aus Chatverläufen des Netzwerks Encrochat Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Reinbek ein Umschlagplatz für Drogen sein könnte. Die Daten der bei Kriminellen beliebten Plattform, die Y. und seine Komplizen für die Bestellungen bei ihren spanischen Lieferanten genutzt hatten, hatten französische Behörden dem Bundeskriminalamt zugespielt.

Seit Mai 2021 beobachteten die Ermittler per versteckter Kamera, wie mehrere Lieferungen das Reinbeker Lager erreichten. „Wir wollten sichergehen, dass sich in den angelieferten Kartons wirklich Betäubungsmittel befinden“, sagte ein Kriminalbeamter vor Gericht. Der Nachweis gelang, als Y.s Komplizin am 26. August 2021 nach Reinbek kam, um zwei Kartons mit Cannabis abzuholen. Als die Frau von dort nichtsahnend in Richtung Itzehoe losfuhr, um die Drogen abzuliefern, orteten die Ermittler ihren Wagen und inszenierten eine Fahrzeugkontrolle auf der Bundesstraße 206, bei der insgesamt 20 Kilogramm Marihuana in ihrem Auto gefunden wurden. Mit dieser Sicherheit habe schließlich die große Razzia in Reinbek im September 2021 erfolgen können. Das Verfahren wird bereits am Freitag, 10. Februar, fortgesetzt. Das Urteil soll Anfang März verkündet werden.