Bargteheide. Kontroverse um neues Angebot: Fraktionen werfen dem Rathaus Einflussnahme auf politische Willensbildung vor und verweigern sich.
Die Forcierung eines Carsharing-Angebots für Bargteheide hat in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses zu einer weiteren Kontroverse zwischen der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik geführt. Während aus dem Rathaus eine „zeitnahe Ausschreibung“ gewünscht wird, bezweifeln mehrere Fraktionen, dass es dafür überhaupt einen politischen Auftrag gebe.
Carsharing könne das Verkehrsaufkommen verringern
„Dass durch Pressemitteilungen über Förderzusagen der Aktivregion Alsterland der Eindruck vermittelt werden soll, der Umweltausschuss würde in seiner Juni-Sitzung einen entsprechenden Beschluss fassen, ist für uns eine Vorwegnahme politischer Willensbildungsprozesse“, sagt Sven Meding (CDU). Bereits in der März-Sitzung der Stadtvertretung habe seine Fraktion darauf hingewiesen, dass es diesen Beschluss bislang nicht gebe. „Woher angesichts solch eines Vorgehens Vertrauen in die Verwaltung rühren soll, bleibt unklar“, so Meding.
Im Mai 2018 hatte Bargteheides Klimaschutzbeauftragte Ulrike Lenz das Projekt erstmals vorgestellt. Carsharing könne das Verkehrsaufkommen verringern, für alternative Antriebe werben, das Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs ergänzen und dadurch zu einem besseren Klimaschutz beitragen.
Private Anbieter im Interessenbekundungsverfahren gesucht
Vorbehaltlos dafür waren im Grunde nur die Grünen und der fraktionslose Einzelkandidat Klaus Mairhöfer. Aus den anderen Fraktionen hatte es indes von Beginn an Vorbehalte gegeben. Unter anderem deshalb, weil große Anbieter wie etwa car2go und DriveNow kein Interesse zeigten. Mit rund 16.000 Einwohnern sei Bargteheide schlicht zu klein und damit zu unattraktiv, um mit dem Angebot wirtschaftlich agieren zu können.
Daraufhin hatte die Stadtverwaltung in einem Interessenbekundungsverfahren private Anbieter für das Carsharing gesucht. Angeblich soll es vier Rückmeldungen gegeben haben. Tatsächlich präsentiert hatte sich im September 2019 aber nur ein Ford-Händler mit Sitz in Halstenbek im Kreis Pinneberg. Der allerdings ausdrücklich davon abriet, Fahrzeuge mit einem Hybrid- oder Elektromotor einzusetzen, da zu viele Nutzer mit diesen Antriebsvarianten Probleme hätten.
Differenz zwischen Einnahmen und Fixkosten sollte Stadt ausgleichen
Ein anderer Streitpunkt war die Finanzierung des Projekts. Laut Realisierungskonzept sollte die Stadt mindestens zwei Fahrzeuge anschaffen, einen Verbrenner und ein E-Mobil. Sie sollten vorrangig für Dienstfahrten genutzt werden um eine Basisauslastung der Fahrzeuge sicherstellen zu können, sowie von Bürgern, Gewerbekunden und Touristen bei Bedarf.
Die Differenz zwischen Einnahmen und Fixkosten sollte in den ersten drei Jahren die Stadt ausgleichen. Allerdings nur zu 45 Prozent, vorbehaltlich einer Förderzusage durch die Aktivregion Alsterland in Höhe von 55 Prozent. Überdies wollte die Verwaltung so genannte Ankerkunden gewinnen. Als potenzielle Partner gelten Unternehmer aus der Immobilienwirtschaft und der Altenpflege.
Förderung durch die Aktivregion Alsterland könne verschoben werden
Dennoch standen unter dem Strich Bereitstellungskosten für die Fahrzeuge von 10.200 Euro, sowie von bis zu 16.000 Euro für Marketingmaßnahmen pro Jahr im Raum, abzüglich einer Förderung durch die Aktivregion. Und die Gefahr, „dass das Angebot erst nach zwei bis drei Jahren wirklich wirtschaftlich ist“, wie Klimaschutzmanagerin Ulrike Lenz selbst einräumt.
„Vor dem Hintergrund der schwierigen Finanzlage muss die Frage erlaubt sein, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt für solch eine Initiative ist“, fragt SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc. Zumal er sicher sei, dass die Förderung durch die Aktivregion Alsterland durchaus auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden könne.
„Das kann nicht unwidersprochen hingenommen werden“
Für FDP-Fraktionschef Gorch-Hannis la Baume sind solche freiwilligen Investitionen angesichts der drohenden Kreditaufnahme im kommenden Jahr von bis zu 11,5 Millionen Euro überhaupt nicht darstellbar. „Wenn überhaupt, dann nur im investiven Bereich und ausgelegt als Wirtschaftsförderung für Bargteheider Unternehmen“, so der Liberale.
Er sieht sogar eine gezielte Einflussnahme auf kommunalpolitische Entscheidungen durch die Stadtverwaltung. La Baume: „Während Projekte wie die längst beschlossene Parkpalette am Bahnhof auf die lange Bank geschoben werden, forciert das Rathaus lieber solche Themen. Das kann nicht unwidersprochen hingenommen werden.“
P.S.: Einen Beschluss zum Carsharing hat es auch diesmal nicht gegeben.