Lübeck. Landgericht verurteilt fünf Angeklagte zu Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren und sechs Monaten. Bewährung für sechsten Täter.

Ein Kilo Kokain, eine Strafaktion und sechs Angeklagte – nach sieben Verhandlungstagen vor der VII. Großen Strafkammer des Landgerichts Lübeck wurde nun das Urteil verkündet: Fünf junge Männer zwischen 22 und 29 Jahren müssen wegen versuchter, besonders schwerer Erpressung für bis zu vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Weil sie zum Teil mehrfach vorbestraft waren, wurden die Strafen nicht zur Bewährung ausgesetzt. „Obwohl die Tat dilettantisch geplant und durchgeführt wurde, handelt es sich hier um keinen minderschweren Fall“, begründete die Vorsitzende Richterin Helga von Lukowicz das Urteil. Zum einen seien mehrere Täter beteiligt gewesen, die noch dazu Waffen mit sich führten, zum anderen sei die erstrebte Summe mit 10.000 Euro hoch gewesen.

Wie bereits berichtet, sollen die vier jungen Männer aus Reinfeld und Bad Oldesloe sowie ein weiterer Tatbeteiligter aus Niedersachsen Mirko T. (Namen geändert) aus Mollhagen am 24. März vergangenen Jahres gezwungen haben, mit ihnen zur Sparkasse Holstein nach Bad Oldesloe zu fahren, um dort 10.000 Euro abzuheben. Weil zwei Sparkassen-Mitarbeiter Verdacht schöpften und die Polizei verständigten, war es nicht zu einer Geldübergabe gekommen.

Opfer der eigenen Prahlerei geworden

Laut Gericht handelte es sich bei der Tat um „eine Bestrafungsaktion“. Mit einer leichtfertigen Bestellung hatte sich Mirko T. selbst in Bedrängnis gebracht. Angeblich wollte er mit dem Kilo Kokain selbst ins Drogengeschäft einsteigen. Tatsächlich verfügte er aber weder über die finanziellen Mittel für den Ankauf des Rauschmittels noch über potenzielle Kunden.

Die VII. Große Strafkammer des Landgerichts Lübeck unter Vorsitz der Richterin Helga von Lukowicz (M.).
Die VII. Große Strafkammer des Landgerichts Lübeck unter Vorsitz der Richterin Helga von Lukowicz (M.). © HA | Lutz Kastendieck

Nach Ansicht der Kammer ist T. letztlich Opfer seiner eigenen Prahlerei und Wichtigtuerei geworden. So schwadronierte er von einer großen Erbschaft, die ihn angeblich in den Besitz eines Penthouses in Hamburg und mehrerer Sportwagen gebracht habe. Zum Nachweis seiner Zahlungsfähigkeit hatte er den Drogendealern einen Screenshot präsentiert, der ein vermeintlich verfügbares Vermögen von 135.000 Euro bekunden sollte. Nicht zuletzt deshalb hatten ihn die Anwälte der Angeklagten als „pathologischen Lügner“ mit „übersteigertem Geltungsbedürfnis“ dargestellt und seine Glaubwürdigkeit generell infrage gestellt.

Konsistentes Bild vom Tatgeschehen

Für das Gericht besteht indes kein Zweifel, dass sich das Geschehen am 24. März 2022 genau so abgespielt hat, wie es von den Ermittlern rekonstruiert worden ist. „Es liegen Chatverläufe und Standort-Verbindungsdaten der Täterhandys vor, Videoaufzeichnungen aus der Sparkasse, Teilgeständnisse und weitere Zeugenaussagen, die ein konsistentes Bild ergeben“, erklärte die Vorsitzende Richterin von Lukowicz.

Mirko T. sei erst in eine Falle gelockt und dann massiv bedrängt, sowie mit Waffen (zwei Messer und eine Handastsäge) eingeschüchtert worden. Hinzu gekommen seien verbale Drohungen, man werde ihn „abstechen“. All das habe dazu geführt, dass T. in Todesangst für einen Moment glaubte, „jetzt ist alles vorbei“.

Trotz allem ist das Gericht mit seinem Strafmaß deutlich unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft geblieben, die Haftstrafen von bis zu sieben Jahren gefordert hatte. Für den „Wortführer“ Erik A. kommen zu den vier Jahren und sechs Monaten noch ein weiteres Jahr und sieben Monate Freiheitsentzug aus einem früheren Verfahren hinzu. Hier war der 29 Jahre alte Reinfelder für eine Gewalttat in Ahrensburg verurteilt worden, bei der unter Einsatz von Golf- und Baseballschlägern mehrere Personen verletzt wurden und erheblicher Sachschaden entstand.

Für seine vier willigen Helfer verhängte das Gericht Gefängnisstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten sowie vier Jahren und sechs Monaten. Der sechste Angeklagte kam mit einem Jahr und drei Monaten davon, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt worden sind. Außerdem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.