Elmenhorst. Neuvergabe Bio- und Restmüllabfuhr in Stormarn und Lauenburg sei ohne Einsprüche geblieben. Neuem Logistiker fehlen 31 Fahrzeuge.
Die negativen Schlagzeilen aus dem Frühjahr und Sommer 2018 hingen noch immer wie eine dunkle Wolke über der Pressekonferenz im Hauptquartier der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) in Elmenhorst/Lanken. Nach mehreren kritischen Medienberichten zur Neuvergabe der Bio- und Restmüllabfuhr in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg sahen sich Aufsichtsrat und Geschäftsführung der AWSH zu umfangreichen Erklärungen hinsichtlich des Ausgangs der Ausschreibung veranlasst. Ohne letztlich alle Fragen erschöpfend klären zu können.
Ähnliche Situation wie 2018 sollte vermieden werden
„Erklärtes Ziel ist, dass sich eine ähnliche Situation wie Mitte 2018 unter keinen Umständen wiederholen darf“, so Stormarns Landrat Henning Görtz, der zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats der AWSH ist. Seinerzeit habe es massive Anfeindungen nicht nur gegenüber Fahrern und Ladern des Logistikers Grabau aus Geesthacht (GEG) gegeben, sondern auch gegenüber Mitarbeitern der AWSH und der Kreisverwaltungen in Bad Oldesloe und Ratzeburg. Wie bereits berichtet, war es zwischen März und Juli 2018 aus personellen Gründen in beiden Kreisen über mehrere Monate zu erheblichen Problemen bei der Bio- und Restmüllabfuhr gekommen. Nach dem Einsatz zusätzlicher Müllwerker und Fahrzeuge anderer Dienstleister hatte sich die Lage erst im Laufe des Augusts wieder normalisiert.
„Daraufhin hat der Aufsichtsrat am 25. September 2018 beschlossen, den Vertrag mit Grabau nicht zu verlängern“, so Görtz. In der Folgezeit seien dann zwischen den Kreisen mehrere Abfuhr-Szenarien diskutiert worden. Allerdings hätten sich die beiden Hauptgesellschafter weder auf ein Public-Private-Partnership-Modell verständigen können, noch darauf, die Abfuhr künftig von der AWSH selbst erledigen zu lassen.
Görtz: „Ausschreibung war große Gratwanderung“
„So blieb als letzte Option nur eine europaweite Neuausschreibung, die für uns aber nicht die erste Wahl war“, sagt AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. Veröffentlicht wurde sie schließlich am 21. August 2019. Zu den Eignungskriterien gehörten neben der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit auch ökologische Faktoren, Energieeffizienz und die branchenübliche Entlohnung der Müllwerker.
„Die Ausschreibung war eine große Gratwanderung“, sagt Görtz. Sie sei so abgefasst gewesen, dass sich möglichst viele Unternehmen beteiligen, aber niemand von vornherein ausgeschlossen werde. „Das ist uns offenbar gelungen. Sechs Bieter haben Angebote abgegeben. Außerdem hat es weder bei Veröffentlichung noch nach Ablauf der Angebotsfrist und Verkündung des Ergebnisses irgendwelche Einsprüche und Rügen gegeben“, so der Aufsichtsratsvorsitzende.
Bewerber mussten Mindestjahresumsätze nachweisen
Dass es ein „diskriminierungsfreies Verfahren“ war, bestreitet Logistikexperte Beat Sanne indes noch immer. Um mitbieten zu können, mussten die Bewerber Mindestjahresumsätze nachweisen: bei der Bewerbung für einen Kreis vier Millionen Euro, für beide acht Millionen. „Dadurch konnte sich Grabau nur noch auf die Müllabfuhr in einem Kreis bewerben und auch keine Nachlässe gewähren, die nur bei einer Bewerbung für beide Landkreise möglich waren“, erklärt der Trittauer seine Zweifel.
Das alles sei der AWSH wohl bewusst gewesen, weil sie umfassenden Einblick in die finanzielle Lage des Logistikers aus Geesthacht habe, der ausschließlich für die AWSH tätig ist. Die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gegenüber seinem einseitig abhängigen Vertragspartners sei allerdings schon 2017 grob vernachlässigt worden, als dem Unternehmen plötzlich die Abfuhr weiterer 10.000 Biotonnen aufgebürdet wurde. „Dass dieser Auftrag die Firma an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und darüber hinaus führen würde, war absehbar und im Grunde unverantwortlich“, so Sanne. Die Spätfolgen hätten sich dann 2018 deutlich manifestiert. So gesehen sei es keineswegs überraschend, dass sich mit der Buhck-Tochter Damm ein deutlich potenteres Unternehmen durchgesetzt habe, das für beide Kreise bieten konnte. Das erspare nicht zuletzt viel Verwaltungsaufwand.
Damm will Abfuhrauftrag zu 100 Prozent weitergeben
Für rechtlich bedenklich hält Sanne, der selbst Geschäftsführer eines Logistikunternehmens und viele Jahre Dozent an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin war, allerdings die Ankündigung, den neuen Abfuhrauftrag zu 100 Prozent an die erst am 21. Juli dieses Jahres gegründete Damm Entsorgung Südholstein (DESH) weiterzugeben: „Laut Verfahrensleitfaden hätte Damm Subunternehmer spätestens bei der Angebotsauswertung benennen müssen.“ Das ist nach Aussage des AWSH-Sprechers Stötefalke allerdings erst am 25. September erfolgt. Folglich konnte die von der AWSH beauftragte Firma Econum gar nicht prüfen, ob die neue Gesellschaft über die in der Ausschreibung geforderten Eignungsnachweise und Zulassungszertifikate verfügt.
Laut Damm-Prokurist Thomas Buhck will die DESH rund 100 Mitarbeiter und 34 nagelneue und hochmoderne Fahrzeuge für die Bio- und Restmüllabfuhr in beiden Kreisen einsetzen und dafür insgesamt sechs Millionen Euro investieren. Auf die Frage, wie viele Sammelfahrzeuge denn schon geliefert worden seien, antwortete Buhck: „Drei.“ Er sei aber optimistisch, dass bis zum Jahresende die restlichen 31 auf dem neuen Betriebshof in Elmenhorst/Lanken stehen werden. Das habe der Lieferant zugesagt, trotz Corona-Krise. Bleiben also noch zwölf Wochen, um für den Start am 1. Januar gerüstet zu sein.