Glinde. 37 Wohnungen mit günstigen Mieten. Projekt sollte im Frühjahr 2021 beginnen. Geschehen ist nichts. Jetzt äußert sich der Investor.

Auf dem Areal vor der Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Holstenkamp in Glinde herrscht Wildwuchs. Unkraut und Sträucher soweit das Auge reicht. An der Einfahrt ist ein blauer Container platziert. Arbeiter? Fehlanzeige. Eigentlich sollte hier im Frühjahr 2021 der Bau von 37 Sozialwohnungen beginnen. 18 Monate später war der Einzug von Mietern geplant. Das Projekt verantwortet das Unternehmen D.R.S. Bauregie Dresden mit Sitz in Hamburg. Es hat mit identischen Problemen zu kämpfen wie auch andere Firmen in der Branche – Lieferengpässe, Corona und steigende Materialkosten. Dieses Bündel nennt Geschäftsführer Michael Demuth als Grund für die Verzögerung.

Die Stadt hat das Grundstück per Erbpacht vergeben

„Wir waren vergangenes Jahr schon soweit, haben dann aber keine Firmen gefunden, die es zu den von uns angedachten Preisen machen. Im Nachhinein war es verkehrt zu warten“, so Demuth. Denn günstiger als 2021 wird es jetzt nicht werden, eher noch teurer. 8,1 Millionen Euro wollte das Unternehmen ursprünglich in das Wohnprojekt investieren. „Wie hoch die Kostensteigerung wird, kann ich nicht beziffern. Aber im Moment kommen wir klar“, sagt der Geschäftsführer. Man sei jetzt mit der Vergabe beschäftigt. „Im dritten Quartal möchten wir anfangen.“ Die beiden Gebäude werden im energiesparenden KfW-55-Standard errichtet. Im Januar sind laut Demuth die Zuschüsse für diese Variante zugesagt worden.

Es gilt jetzt, letzte Details mit der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) zu klären. „Wir müssen neue Anträge stellen ob eines höheren Darlehens“, berichtet Demuth. Mit Blick auf andere Bauprojekte seines Unternehmens sagt der Geschäftsführer: „Wir erleben jeden Tag Dinge, die wir bislang nicht kannten. Fachkräfte fallen aus, weil sie mit Corona infiziert sind. Und Materialien werden nicht oder viel später geliefert.“ Das verlangsame alles.

Die Firma ist seit mehr als 25 Jahren auf dem Immobilienmarkt aktiv, vorwiegend in der sächsischen Landeshauptstadt. Sie saniert auch alte Wohngebäude sowie Gewerbeimmobilien. Zu ihren Referenzen zählt unter anderem der Elbcenter an der Leipziger Straße in Dresden mit Einkaufsmöglichkeiten, Büros und Praxen. In Glinde übernahm Demuth das Grundstück am Holstenkamp 2017 von der Stadt per Erbpacht. Man einigte sich darauf, dass dort eine Kindertagesstätte sowie ein Projekt mit ausschließlich öffentlich geförderten Wohnungen entsteht.

Wohnungen sind zwischen 40 und 86 Quadratmeter groß

Die Kita für vier altersgemischte sowie eine Elementargruppe wurde im November 2020 eingeweiht. Eigentlich sollte sie zwei Jahre früher fertig sein. Weil ursprünglich nur zwei Gruppen angedacht waren, musste umgeplant werden. Durch die Vergrößerung steht das Gebäude sehr nah am Schönningstedter Graben. Aus wasserschutzrechtlichen Gründen musste der auf 90 Metern Länge verrohrt und an anderer Stelle als Ausgleich wieder entrohrt werden. Das hatte die untere Wasserbehörde gefordert und kostete Zeit. Das Warten hat sich gelohnt, denn die Kindertagesstätte ist ein Schmuckstück geworden. Das Gebäude hat drei Geschosse und 1090 Quadratmeter Nutzfläche inklusive der 174-Quadratmeter-Dachterrasse. Es ist mit einem Fahrstuhl und an beiden Seiten Außentreppen ausstattet. 3,9 Millionen Euro hat das Projekt gekostet.

Auf dem 2700-Quadratmeter-Areal davor entstehen zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils vier Geschossen. Die Zwei- bis Vierzimmerwohnungen sind zwischen 40 und 86 Quadratmeter groß. Alle bekommen einen Balkon oder im Erdgeschoss eine Terrasse. Die Stadt hat das Belegungsrecht. „Wir brauchen die Wohnungen. Es gibt jedoch keine Verpflichtung, bis wann was gebaut werden muss“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug.

Die Not in Glinde ist groß. Rund 300 Personen, die eine günstige Bleibe suchen, sind auf einer Liste im Rathaus registriert. Die Politik will gegensteuern, hat einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach bei Neubauprojekten 30 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sein müssen. 149 Einheiten plant die Baugenossenschaft Sachsenwald im Quartier am Buchenweg unweit der Awo-Kita. Allerdings ist die Förderung für den KfW-55-Standard weggefallen. Die Verantwortlichen wissen noch nicht, wie sie damit umgehen bezüglich etwaiger Änderungen. Kurzum: Auch hier gibt es Verzögerungen. Die Genossenschaft will frühestens 2023 starten. Dieser Termin wäre sportlich, denn der nötige Bebauungsplan ist von der Politik noch nicht beschlossen. Probleme mit Parteienvertretern sind allerdings nicht zu erwarten: Vom Konzept mit Car- und Bike-Sharing sowie Elektro-Tankstellen sind die Entscheidungsträger angetan.

Altes Gleisdreieck im Zentrum wird jetzt bebaut

Dafür geht es jetzt zügig am Alten Gleisdreieck voran. In zentraler Lage entstehen 31 Reihenhäuser und 89 Wohnungen in zwei Gebäuden mit jeweils vier Geschossen plus Staffelebene, davon 36 öffentlich gefördert, die allesamt vermietet werden. Rund 30.000 Kubikmeter Boden hat der Investor, das Unternehmen Semmelhaack, jüngst abtragen lassen. Derzeit werden täglich Materialien geliefert. Für Anfang 2024 ist der Einzug geplant. Menschen mit einem Berechtigungsschein zahlen 6,25 Euro kalt für den Quadratmeter, bei den frei finanzierten Wohnungen sind zwischen 11,50 und 13,50 Euro fällig – je nach Lage. Für die 110-Quadratmeter-Reihenhäuser ohne Keller werden 13,50 Euro aufgerufen.