Bad Oldesloe. Ab Januar 2021 sollen Rest- und Bioabfall vom Unternehmen Damm entsorgt werden. Im Kreistag wurden Zweifel an dessen Eignung laut.

Nach mehrfachen Problemen bei der Abfuhr von Bio- und Restmüll hat die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH), die die Entsorgung in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg organisiert, einen neuen Logistiker verpflichtet. Den Zuschlag erhielt, wie berichtet, die Willi Damm GmbH Co. KG mit Sitz in Grambek. Ein Wechsel, der laut Beat Sanne, einem ehemaligen Manager und Unternehmensberater im Bereich Logistik, etliche Fragen aufwirft. „Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Müllabfuhr damit künftig frei von Mängeln und Problemen erfolgen wird“, sagt der Trittauer.

28 Fahrzeuge und mehr als 70 Beschäftigte im Einsatz

Seit 2015 organisiert die Grabau Entsorgung GmbH (GEG) mit Sitz in Geesthacht die Abfuhr von Bio- und Restmüll in beiden Kreisen. Zuvor zeichnete sie bereits für die Entsorgung im Herzogtum verantwortlich und hatte 2014 dann auch eine europaweite Ausschreibung für den Kreis Stormarn gewonnen.

Um die Auflagen der Ausschreibung erfüllen zu können, stellte das inhabergeführte Familienunternehmen GEG seinerzeit nicht nur 35 Mitarbeiter zusätzlich ein. Außerdem waren 24 neue Müllfahrzeuge zum Stückpreis von 180.000 Euro angeschafft worden, die die strengere Euro-6-Norm erfüllten. Insgesamt waren laut GEG 28 Sammelfahrzeuge und mehr als 70 Beschäftigte im Einsatz.

Geschäftsführer entschuldigte sich öffentlich

Dennoch ist es bereits 2018 in beiden Kreisen zu erheblichen Schwierigkeiten gekommen. Über mehrere Monate zwischen März und September erfolgte die Abfuhr unregelmäßig. Termine wurden entweder verschoben oder sind gänzlich ausgefallen. Ursächlich dafür waren laut GEG erhebliche Personalprobleme durch Krankheit und Abwanderung.

Daraufhin sah sich AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel zu einer umfangreichen öffentlichen Entschuldigung veranlasst. Zudem waren Gutscheine ausgegeben worden. Sie berechtigten Kunden zur kostenlosen Anlieferung von einem Kubikmeter Gartenabfall und bis 500 Litern Restmüll in den Recyclinghöfen beider Kreise. Die Probleme konnten letztlich nur behoben werden, weil die AWSH zusätzliche Fahrzeuge und Personal von anderen Dienstleistern der Branche anforderte und sogar eigene Mitarbeiter einsetzte.

Die Wellen der Empörung schlugen hoch

Im März dieses Jahres gab es dann erneut Schwierigkeiten. In den Monaten März und April sind Restmüll- und der Bioabfallbehälter bis zu 240 Liter Größe jeweils einmal nicht abgeholt worden. Diesmal waren als Gründe unter anderem coronabedingte Personalausfälle bei der Entsorgungsfirma Grabau und fehlende Ersatzteile für die Sammelfahrzeuge genannt worden.

Obwohl sich die Abfuhrprobleme diesmal in Grenzen hielten, schlugen die Wellen der Empörung nicht minder hoch. Die Aggressivität in E-Mails und Telefonaten habe spürbar zugenommen, bestätigte AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke unserer Redaktion. „Der Verzicht auf einige Leistungen bei der Abfallentsorgung scheint vielen schwerzufallen“, konstatierte Landrat Henning Görtz. Stefanie Conte, Prokuristin der Firma Grabau, berichtete gar von blankem Hass: „Unsere Mitarbeiter sind beschimpft, bepöbelt und sogar bespuckt worden“.

AWSH baut gerade einen neuen Betriebshof

„Die Firma Damm gehört zur Buhck-Gruppe, die seit vielen Jahren Erfahrung in der Abfallsammlung hat“, sagt Olaf Stötefalke, Prokurist Abfallwirtschaft Südholstein.
„Die Firma Damm gehört zur Buhck-Gruppe, die seit vielen Jahren Erfahrung in der Abfallsammlung hat“, sagt Olaf Stötefalke, Prokurist Abfallwirtschaft Südholstein. © Marcus Jürgensen

Nach all diesen Querelen hat die AWSH die Bio- und Restmüllabfuhr neu ausgeschrieben. „An der Bewerbung haben sich insgesamt sechs Unternehmen beteiligt“, sagt Stötefalke, der bei der AWSH zugleich als Prokurist agiert. Letztlich habe sich die Firma Damm durchgesetzt. Sie wolle künftig insgesamt 34 Fahrzeuge für die Leerung der Bio- und Restmülltonnen sowie die Unterflursysteme einsetzen.

Beat Sanne, der unter anderem Dozent für Logistik an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin war, wundert sich über die Entscheidung für die Firma Damm. „Meines Wissens hat sie in diesem Segment bislang keinerlei Erfahrung und allenfalls mal ausgeholfen, als die AWSH unter anderem 2018 dringend Hilfe angefordert hatte“, so der Experte. Stötefalke bestreitet das. „Die Firma Damm gehört zur Buhck-Gruppe. Sie ist seit vielen Jahren in der Abfallsammlung tätig, etwa für die Gelben Säcke und die Wertstofftonnen. Und sie hat auch für uns bereits Rest- und Bioabfallbehälter geleert“, so der AWSH-Sprecher.

Nach Informationen unserer Redaktion wird die Entsorgung künftig aber nicht von der Willi Damm GmbH Co. KG abgewickelt, sondern von der erst am 21. Juli dieses Jahres gegründeten Damm Entsorgung Südholstein GmbH Co. KG (DESH) mit Sitz in Grambek. Und einem Betriebsstandort in Elmenhorst-Lanken, der dort bislang aber gar nicht existiere. Stattdessen baut die AWSH dort gerade einen neuen Betriebshof, den sie dem neuen Logistiker vermieten will.

Verdacht auf Lohndumping bei neuer Entsorgungsfirma

Fragwürdig ist zudem, zu welchen Konditionen die eilig neu gegründete DESH das benötigte Personal akquiriert. So sind Grabau-Mitarbeitern angeblich Übernahmeangebote offeriert worden, die deutlich unter ihren bisherigen Bezügen liegen sollen. Von Einkommenseinbußen von bis zu 584 Euro und dem Verlust von Urlaubstagen ist die Rede. Und statt eines Monatslohns soll überdies auf Stundenlohn umgestellt werden. Vom Verlust des Kündigungsschutzes durch eine erneute Probezeit von sechs Monaten ganz zu schweigen.

War es angesichts dieser ganzen Ungereimtheiten richtig, der Firma Damm den Zuschlag für die Bio- und Restmüllabfuhr zu übertragen? Diese Frage stellte Beat Sanne am Freitag jetzt auch in der Einwohnerfragestunde des Kreistags. „Es war ein öffentliches Ausschreibungsverfahren, an dem sich jeder beteiligen konnte. Das beste Angebot hat sich durchgesetzt“, antwortete ihm Landrat Henning Görtz. Mehr wollte er an diesem Abend mit dem Verweis auf Vertragsinternas und die Wahrung von Persönlichkeitsrechten nicht sagen. Doch einige Fragen sind noch offen geblieben.