Leipzig/Grönwohld. 21-Jähriger soll Bekannten erstochen haben. Bundesgerichtshof hebt Urteil des Landgerichts Lübeck wegen mangelhafter Begründung auf.
Das Verfahren um den gewaltsamen Tod des 22 Jahre alten Mohamed C. (alle Namen geändert) auf einem Spielplatz in Grönwohld muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Landgerichts Lübeck aus dem vergangenen Juni aufgehoben. Die Entscheidung verkündeten die Richter des 5. Strafsenats in Leipzig am Mittwochnachmittag. „Aus Sicht des BGH wurde nicht hinreichend begründet, warum es sich bei dem Tatgeschehen um einen Totschlag und nicht um einen Mord handelt“, sagt Sprecher Kai Hamdorf.
Verfahren um Tod eines 22-Jährigen in Grönwohld wird neu aufgerollt
Das Landgericht Lübeck hatte einen 21 Jahre alten Bekannten des Getöteten, Nick G., zu zehn Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Nach Auffassung der Richter hat G. seinen Freund am Abend des 21. Oktober 2020 nach einem Streit über gemeinsame Drogengeschäfte in der kleinen Gemeinde bei Trittau mit 27 Messerstichen getötet. Die Tatwaffe, mutmaßlich ein Schlagring mit ausklappbarem Messer, wurde nie gefunden, auch Zeugen der Tat gibt es nicht.
Das Mordmerkmal der Heimtücke sah die Kammer jedoch nicht als erwiesen an, vielmehr sei nicht auszuschließen, dass es infolge des Streits zunächst zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den jungen Männern gekommen sei, ehe G. zustach. Auch gingen die Richter davon aus, dass der 21-Jährige die Tat nicht geplant, sondern „in einem emotional aufgeladenen Moment“ gehandelt habe.
Familie des Opfers hatte Revision gegen das Urteil eingelegt
Der BGH hält diese Einordnung für nicht ausreichend begründet und folgt mit seiner Entscheidung der Argumentation der Familie von Mohamed C., die in dem Verfahren als Nebenkläger auftritt. Ihre Anwälte hatten nach der Verkündung des Lübecker Urteils Revision eingelegt.
Die Familie möchte eine Verurteilung wegen Mordes und damit eine lebenslange Freiheitsstrafe erreichen. Ihre Anwälte verweisen auf zahlreiche Stichverletzungen im Rücken von Mohamed C. und die Einschätzung einer Rechtsmedizinerin, die einen hinterhältigen Angriff während einer Umarmungssituation für wahrscheinlich gehalten hatte.
Auch der BGH ist von der Schuld des 21-Jährigen überzeugt
Daran, dass Nick G. die Tat begangen hat, hat auch der Bundesgerichtshof keinen Zweifel. „Der BGH geht davon aus, dass sich das objektive Tatgeschehen wie vom Landgericht Lübeck dargelegt zugetragen hat“, sagt Hamdorf. Den Antrag auf Revision des Angeklagten, der das Urteil ebenfalls angefochten hatte, wies der BGH ab. G.s Anwalt hatte zuvor mit Widersprüchen im zeitlichen Ablauf bei den Aussagen mehrerer Zeugen argumentiert. Anwohner wollen Schreie gehört haben, als Mohamed C. laut Staatsanwaltschaft bereits tot gewesen sein soll. G. hatte stets seine Unschuld beteuert.
Der Bundesgerichtshof zweifelt laut Hamdorf jedoch nicht den Tatablauf an, sondern nur die juristische Einordnung. „Der BGH trifft hier selbst kein Urteil, sondern verweist lediglich auf die nicht hinreichende Begründung“, sagt er. Das bedeute, dass in jedem Fall kein geringeres Strafmaß als die verhängten zehn Jahre für Nick G. herauskommen könne.
Verfahren muss vor einer anderen Kammer des Landgerichts von vorn beginnen
Das Verfahren hat der BGH an das Landgericht Lübeck zurücküberwiesen. Dort muss es vor einer anderen Kammer von vorn beginnen. Mutmaßlich müssen jedoch nicht alle Zeugen noch einmal aussagen, da der Tatablauf vom BGH nicht infrage gestellt wird. Laut Stephan Bahlmann, Sprecher des Landgerichts, soll das neue Verfahren voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen.