Ahrensburg. Rund 5000 Wohnungen befinden sich in Ahrensburg in einem Sanierungsgebiet. Dort müssen sämtliche Kaufverträge genehmigt werden.

Der Kaufvertrag war bereits fertig: Für eine Maisonettewohnung in der Ahrensburger Innenstadt hatten Käufer und Verkäufer sich auf einen Preis von 410.000 Euro geeinigt. Doch im letzten Moment scheiterte der Deal. Der Grund: Die Stadtverwaltung legte wegen der Höhe des ausgehandelten Kaufpreises ihr Veto ein.

Gutachterausschuss des Kreises bewertet die Preise in Stormarn

Der zuständige Gutachterausschuss des Kreises hatte berechnet, dass die Immobilie nur einen Wert von 310.000 Euro habe. Deshalb dürfe der Eigentümer nicht so viel mehr verlangen, hieß es aus dem Rathaus. „Ich war ziemlich konsterniert“, sagt der Kaufinteressent, der anonym bleiben möchte. Und weiter: „Der Preis war meiner Ansicht nach für die Lage und Wohnung völlig angemessen. Es kann doch nicht sein, dass die Preise in Ahrensburg künstlich niedrig gehalten werden.“

Diese Grafik verdeutlicht, in welchen Ahrensburger Gebieten die Stadt Einfluss auf die Verkaufspreise nehmen muss.
Diese Grafik verdeutlicht, in welchen Ahrensburger Gebieten die Stadt Einfluss auf die Verkaufspreise nehmen muss. © Frank Hasse

Was steckt dahinter? Das Bauamt hat seit eineinhalb Jahren ein Mitspracherecht bei Grundstücksverkäufen im Zentrum. Die Stadtverordneten haben 2018 ein etwa 60 Hektar großes Sanierungsgebiet (siehe Grafik) festgelegt. Auf diesem Areal zwischen Bahnhof und Schloss sollen innerhalb von 15 Jahren 60 Projekte für rund 76 Millionen Euro realisiert werden. Die Innenstadt soll dadurch aufgewertet werden. Finanziert wird das Vorhaben mit Geld aus dem Programm Städtebauförderung: Bund, Land und Stadt übernehmen jeweils ein Drittel der Kosten.

In Ahrensburg liegen etwa 1000 Flurstücke im Sanierungsgebiet

Konkret geht es um rund 1000 Flurstücke. Durch Mehrfamilienhäuser und Wohnblöcke liegt die Zahl der betroffenen Eigentümer bei etwa 5000. Für sie gelten wegen der Zugehörigkeit zum Sanierungsgebiet besondere Vorschriften, die im Baugesetzbuch festgeschrieben sind. So müssen sie sich nach Paragraf 153 zum Beispiel eine „sanierungsrechtliche Genehmigung“ einholen, wenn sie ihre Immobilie verkaufen wollen. „Der Gesetzgeber will damit Spekulationen entgegenwirken“, sagt der zuständige Rathausmitarbeiter Kay Renner.

Die im Rathaus vorgelegten Kaufpreise werden vom Gutachterausschuss des Kreises Stormarn geprüft. An dem Ergebnis muss sich die Stadtverwaltung, die auch eine eigene Berechnung vornimmt, orientieren. „Wir haben die Möglichkeit, eine 20-prozentige Konjunkturzulage oben drauf zu rechnen“, sagt Renner. Ein weiterer Spielraum von fünf bis sieben Prozent ergebe sich durch Urteile des Oberverwaltungsgerichts.

Das bedeutet: Für eine Wohnung im Wert von 100.000 Euro dürfe die Verwaltung Kaufpreise bis maximal 127.000 Euro genehmigen. Diese Spanne schöpfe sie in der Regel auch aus. „Unser Ziel ist es nicht, sämtliche Verkäufe zu unterbinden“, betont Kay Renner. „Wir versuchen immer, Lösungen zu finden. Wenn der Preis deutlich zu hoch ist, haben wir aber rechtlich keine andere Wahl, als die Genehmigung zu verweigern.“

Das Verfahren hat vor allem Vorteile für die Käufer

Bisher habe es nur einen und zwar den anfangs genannten Fall gegeben, bei dem das Bauamt ein Veto einlegen musste. Bei allen anderen Kaufverträgen habe es das erforderliche Siegel für das Grundbuchamt gegeben. Im vergangenen Jahr sei das rund 30 Mal geschehen, 2018 etwa zehn bis 15 Mal. „Für die Käufer hat das Verfahren Vorteile, weil die Preise nicht ins Unermessliche steigen können“, sagt Renner.

Auch neue Miet- und Pachtverträge für einen Zeitraum von länger als einem Jahr sind im Sanierungsgebiet genehmigungspflichtig. Hintergrund ist auch hier, dass die Preise nicht künstlich in die Höhe getrieben werden sollen. Genehmigungen sind darüber hinaus für Bauvorhaben, Modernisierungen, die Teilung eines Grundstückes und die Aufnahme von Hypotheken erforderlich.

Eigentümer müssen für Wertsteigerung zahlen

Die Eigentümer müssen zudem Ausgleichszahlungen für die Wertsteigerung leisten, die ihre Grundstücke durch die Sanierung erfahren – allerdings nur, wenn ein Projekt direkt vor ihrer Haustür realisiert wird. „Wir berechnen maximal fünf Prozent“, sagt Renner. Das heißt: Steigt der Bodenwert um 100 Euro pro Quadratmeter, muss der Eigentümer eines 400-Quadratmeter-Grundstücks 2000 Euro an die Stadt zahlen.

Das Sanierungsgebiet gilt seit 5. Juni 2018 und ist laut Renner zunächst für 15 Jahre festgelegt, also bis 2033. „Ich glaube aber nicht, dass wir in dieser Zeit alle geplanten Maßnahmen umsetzen können“, sagt der Stadtplaner. „Voraussichtlich müssen wir die Dauer auf 20 bis 25 Jahre verlängern.“

In Bad Oldesloe gibt es ein Sanierungsgebiet im Süden der Innenstadt

Ahrensburg ist nicht die einzige Stadt in Stormarn, die derzeit ein Sanierungsgebiet ausgewiesen hat. In Bad Oldesloe gibt es in der südlichen Innenstadt bereits seit 2009 ein solches Areal – zwischen Bahnhof und dem Eingang zur Fußgängerzone an der Besttorstraße. Dort gelten dieselben rechtlichen Vorschriften wie in Ahrensburg.

Das Gebiet in Bad Oldesloe ist 30 Hektar groß und schließt den Alten Friedhof sowie einen Teil des Kurparks ein. Im Süden reicht es bis zur Kreuzung Sülzberg/Mommsenstraße/Pölitzer Weg. Betroffen sind dort mehr als 350 Grundeigentümer.

In Reinfeld gibt es bereits seit Herbst 2006 das Sanierungsgebiet „Am Herrenteich/Claudius-Mühle“. 2011 wurde es nach Angaben der Stadtverwaltung um die zentrale Geschäftszone zwischen Matthias-Claudius-Kirche und dem Kreisverkehr am oberen Ende der Bahnhofstraße erweitert.

Bargteheide prüft Ausweisung eines Sanierungsgebiets

Bargteheide ist 2019 ins Städtebauförderprogramm aufgenommen worden, will 26 Maßnahmen in der Innenstadt umsetzen. „Wir befinden uns noch ganz am Anfang, beginnen in diesem Jahr erst mit der Vorplanung“, sagt Stadtsprecher Alexander Wagner.

120.000 Euro seien dafür vorgesehen. In diesem ersten Schritt werde auch geprüft, ob Bargteheide überhaupt ein Sanierungsgebiet ausweise. Bisher sei das in der Politik kein Thema gewesen. „Bei uns steht nicht die Sanierung, sondern die Ortsentwicklung im Mittelpunkt“, sagt Wagner, verweist auf Schwerpunkte wie Mobilität, Einzelhandelskonzept und die Neugestaltung des Bahnhofsumfelds.