Ahrensburg. Nach dem Erhalt der Rechnung melden sich viele Kunden. Fragen gibt es vor allem zum Grundstücksentgelt.
Die Rechnungen für die Müllentgelte 2021 haben viele Stormarner überrascht. Seit dem Verschicken haben sich Hunderte Kunden wegen Preiserhöhungen von teilweise bis zu 50 Prozent per E-Mail und an der kostenlosen Telefonhotline bei der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) gemeldet. Zwischen Reinbek im Süden und Reinfeld im Norden sind knapp 65.000 Grundstückseigentümer und einige Tausend Unternehmen zahlungspflichtig. Etliche Kunden fragen nach den Gründen für die Steigerungen. Häufig geht es dabei um den Posten „Grundstücksbezogenes Grundentgelt“, der sich von 75 Cent auf zwei Euro je Monat mehr als verdoppelt hat.
Über eine 29-prozentige Zusatzbelastung wundert sich Michael Niemann aus Witzhave. Seine Frau und er kompostieren selbst, bringen Altpapier zum Container und haben nur die Restmülltonne. Dafür zahlen sie gut 85 statt 65 Euro jährlich. „Das ist deutlich mehr, als wir erwartet hatten“, sagt Niemann. Die Berechnungen seien schwer nachvollziehbar. „Schon landesweit gibt es ja von Kreis zu Kreis erhebliche Unterschiede, jeder kalkuliert anders“, so Niemann.
Abholung von Sperrmüll und E-Schrott ist im Preis enthalten
Die AWSH, an der die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg zusammen 51 Prozent halten, hatte die erste deutliche Preissteigerung nach einer langen Phase von stabilen und sogar sinkenden Entgelten bereits im Herbst angekündigt. Als Hauptgründe wurden höhere Logistikkosten (unter anderem setzt der neue Entsorger mehr Personal und Fahrzeuge ein) sowie ein Preiseinbruch bei Wertstoffen (Altkleider und -holz, Kunststoffe) genannt. Die meisten Haushalte müssten jährlich 15 bis 20 Euro mehr zahlen, bei rund 5000 Tarifkombinationen könne es durchaus auch Abweichungen nach oben oder unten geben.
Die Parteien im Kreistag, der die Entgelte stets genehmigen muss, folgten der Argumentation einstimmig. Zudem bekam die AWSH für ihre ökologische und ökonomische Arbeit viel Lob. Das Unternehmen antwortet Kunden dann auch mit Verweis auf die nach wie vor günstigen Tarife. In einem eigenen Vergleich von 16 Kreisen im Norden habe man am besten abgeschnitten, so AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. „Außerdem liegt der Preis immer noch deutlich unter dem des Jahres 2002, als der Euro eingeführt wurde“, sagt er. Strom ist beispielsweise inzwischen doppelt so teuer.
Dreiköpfige Musterfamilie würde im Kreis Segeberg das Doppelte zahlen
Am verbreitetsten ist in Stormarn die Tonnenkombination für 60 Liter Rest- (grau), 80 Liter Biomüll (braun) und 240 Liter Altpapier (blau) in einer dreiköpfigen Familie. Deren Rechnung beträgt jetzt rund 118 statt zuvor 97 Euro. Würde sie im Nachbarkreis Segeberg wohnen, wären es dagegen 241 und in Hamburg 199 Euro. Der Preis decke nicht nur die regelmäßigen Leerungen ab, so die AWSH, sondern auch weitere Angebote: Sperrmüll und alte Elektrogeräte werden kostenfrei von zu Hause abgeholt, Schadstoffe eingesammelt, mittlerweile sieben Recyclinghöfe in Stormarn betrieben, Wertstoffcontainer aufgestellt, Weihnachtsbäume abgeholt und Beratung geboten.
Die deutliche Erhöhung beim „Grundstücksbezogenen Grundentgelt“, die für jeden Kunden 15 Euro im Jahr beträgt, erklärt die AWSH mit einem höheren Deckungsgrad der sogenannten Vorhaltekosten. Dazu zählen zum Beispiel die Aufwendungen der Recyclinghöfe für Grundstücks- und Gebäudeunterhaltung sowie Personal oder auch das Servicecenter und die Verwaltung. Diese fixen Kosten lassen sich nicht oder nur in Teilen der Inanspruchnahme einer konkreten Leistung zuordnen. Dies ist etwa beim Biomüll anders, wo die Gesamtkosten für einen Behälter im Wesentlichen von den Leerungs- und den Entsorgungskosten bestimmt werden.
Entwicklung für 2022 lässt sich noch nicht abschätzen
Der Kreis ist nicht gezwungen, die Vorhaltekosten komplett über Grundentgelte zu refinanzieren. Ein Teil darf auch über die Behälterpreise gedeckt werden. So wurden im Vorjahr lediglich rund 596.000 Euro der gesamten Vorhaltekosten von 2,84 Millionen Euro über grundstücksbezogene Grundentgelte refinanziert, was etwa 21 Prozent entsprach. Diese Quote steigert der Kreis in seiner Kalkulation für dieses Jahr auf 46 Prozent: Rund 1,5 von 3,3 Millionen Euro sollen so hereinkommen. „Würde der Kreis wie 2020 lediglich 596.000 Euro über die Grundentgelte refinanzieren, hätte dies eine Erhöhung der Kosten für die Restabfallbehälter um weitere acht bis zehn Prozent zur Folge“, sagt Olaf Stötefalke.
Ob die Entgelte 2022 erneut steigen, könne man zu diesem frühen Zeitpunkt nicht seriös beantworten. Das hänge auch von Faktoren wie Mengen- und Behälterentwicklungen ab. Absehbar ist allerdings, das nicht noch einmal 1,5 Millionen Euro aus der Rücklage genommen werden können. Stötefalke: „Im kommenden Jahr ist das in dem Umfang wahrscheinlich nicht mehr möglich.“
Der letzte gedruckte Abfallratgeber sollte die Ausgabe 2021 sein. Die AWSH kündigte an, die Produktion und Verteilung von rund 240.000 Broschüren an alle Haushalte künftig einzustellen. Das spare Ressourcen und diene dem Klimaschutz. Alle Infos sind auch auf der Homepage www.awsh.de zu finden.
Ältere Kunden finden das nicht gut. Viele hätten weder Internet noch Smartphone. Sie regen an, eine kleinere Auflage auf Recyclinghöfen oder in Rathäusern auszulegen.
„Über einen Ratgeber-light denken wir bereits nach“, sagt Unternehmenssprecher Olaf Stötefalke. Über die Form und die Wege, über die man das Heft beziehen könnte, werde man zu gegebener Zeit informieren.