Ahrensburg. Gegner und Befürworter des Tiefgaragen-Projekts attackieren sich gegenseitig. FDP und Linke unterstellen der Verwaltung Manipulation.

Es ist 23.40 Uhr in der Nacht zu Dienstag, als Ahrensburgs Stadtverordnete nach fast vierstündiger Debatte zwei zentrale Entscheidungen zum Thema Parken treffen: Sie sprechen sich mit Stimmen von CDU, Grünen und Wählergemeinschaft WAB für eine Tiefgarage unter dem Stormarnplatz aus und gemeinsam mit der FDP für den Bau eines provisorischen Parkplatzes hinter dem Rathaus. Zuvor sorgten verbale Entgleisungen für einen Eklat.

Garage wird erst gebaut, wenn Gebäude an Alter Reitbahn steht

Die Entscheidung bedeutet: Die Verwaltung wird nun einen Ideenwettbewerb für eine Tiefgarage mit 240 Stellplätzen, einen urbanen Stadtpark samt Skateranlage und einen Rathausanbau auf dem Stormarnplatz ausloben. Wenn die Ergebnisse vorliegen, stimmen die Politiker darüber ab, ob sie die Tiefgarage auf diese Weise bauen wollen. Fest steht schon jetzt, dass ein Baubeginn erst nach dem Ende der Arbeiten an der Alten Reitbahn erfolgen würde. In der Übergangszeit soll an derselben Stelle ein provisorischer Parkplatz für 121 Autos errichtet werden.

Die Einfahrt erfolgt über Stormarnstraße und Klaus-Groth-Straße, die Ausfahrt nur über Letztere. Auf Antrag der CDU, der mit einer knappen Mehrheit von 19:17 Stimmen angenommen wurde, soll der Parkplatz möglichst noch vor Beginn der Bauarbeiten an der Hamburger Straße errichtet werden. Wie berichtet, will der Versorger Hamburg Wasser im September dieses Jahres mit der Erneuerung der Wasserleitung beginnen, die Straße wird dann zunächst für drei Monate gesperrt.

Bürgervorsteher Wilde verurteilt „Hetze gegen Stadtverordnete“

Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach (l.) und Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU).
Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach (l.) und Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU). © Roland Magunia | Roland Magunia

Mit einer Schweigeminute für die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau hatte Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU) die Sitzung um 19.30 Uhr eröffnet. Anschließend richtete er mahnende Worte an die Öffentlichkeit, berichtete von einem anonymen Brief und Hetze im Internet, bei der die Grenze des Zumutbaren erreicht worden sei. „Ich verurteile die Wortwahl aufs Schärfste und stelle mich schützend vor die Stadtverordneten“, sagte er, ohne Details zu nennen.

Es folgte eine gut einstündige Einwohnerfragestunde, in der sich fast alles um das Thema Parkplätze drehte. Mehrere Kaufleute waren zur Sitzung gekommen, um ihren Unmut über die aktuellen Pläne zu äußern. „Gibt es irgendwo eine Tiefgarage, auf der sich ein urbaner Park befindet?“, fragte Juwelier Andreas Werning. „Ich kann mir das nicht vorstellen.“ Um dort Bäume zu pflanzen, müsste die Garage seiner Ansicht nach viel tiefer unter die Erde verlegt werden. „Dadurch wird es teurer“, so Werning. Ein Ingenieurbüro schätzt die Netto-Kosten auf 6,9 Millionen Euro. Bauamtsleiter Peter Kania verwies auf die belgische Küstenstadt Ostende, in der eine Tiefgarage mit mehreren Tausend Stellplätzen in eine Dünenlandschaft eingebaut sei.

Kaufhaus-Geschäftsführer stellt Zahlen der Verwaltung infrage

Stefan Skowronnek, Geschäftsführer des Kaufhauses Nessler, stellte die Berechnungen der Verwaltung infrage. „Die Tiefgarage soll erst nach der Alten Reitbahn gebaut werden, also in ein paar Jahren“, sagte er. „Die Baukosten werden in der Zeit steigen.“ Zum Hintergrund: Kaufhaus-Inhaber Matthias Timm möchte das von SPD, FDP und Linken favorisierte Parkhaus am südwestlichen Ende des Stormarnplatzes auf eigene Kosten bauen und betreiben.

Anwohnerin fordert weniger Autos in Ahrensburgs Innenstadt

Es gab aber auch andere Meinungen. „Viele Städte planen inzwischen den Verkehr aus der Stadt heraus, aber wir planen die Autos ins Zentrum hinein – warum?“, fragte eine Anwohnerin der Klaus-Groth-Straße. „Die Geschäfte gehen doch nicht pleite davon, wenn die Autos außerhalb parken.“ Auch eine ältere Ahrensburgerin meldete sich zu Wort, fragte: „Wollen wir nicht weniger Autos und weniger Parkplätze?“

CDU-Chef wertet weiteres Parkhaus als „Verschandelung der City“

Kritik gab es auch vom Kinder- und Jugendbeirat sowie dem Juki 42. Ein Vertreter des Jugendzentrums bezeichnete es als „unverzeihlich, eine gut genutzte Grünfläche durch einen Parkplatz unbenutzbar zu machen“. Das sei ein Schlag ins Gesicht für die Jugendlichen und für die Senioren aus dem Peter-Rantzau-Haus, die dort gern entspannen wollten. Es folgte eine hitzige Diskussion der Stadtverordneten mit gegenseitigen Lügenvorwürfen sowie Unterstellungen an die Verwaltung. Die Argumente der Fraktionen waren im Wesentlichen nicht neu. CDU, Grüne und WAB warben für die Tiefgarage, weil mit einem Parkhaus „die Verschandelung der Innenstadt beginnt“, wie CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen sagte. Er sprach von einem „Monstrum, das nicht in die Stadt passt“ und stellte in Aussicht, dass es auch für die Garage einen Investor geben könnte.

Kaufleute begleiten Aussagen des Bürgermeisters mit Gelächter

SPD, FDP und Linke sprachen sich für ein Parkhaus aus, „weil wir es in Systembauweise für kostengünstiger halten“, wie Bela Randschau (SPD) sagte. Eine Tiefgarage sei nicht rückbaubar, verursache Folgekosten und verschandele eine Grünfläche, auf der eigentlich „ein richtiger Stadtpark“ entstehen solle, so Randschau. Immer wieder erhielten SPD, FDP und Linke für ihre Redebeiträge Applaus, Bürgervorsteher Wilde mahnte mehrfach zur Ruhe. Aussagen von Bürgermeister Michael Sarach oder Bauamtsleiter Peter Kania wurden von Kaufleuten mit höhnischen Kommentaren oder Gelächter quittiert.

WAB-Chef spricht von „Sumpf persönlicher Diffamierungen“

Detlef Levenhagen appellierte an SPD und FDP, „ein bisschen bei der Wahrheit zu bleiben“. Peter Egan (WAB) wandte sich direkt an FDP-Mann Wolfgang Schäfer, der in einem Beitrag in einem kostenlosen Anzeigenblatt WAB, CDU, Grüne und den Bürgermeister scharf angegriffen hatte. „Du unterstellst uns bewusst, dass wir Schäden für die Bürger verursachen würden“, sagte Egan. „Damit begibst du dich in den Sumpf der persönlichen Diffamierung. Komm wieder zurück, wir sind keine Schädlinge!“

„Amok im Rathaus“: FDP-Chef vergreift sich im Ton. Grüner empört

Erik Schrader (Linke) griff die Verwaltung an. Sie habe die Alternative Parkhaus „auf manipulative Weise teuer gerechnet“. „Ich vertraue der Verwaltung bei diesem Thema keinen einzigen Zentimeter“, sagte Thomas Bellizzi (FDP). „Sie spielt mit gezinkten Zahlen. Die Tiefgarage wurde mit der Zeit immer günstiger, das Parkhaus immer teurer.“ Er frage sich, ob das am Kopf der Verwaltung liege. „Oder läuft hier ein Sachbearbeiter Amok?“ Benjamin Stukenberg (Grüne) sprang angesichts dieser Wortwahl empört von seinem Stuhl auf, rannte zu Bellizzi, woraufhin dieser erklärte: „Ja, das Wort ,Amok’ nehme ich zurück, aber alles andere nicht.“

Stadtverordneter fordert seine Kollegen zu mehr Respekt auf

Benjamin Stukenberg (Grüne) forderte die Stadtverordneten zu mehr gegenseitigem Respekt auf, sagte: „Wir machen das hier alle ehrenamtlich und sollten freundlicher miteinander umgehen.“
Benjamin Stukenberg (Grüne) forderte die Stadtverordneten zu mehr gegenseitigem Respekt auf, sagte: „Wir machen das hier alle ehrenamtlich und sollten freundlicher miteinander umgehen.“ © Bündnis 90 / Die Grünen | HA

Bereits zuvor hatte der Grünen-Politiker mahnende Worte an die Stadtverordneten gerichtet, nachdem Bellizzi WAB und CDU vorgeworfen hatte, bei der Zahl der Parkplätze zu lügen. „Ich finde den Umgang untereinander absolut erschreckend, die gegenseitigen Vorhaltungen“, so Stukenberg. „Wir machen das hier alle ehrenamtlich und sollten freundlicher miteinander umgehen.“