Bargteheide. Im Streit um die fristlose Entlassung einer Personalrätin in Bargteheide wird vier Fraktionen Stimmungsmache vorgeworfen.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Ratssaal in Bargteheide bei der jüngsten Sitzung des Haupt- und Sozialausschusses der Stadtvertretung. Vor allem ein Tagesordnungspunkt hatte viele Bürger mobilisiert: Die gemeinsame Stellungnahme der vier Fraktionen CDU, SPD, FDP und Wählergemeinschaft WfB zum Vorgehen der Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (parteilos) gegen den Personalrat der Stadtverwaltung.

Wie bereits berichtet, hatten die genannten Fraktionen auf die fristlose Kündigung der Personalratsvorsitzenden Bettina Lange und die Abmahnungen weiterer Personalratsmitglieder mit einem Antrag reagiert. Kruse-Gobrecht war aufgefordert worden, die Maßnahmen unverzüglich zurückzunehmen und einen Schadensausgleich vorzunehmen.

Grüne scheitern mit Absetzung des Antrags

Rückblick. Im Nachgang der verlorenen Bürgermeisterwahl am 8. Mai hatte die Bürgermeisterin Bettina Lange zum 8. Juni mit dem Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs fristlos gekündigt. Eine Vorladung des Personalrats in die Sitzung des Hauptausschusses am 23. März hatte Lange als Dienstzeit abgerechnet. Aus Sicht Kruse-Gobrechts handelte es sich dabei aber um Freizeit und damit um eine Manipulation der Arbeitszeiterfassung.

Gleich zu Beginn der Sitzung versuchten die Grünen erneut, den Tagesordnungspunkt von der Agenda nehmen zu lassen. Bereits im Vorfeld der Sitzung hatten sie dazu Rücksprache mit der Kommunalaufsicht des Kreises aufgenommen. Die war zur Einschätzung gelangt, dass der interfraktionelle Antrag in der Verknüpfung von Stellungnahme und einer Aufforderung an die Bürgermeisterin, eine getroffene Personalentscheidung rückgängig zu machen, unzulässig sei.

Arbeitsgericht will Ende Oktober entscheiden

Daraufhin hatten die Antragsteller die Aufforderung in einen Appell geändert, blieben aber bei ihrer Verurteilung des Vorgehens. „Aus unserer Sicht ist es Sache des Gerichts zu prüfen, ob die fristlose Kündigung rechtmäßig ist, oder nicht“, begründete Grünen-Fraktionschefin Ruth Kastner die Ablehnung des Antrags von CDU, SPD, FDP und WfB. Die Grünen würden darüber hinaus aber grundsätzlich jegliche politische Einflussnahme auf Gerichtsverfahren ablehnen.

Diesen Tenor verstärkte kurz darauf Klaus Mairhöfer, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Stadtvertreter Bargteheide (USB). Der vorliegende interfraktionelle Antrag versetze ihn geradezu „in Angst und Schrecken“. Weil mit ihm offensichtlich versucht werde, Einfluss auf ein laufendes Verfahren zu nehmen.

Entfesselte Debatte um Recht und Gesetz

„In solch einer Phase sollte sich die Politik bewusst zurückhalten“, so Mairhöfer. Zumal ein kommunaler Ausschuss weder Kompetenz noch Befugnis in der Sache habe. Er sei froh, in einem Land zu leben, in dem die Gerichte, anders als in Polen und der Türkei, vollkommen unabhängig und ohne staatliche Einflussnahme ihrer Arbeit nachgehen könnten. „Deshalb wehre ich mich standhaft gegen jede Form der Stimmungsmache und Vorverurteilung. Solcherart Beeinflussung ist undemokratisch und beschämend“, wetterte Mairhöfer in einem endlosen Monolog.

Spätestens mit diesem Beitrag war die Debatte um Recht und Gesetz, Moral und Anstand vollends entbrannt. CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck verwahrte sich gegen den Vorwurf einer versuchten Einflussnahme des Arbeitsgerichts in Lübeck, bei dem die Kündigungsschutzklage von Bettina Lange anhängig ist. Am 26. Oktober soll das Verfahren dort fortgesetzt werden.

CDU bezeichnet Umgang mit Lange als skandalös

„Wir haben uns mit dem Appell ausschließlich an die Bürgermeisterin gewandt, weil wir ihr Vorgehen nach wie vor für skandalös halten. So geht man mit langjährigen, verdienstvollen Mitarbeitern einfach nicht um“, erklärte Steinbuck. Zumal Kruse-Gobrecht auf diese Weise den wichtigen Fachbereich Bau und Liegenschaften, der personell ohnehin schon am Boden gewesen sei, zusätzlich geschwächt habe.

Dass Auftritte des Personalrats in städtischen Ausschüssen als Dienstzeit verbucht werde, sei seit vielen Jahren gelebte Praxis, nicht nur in Bargteheide. Zwei strittige Stunden aber zum Hauptgrund für eine fristlose Kündigung zu erheben, sei völlig unverhältnismäßig und deshalb nicht nachvollziehbar.

SPD wirft Mairhöfer „puren Populismus“ vor

SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc bezeichnete Mairhöfers Auftritt als „puren Populismus“. Ebenso wie dessen halt- und stillose Attacken auf Stadtvertreter anderer Fraktionen. Weil CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck die juristische Auseinandersetzung um den Rauswurf der Personalratsvorsitzenden als Steuerverschwendung kritisiert hatte, kündigte Mairhöfer in der Sitzung an, Stadtvertreter wegen der Kosten für ein Gutachten zu möglichen Regressansprüchen gegen die Bürgermeisterin im Zuge des widerrechtlichen Kahlschlags am Südring haftbar zu machen.

„Das Gutachten hat 2000 Euro gekostet. Die Kosten in dem Arbeitsgerichtsverfahren dürften um ein Vielfaches höher sein“, rechnete Dalkilinc vor. Diese beiden Fälle aber überhaupt in einen Zusammenhang zu bringen, sei abwegig und unangemessen: „Dass sich ehrenamtlich tätige Kommunalpolitiker solchen Drohungen ausgesetzt sehen, ist empörend.“

Bürgermeisterin will Fall Lange nicht kommentieren

Dalkilinc monierte zudem, dass Birte Kruse-Gobrecht sich zu allem in Schweigen hüllt. So direkt angesprochen, reagierte sie dann aber doch. „Es dürfte allgemein bekannt sein, dass sich die Verwaltung zu Personalfragen nicht äußert, schon gar nicht in einem laufenden Verfahren“, erklärte die amtierende Bürgermeisterin, die am 15. September durch Wahlsiegerin Gabriele Hettwer abgelöst wird.

Der interfraktionelle Appell, der im Ausschuss mehrheitlich befürwortet worden ist, wird in der Stadtvertretung am Donnerstag, 1. September, zur finalen Abstimmung gestellt.