Bargteheide. Einspruch gegen Bußgeldbescheid für die Stadt. Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Urkundenunterdrückung und Manipulation.
Seit vergangenem Freitagabend ist nun also bekannt, was die Stadt Bargteheide der rechtswidrige Kahlschlag vom November 2020 zwischen Bornberg und Südring kosten wird. 40.000 Euro beträgt das durch den Kreis Stormarn verhängte Bußgeld, zuzüglich 2003 Euro an Gebühren und Auslagen. Damit hat die ahndende Behörde das mögliche Strafmaß von bis zu 50.000 Euro nicht ausgeschöpft. „Jeder einzelne Cent ist für die Stadt ein völlig unnötiger Verlust, von den Hunderten Bäumen, die der Aktion zum Opfer fielen, ganz zu schweigen“, sagt SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc. Der entstandene Schaden treffe Bargteheide nicht nur finanziell, auch ökologisch.
Gesamtschaden beläuft sich auf 60.000 Euro
Zwar ist die von der Unteren Forstbehörde angeordnete Wiederaufforstung inzwischen abgeschlossen. Doch wird es Jahrzehnte dauern, bis das wiederbegrünte Areal jene positiven Klimaeffekte entfalten kann wie vor dem folgenschweren Eingriff. Dessen Aufwand von rund 6000 Euro und die Kosten der Wiederaufforstung eingerechnet, summiert sich der entstandene finanzielle Schaden letztlich auf knapp 60.000 Euro. Geld, dass die Stadt angesichts ihrer Fülle von Aufgaben deutlich sinnvoller hätte einsetzen können.
Offenbar fühlt sich die Stadtverwaltung aber veranlasst, die Summe zu verringern. Man habe den Bescheid ausgewertet und am 17. Januar Einspruch erhoben, heißt es in einer offiziellen Mitteilung aus dem Rathaus. Auf Abendblatt-Nachfrage erklärte Stadtsprecher Alexander Wagner, die Begründung des Bußgeldbescheids werde ebenso in Zweifel gezogen wie die daraus resultierende Höhe des Bußgelds.
Pro Quadratmeter Waldfläche zehn Euro Strafe
„Ich will aber betonen, dass es nicht darum geht, die Ordnungswidrigkeit an sich zu bezweifeln“, so Wagner. Diese sei im Rahmen der von der Stadt abgegebenen Stellungnahme an den Kreis bereits im Oktober vergangenen Jahres zugegeben worden.
Der Kreis hatte bei der Bemessung der Geldbuße pro gerodeten Quadratmeter Waldfläche zehn Euro Geldbuße angesetzt. Nach Informationen unserer Redaktion will die Stadtverwaltung zudem infrage stellen, dass bei dem unerlaubten Kahlschlag Vorsatz und Vertuschung im Spiel gewesen sei.
Verstrickung der Verwaltungschefin weiter unklar
Tatsache ist, dass es im Zuge der Aufarbeitung des Falls sogar zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck gekommen ist. Nach einer Anzeige des Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Schleswig-Holstein war im März 2021 dem Verdacht der Urkundenunterdrückung und der Manipulation eines verfahrensrelevanten Dokuments in den Verwaltungsakten nachgegangen worden. Von einer öffentlichen Klageerhebung war letztlich abgesehen worden, weil im Gegenzug 1500 Euro an eine gemeinnützige Naturschutz-Stiftung gezahlt wurden.
Unterdessen hält die Diskussion um die Verstrickung der Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht weiter an. Noch immer leugnet sie eine Verbindung zwischen dem Projekt „urban gardening“ (Stadtgärtnern), das sie selbst forciert hat. Wie bereits berichtet, hatte Kruse-Gobrecht die Bewerbung für den Bundeswettbewerb „Naturstadt – Kommunen schaffen Vielfalt“ samt entsprechender Fördermittel selbst unterschrieben.
Festgesetztes Bußgeld in der Höhe nicht angemessen
Auf zehn Seiten war das Projekt nicht nur detailliert beschrieben worden. Anhand einer Fachdatenkarte ließ sich zudem eindeutig nachvollziehen, welche Fläche für das Stadtgärtnern vorgesehen war: Das (Kahlschlags-)Areal zwischen Bornberg und Südring. Alternative Flächen für das Projekt an anderen Standorten der Stadt suchte man in der Bewerbung hingegen vergeblich.
Dennoch hält Kruse-Gobrecht bis heute an ihrem Narrativ von einer Verkettung unglücklicher Umstände, Fehleinschätzungen und zwingend erforderlichen Eingriffen fest. Vorsatz und Vertuschung habe es nicht gegeben, weshalb das Bußgeld in der bislang festgesetzten Höhe auch nicht angemessen sei.
Fraktionen erwägen Sondersitzung der Stadtvertretung
CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck beurteilt das anders. „Ich gehe nicht davon aus, dass sich daran noch etwas ändert“, sagt der Erste Stadtrat. Er geht davon aus, dass das Urteil überlegt und wohl begründet ist. Der Versuch, den finanziellen Schaden für die Stadt zu reduzieren, sei zwar nachvollziehbar, die Aussicht auf Erfolg aber gering.
Laut zuverlässiger Quellen erwägen gleich mehrere Fraktionen, eine außerordentliche Sitzung der Stadtvertretung einzuberufen, um den Fall und die neuen Erkenntnisse ausführlich zu erörtern. Ob es dazu kommt, hängt möglicherweise vom Ausgang der Beratungen im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energie am Mittwoch, 2. Februar, ab.
Aussagen der Bürgermeisterin irreführend und falsch
Norbert Muras, Fraktionschef der Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB), wirft der Bürgermeisterin erneut eklatantes Versagen vor und die fortgesetzte Weigerung, Verantwortung zu übernehmen. „Viele ihrer Aussagen sind irreführend und falsch“, so Muras. Es habe keine Genehmigung für die Fällaktion vorgelegen und der stets bestrittene Zusammenhang mit dem Stadtgärtnern sei offensichtlich. Der Bauhof sei mitnichten allein verantwortlich und sämtliche Begründungen für den großflächigen Kahlschlag würden einer Überprüfung nicht standhalten. „Die Verwaltung wusste, dass es ein Wald war. Deshalb musste die Planung geheim gehalten werden, bis die Fläche freigeschlagen war“, so Muras.