Ahrensburg. Diskussion um Gewächs führt bis vor das schleswig-holsteinische Verwaltungsgericht. Grund für die Aufregung ist der Rückschnitt.
„Als das Schreiben vom Bauamt kam, haben wir geglaubt, die wollen uns auf den Arm nehmen“, sagt Wilhelm Senftleben. Der 78-Jährige und seine Ehefrau Margitta stehen vor ihren Grundstück an der Roonallee in Ahrensburg.
Hinter ihnen schützt eine dichte Buchenhecke den Vorgarten vor neugierigen Blicken. Das Gewächs ist Gegenstand eines Streits zwischen dem Ehepaar Senftleben und der Ahrensburger Stadtverwaltung, der die Eheleute bis vor das schleswig-holsteinische Verwaltungsgericht geführt hat.
Der geforderte Rückschnitt sei unverhältnismäßig
Der Grund: Das Bauamt fordert die Eheleute auf, die Hecke zurückzuschneiden, sieht die Verkehrssicherheit auf dem angrenzenden Fußweg gefährdet. Margitta und Wilhelm Senftleben können das nicht nachvollziehen.
„Die Hecke ragt nur einige Zentimeter über den unbefestigten Sandstreifen zwischen Gehweg und Zaun, der gepflasterte Bereich ist vollkommen frei“, sagt Wilhelm Senftleben. „Und wenige Meter weiter vor dem Nachbargrundstück steht ein Stromverteilerkasten genau auf dem Weg, der keinen stört.“
„In dem Umfang, wie die Stadt ihn fordert, ist der Rückschnitt vollkommen unverhältnismäßig“, sagt Wilhelm Senftleben und spricht von „Unfug“ und „reiner Schikane.“ Die Eheleute befürchten, dass die Hecke den Beschnitt nicht überlebt. „Wir sprechen hier von der halben Dicke, die weg müsste, um die Hecke bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden.“, sagt der studierte Jurist.
Der Streit hat eine vor zehn Jahren beginnende Vorgeschichte
Wilhelm Senftleben: „Und jetzt wird es kurios: In demselben Brief mit der Aufforderung, die Hecke zurückzuschneiden, weist das Bauamt darauf hin, dass wir die Hecke laut Bundesnaturschutzgesetz zurzeit gar nicht beschneiden dürfen.“ Demnach dürfen Gewächse zwischen dem 1. März und dem 30. September „nicht abgeschnitten oder auf Stock gesetzt“ werden. Senftleben ist genervt: „Wie kann dieselbe Behörde den Rückschnitt verlangen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass der derzeit gar nicht erlaubt ist?“
Der Streit hat eine Vorgeschichte: Schon vor zehn Jahren hatte das Ehepaar wegen der Hecke eine Beschwerde aus dem Rathaus erhalten. Die Begründung war dieselbe wie jetzt: Die Hecke gefährde den öffentlichen Verkehr auf dem angrenzenden Bürgersteig. Schon damals stieß das Bauamt bei den Senftlebens auf Unverständnis.
„Die Buchenhecke gab es in dieser Form schon, als wir 1987 hier eingezogen sind“, sagt Margitta Senftleben. Mehr als 20 Jahre habe sich niemand daran gestört. „Warum sie plötzlich als Problem angesehen wurde, ist mir schleierhaft“, so die 72-Jährige. Wilhelm Senftleben hakte im Rathaus nach. „Eine Auskunft bekam ich nicht“, sagt er.
Es habe monatelang Funkstille geherrscht
Stattdessen habe er nie wieder etwas zu dem Fall gehört. „Bis Oktober 2019“, so Senftleben. „Da bekamen wir erneut ein Schreiben, in dem es hieß, Gehölze auf unserem Grundstück ragten in den öffentlichen Verkehrsraum und müssten zurückgeschnitten werden“, erzählt Margitta Senftleben dem Abendblatt. Die Eheleute sollten die Hecke bis zum 28. Oktober bis zum Zaun zurückschneiden. Margitta Senftleben: „Es wurde eine Nachkontrolle angekündigt.“ Die Eheleute kamen dem nicht nach.
Es habe monatelang Funkstille geherrscht. „Erst im Februar haben wir wieder Post aus dem Rathaus bekommen“, sagt Wilhelm Senftleben. In dem Schreiben habe die Stadtverwaltung die Eheleute ultimativ aufgefordert, die Hecke bis zum 16. März zu beschneiden.
„Andernfalls, so wurde es uns angedroht, würde die Stadt den Rückschnitt vornehmen und uns dafür 110 Euro pro Arbeitsstunde und zusätzlich 25 Euro je Kubikmeter zu beseitigendes Schnittgut in Rechnung stellen.“ Außerdem habe das Bauamt darauf hingewiesen, dass es sich bei einer Weigerung um eine Ordnungswidrigkeit handele, die mit einer Geldbuße von 511 Euro geahndet werde.
Eigentümer wollen beim Verwaltungsgericht klagen
In demselbem Schreiben habe auch der Hinweis auf das Beschneidungsverbot nach dem Bundesnaturschutzgesetz gestanden. Wilhelm Senftleben: „Auf Nachfrage wurde uns mitgeteilt, das Gesetz greife in diesem Fall nicht, schonende Form- und Pflegeschnitte seien erlaubt.“ Neue Triebe dürfe man also kappen. Senftleben kann diese Argumentation nicht nachvollziehen, sagt: „Bei dem, was die Stadt fordert, wäre die halbe Hecke weg.“
Das wollen die Senftlebens nicht akzeptieren, haben Widerspruch gegen den Verwaltungsakt eingelegt und eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht in Schleswig beantragt, um zu verhindern, dass die Stadt die Hecke beschneidet. Wilhelm Senftleben: „Jetzt hat die Verwaltung erklärt, auf den Rückschnitt zu verzichten, bis der Fall geklärt ist. Falls die Stadt bei ihrer Auffassung bleibt, werden wir klagen, dann muss das Gericht entscheiden, ob die Hecke so bleiben darf“, sagt Wilhelm Senftleben.
Die Ahrensburger Verwaltung wollte sich auf Abendblatt-Anfrage dazu nicht äußern. Stadtsprecher Fabian Dorow sagt: „Mit Rücksicht auf das laufende Verfahren gibt die Verwaltung zurzeit keine Auskunft zu dem Fall.“