Ahrensburg. Warum die Vermählungswünsche vieler Paare in Ahrensburg enttäuscht werden. In Bad Oldesloe und Reinbek trauen auch die Bürgermeister.

Ronja und André Hamann hatten Glück. Sie gehören zu den Paaren, die in diesem Jahr im Ahrensburger Schloss heiraten konnten. Das Wahrzeichen der Stadt ist mit rund 30.000 Besuchern im Jahr eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Schleswig-Holsteins und auch eine beliebte Hochzeitslocation. Während sich im Jahr 2016 noch 234 Paare in den Mauern des 1585 erbauten Gebäudes das Ja-Wort gaben, werden es seither immer weniger. „Wir befürchten in diesem Jahr einen Rückgang von bis zu 50 Prozent“, sagt Schloss-Geschäftsführerin Tatjana Ceynowa. Grund sei ein personeller Engpass bei den Standesbeamten im Rathaus.

Während die standesamtliche Trauung selbst zumindest in den Räumen des Ahrensburger Rathauses kostenlos ist, könnten die Folgen für das Ahrensburger Schloss erheblich sein. Es gehört einer Stiftung, an der die Stadt, der Kreis, das Land und die Sparkasse Holstein beteiligt sind. Sie trägt nach eigenen Angaben rund zwei Drittel ihrer Kosten selbst. Betrugen die Einnahmen aus der Raumvermietung für Hochzeiten vor zwei Jahren noch etwas mehr als 66.000 Euro, waren es im vergangenen Jahr nur noch knapp 57.000 Euro. „Entsprechend der Zahl der Trauungen könnten es in diesem Jahr rund 30.000 Euro weniger sein, so Ceynowa. Etwaige Fehlbeträge schießt die Stadt zu, worüber die Ortspolitik jedoch jedes Jahr neu entscheiden muss. Im Jahr 2017 betrug der Zuschuss gut 142.000 Euro.

Ahrensburgs Bürgermeister möchte nicht selber trauen

Bürgermeister Michael Sarach sagt: „Trauungen im Schloss haben für das Image der Stadt eine besondere Bedeutung.“ Den Personalmangel im Standesamt, das auch für die Gemeinde Großhansdorf und das Amt Siek zuständig ist, kann er bestätigen. Eine von vier Stellen sei nicht besetzt. Er versuche darauf hinzuwirken, dass möglichst viel getraut werde, sei den speziell geschulten Mitarbeitern in diesen Fällen jedoch nicht weisungsberechtigt.

Schloss-Geschäftsführerin Ceynowa sagt: „Früher hatten wir freitags bis zu fünf Trauungen am Vormittag und dann noch einmal drei am Nachmittag.“ Nun sei es nur noch die Hälfte. „Die Einnahmeausfälle können wir nicht kompensieren.“ Das Schloss sei zwar in erster Linie ein Museum, die Hochzeiten trotzdem wichtiger Stützpfeiler zur Finanzierung des erst 2015 komplett sanierten Gebäudes.

Was Paare für die Trauung zahlen müssen

Die Trauung selbst kostet nichts. Heiratswillige Paare müssen allerdings erst bei dem Standesamt, wo mindestens ein Partner seinen Wohnsitz hat, die „Ehevoraussetzungen“ prüfen lassen. Ist dafür Ahrensburg zuständig, kostet dies im Regelfall 50 Euro. Wenn zum Beispiel einer der Partner Ausländer ist, werden mindestens 80 Euro fällig.

Ortsfremde Paare zahlen 40 Euro für die Trauung zusätzlich zu den Gebühren in ihrem Wohnort-Standesamt.

Der Zuschlag für die Trauung außerhalb des Rathauses beträgt 150 Euro und 15 Euro für die Urkunde.

Das Schloss hat seine Räume freitags für Hochzeiten reserviert. Die Miete beginnt bei 200 Euro im Salon Louis Seize mit 14 Plätzen und endet bei 390 Euro für den Gartensaal mit 40 Plätzen. Als Caterer stehen das Restaurant Strehl und das Park Hotel zur Auswahl. mrh

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„Bei uns hat Heiraten im Schloss Tradition“, sagt Oliver Otto kurz nach der Vermählung mit seiner Viktoria (27). Schon der Bruder des 28-Jährigen hatte dort geheiratet. Das Paar kommt aus Ahrensburg 
„Bei uns hat Heiraten im Schloss Tradition“, sagt Oliver Otto kurz nach der Vermählung mit seiner Viktoria (27). Schon der Bruder des 28-Jährigen hatte dort geheiratet. Das Paar kommt aus Ahrensburg  © HA | Johanna Helbing

Wie gut das Herrenhaus angenommen wird, zeigt auch das Beispiel der Hamanns. Die beiden Hamburg-Rahlstedter hatten sich extra für Ahrensburg entschieden: „Es ist schließlich eines der schönsten Schlösser in der Umgebung“, sagt der 31-jährige André Hamann. Er heiratete seine Verlobte Ronja (30) an diesem Freitag. Auch die beiden Ahrensburger Viktoria und Oliver Otto haben sich bewusst dafür entschieden. Schon der Bruder des 28-Jährigen hatte hier geheiratet. Die frisch angetraute Viktoria (27) sagt: „Mir hat besonders das elegante Ambiente des Gartensaals gefallen.“ Die beiden lassen sich in zwei Wochen auch noch kirchlich trauen, dann im Hamburger Michel.

Interessenten warteteten seit 5.45 Uhr vor dem Rathaus

Wie hoch die Nachfrage wirklich ist, weiß Petra Labuch. Die Ahrensburger Standesbeamtin sagt: „Als wir am 1. August die Anmeldung für das kommende Jahr geöffnet haben, standen die Interessenten schon um 5.45 Uhr vor dem Rathaus an.“ Noch am selben Tag seien alle Termine in den besonders beliebten Monaten Mai, Juli und August ausgebucht gewesen. Eine Warteliste gebe es nicht, da immer nur freie Termine gebucht werden könnten.

Wolfgang Schäfer, qua Amt als Vorsitzender des Freundeskreises Schloss auch im Stiftungsrat vertreten, sagt: „Für Ahrensburg entsteht ein gesamtwirtschaftlicher Schaden.“ Durch den Ausgleich der Mindereinnahmen der Stiftung sei auch die Stadt direkt betroffen. Darüber hinaus seien Hochzeiten ein Wirtschaftsfaktor für die Hotels und Gaststätten im Ort. „So leidet die Außenwirkung“, sagt Schäfer, der auch FDP-Stadtverordneter ist.

Örtliche Unternehmen müssen Umsatzeinbußen hinnehmen

Betroffen ist auch der Ahrensburger Gastronom Axel Strehl. Er bietet Catering für die Hochzeiten an, sagt: „Ahrensburg hätte mehr Potenzial.“ Seine Umsätze seien bereits gesunken, auch wenn das Catering im Herrenhaus für ihn nur ein Zusatzgeschäft sei. „Für uns wären Trauungen am Freitagnachmittag oder am Sonnabend ideal.“ Dann könnten die Gäste ohne Unterbrechung weiterfeiern. „An anderen Orten wie dem Schloss Glücksburg läuft das besser“, sagt der Unternehmer, der auch Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein ist.

Warum im Moment weniger Paare in Ahrensburg die Chance haben, den Bund fürs Leben zu schließen, erklärt Ursula Ziesemann, ebenfalls Mitarbeiterin im Standesamt. „Wir mussten die Notbremse ziehen.“ Als ausgerechnet die in Vollzeit beschäftigte Kollegin im Sommer 2017 in den Erziehungsurlaub ging, seien die Termine für das Jahr bereits weitgehend vergeben gewesen. Also mussten die Kolleginnen einspringen. „Hochzeiten sagen wir natürlich nicht ab.“ Nun hätten sie die Terminangebote reduziert. Neben Trauungen, die etwa durch die wachsende Zahl transnationaler Paare immer aufwendiger würden, seien die Standesbeamten auch für die Beurkundung von Geburten und Todesfällen zuständig. „Und auf deren Zahl haben wir im Unterschied zu den Hochzeiten keinen Einfluss.“

Kapazitäten auch in Hamburg erschöpft

Hinzu komme, dass auch die Kapazitäten in Hamburg erschöpft seien. Rechtlich sei vorgegeben, dass Trauungstermine sechs Monate im Voraus gebucht werden können. „Wir schalten die Termine aber immer für das kommende Jahr frei, um selbst besser planen zu können, so Ziesemann. Konnten 2017 in Ahrensburg noch 294 Paare (196 davon im Schloss) getraut werden, würden es dieses Jahr etwa 25 Prozent weniger. Bezogen auf das Schloss rechnet das Standesamt nicht mit der Hälfte an Trauungen, aber zumindest einem Drittel weniger. Doch was wird gegen den Engpass getan? Ziesemann: „Das Problem ist, dass die Stelle nur befristet ausgeschrieben werden kann, solange die Kollegin in Elternzeit ist“. Dabei sei sie umgezogen, es sei absehbar, dass sie die Stelle nicht mehr wahrnehmen werde.

Um die Stelle mit Aussicht auf Erfolg unbefristet ausschreiben zu können, müsse die Kollegin von einer anderen Verwaltung übernommen werden. „Wir haben deswegen einen Mitarbeiter fortgebildet.“ Dieser habe jedoch ein anderes Angebot bekommen und die Verwaltung ebenfalls verlassen. Bleibt als Option, dass sich auch Michael Sarach fortbilden lässt und selbst Trauungen vornimmt – wie seine Kollegen Jörg Lembke (Bad Oldesloe) und Björn Warmer (Reinbek). Für Sarach jedoch sei das keine Option. Er sagt: „Ich habe als Bürgermeister andere Aufgaben.“