Ahrensburg. Politik beschließt mit großer Mehrheit Neubau für 150.000 plus 15.000 Euro Jahres-Unterhalt. Steuerzahlerbund: „Immer noch zu teuer“
Ahrensburg bekommt eine neue barrierefreie Toilette. Das beschlossen die Stadtverordneten mit großer Mehrheit gegen die drei Stimmen der FDP-Fraktion auf ihrer jüngsten Sitzung. Die vom Bund der Steuerzahler 2016 als „Luxus-Klo“ verschriene Vorgänger-Bedürfnisanstalt vor dem Rathaus war zu Jahresbeginn abgebaut worden. Nach Verwaltungsangaben nutzten durchschnittlich nur zwei Bürger pro Tag das WC, zahlten jeweils 50 Cent. Miete und Unterhalt für die selbstreinigende Einrichtung verschlangen jedoch bis zu 44.000 Euro im Jahr – umgerechnet rund 60 Euro pro Toilettengang. Nach einer Nachverhandlung zahlte die Stadt zuletzt noch 30.000 Euro.
Der Stadtverordnete Christian Schmidt von den Grünen begründete die Empfehlung des Umweltausschusses, dessen Vorsitzender er ist, so: „Mit diesem Angebot machen wir die Innenstadt attraktiver und verbessern die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe.“ Außerdem werde die Anlage mit Baukosten in Höhe von 150.000 Euro und jährlichen Unterhaltskosten von 15.000 Euro günstiger als bisher.
Nur die FDP will das Geld anderweitig ausgeben
Thomas Bellizzi (FDP) sah das anders. „Wir sind der Meinung, dass Ahrensburg genug barrierefreie Toiletten hat.“ Auf der Homepage der Stadt seien neun Stück aufgeführt, die Abwesenheit des einzig komplett barrierefreien WC am Rathausplatz, das durchgehend an sieben Tagen in der Woche zugänglich war, bisher nicht groß aufgefallen. Außerdem könnten bei Feierlichkeiten wie dem Stadtfest Auflagen erteilt werden, die den Veranstalter zum Aufstellen temporärer Klos auch für mobilitätseingeschränkte Menschen verpflichten. „Wann wird sonst morgens um 3 Uhr eine barrierefreie Toilette gebraucht?“, fragte Bellizzi. Dies sei ein Sonderfall, das Geld könne anderweitig sinnvoller verwendet werden.
Eine Auffassung, der die anderen Fraktionen entschieden entgegen traten. Detlef Levenhagen von der CDU sagte mit Blick auf den 36-jährigen Bellizzi: „Es gibt Dinge im Leben, die nicht mit Geld zu bezahlen sind. Wir haben eine Fürsorgepflicht für unsere Mitbürger, müssen diese Kosten tragen, selbst wenn die Toilette nur ein Mal am Tag genutzt wird.“ Bela Randschau (SPD) sah das ähnlich. Bei so einer Einrichtung dürfe nicht auf die Nutzerzahlen und Kosten geschaut werden. „Dann hätten wir auch keine Rollstuhlrampen vor öffentlichen Gebäuden und keine Aufzüge am Bahnhof. Ein wachsender Teil der Bevölkerung habe mit gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen. Die Betroffenen hätten ein Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben.
Senioren- und Behindertenbeirat sprechen sich für neue Anlage aus
Dem pflichtete auch Ali Haydar Mercan von der Linken bei. Er ist selbst gehbehindert, sagte: „Sowohl Senioren- als auch Behindertenbeirat wünschen sich diese Toilette.“ Die Betroffenen wüssten schließlich am besten, was benötigt werde. Eine Einschätzung, die Christof Schneider vom Seniorenbeirat der Stadt bestätigte. „Es heißt nicht umsonst Notdurft.“ Das Nachfragen in Restaurants empfinde er als erniedrigend. Dafür lobte Schneider den geplanten Standort in der Großen Straße auf Höhe der Raiffeisenbank. „Ich erwarte dort eine stärkere Nutzung.“
Bei der anschließenden Abstimmung votierten alle Fraktionen mit Ausnahme der Liberalen für den vorliegenden Entwurf. Die für den Bau nötigen 150.000 Euro werden damit zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen noch 15.000 Euro jährliche Betriebskosten. Wie die neue Toilette genau aussehen wird, ist offen. Es stehen verschiedene Varianten zur Auswahl.
Kosten bleiben auch mit neuer Anlage hoch
Die Verwaltung geht derzeit davon aus, dass die neue Bedürfnisanstalt in Leichtbauweise errichtet wird. „Das Land schreibt dann eine Abschreibung über 20 Jahre vor“, sagt Kirsten Rasch vom Fachdienst Finanzen. Umgerechnet auf die Nutzungsdauer würden damit 22.500 Euro im Jahr anfallen. Bei gleich vielen Nutzern würde das knapp 31 Euro pro Toilettengang bedeuten.
„Immer noch zu teuer“, wie Rainer Kersten vom Bund der Steuerzahler Schleswig-Holstein auf Abendblatt-Anfrage befindet. Über das abgebaute Klo sagt er: „Jedes private WC wird häufiger genutzt.“ Eine rund um die Uhr geöffnete barrierefreie Toilette sei für die Größe Ahrensburgs ungewöhnlich und damit Luxus. Der Steuerzahlerbund empfehle als Alternative die „nette Toilette“, bei der Restaurants ihre sanitären Einrichtungen gegen eine Aufwandsentschädigung – von der Stadt getragen – zur Verfügung stellen. Diese Idee hatte unter Ahrensburgs Gastronomen jedoch wenig Zuspruch gefunden.