Reinbek. In Reinbek und Bad Oldesloe fehlen Mitarbeiter. In Stormarn trauen sich viele Auswärtige. Flüchtlinge machen die Arbeit komplizierter.
Sich einen Tag lang wie in einem Märchen fühlen. Sich in einem Schloss das Ja-Wort geben, anschließend einen Spaziergang durch die großzügig gestaltete Parkanlage machen und zur Hochzeitstafel im Saal Platz nehmen – all das ist im Schloss Reinbek möglich. Doch dieses Angebot gilt in diesem Jahr nicht für auswärtige Hochzeitspaare. Der Grund: Personal- und Zeitmangel beim Standesamt Reinbek. Denn Eheschließungen zählen nicht mehr zur Hauptaufgabe der Standesbeamten. Vielmehr sind es in Reinbek die zahlreichen Geburten, die beurkundet werden müssen. Und auch die steigende Zahl an Flüchtlingen sorgt für erhöhten Zeitaufwand bei der Ausstellung von Urkunden.
In Reinbek ist Stormarns einzige Geburtsklinik
Vor knapp fünf Jahren wurden die bisher eigenständigen Standesämter Barsbüttel, Glinde und Wentorf (Kreis Herzogtum Lauenburg) mit dem Standesamt Reinbek zusammengelegt. Nun sind fünf Standesbeamte (ab voraussichtlich Juni sechs) für etwa 71.000 Einwohner zuständig. Margit Paulun (51), die seit 1993 bestellte Standesbeamtin ist, sagt: „Die größte Herausforderung für uns sind die vielen Geburten.“ Das St. Adolf-Stift in Reinbek ist nämlich die einzige Geburtenklinik in ganz Stormarn. Zudem bringen dort auch viele Eltern aus Hamburg und Umgebung ihre Kinder zu Welt. „Somit müssen wir ziemlich viele Geburtskurkunden ausstellen“, sagt Paulun. Wurden vor drei Jahren 763 Kinder geboren, so waren es ein Jahr später 851 Kinder und im vergangenen Jahr knapp 1000 Geburten. Aber auch das Beurkunden von jährlich etwa 900 Sterbefällen gehört zum Aufgabenfeld.
Standesbeamtin Paulun sitzt mit ihren Kollegen im dritten Obergeschoss des Rathauses. So langsam wird es kuschelig. Jeder Zentimeter der drei großen Büroräume ist ausgenutzt. Paulun sagt: „Standesämter haben viele verschiedene Aufgaben, und diese sind in den vergangenen Jahren komplexer geworden.“ Eine große Herausforderung stellt hierbei die Beurkundung von Geburten mit Auslandsbezug dar. Das Heranziehen des jeweiligen ausländischen Rechts sei gefragt. Entsprechende Unterlagen müssten vorgelegt und geprüft werden. Das mache die Arbeit interessant, aber auch zeitintensiver.
Oldesloer Bürgermeister will Standesbeamten entlasten
Neugeborene Kinder von Eltern, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind und deren Identität nicht geklärt ist, weil sie ihre Urkunden und Reisepässe auf der Flucht verloren haben, können nur nach umfangreichen Recherchen unter Aufnahme entsprechender Erklärungen mit Dolmetscherbeteiligung beurkundet werden. Früher habe eine Beurkundung mit Auslandsbeteiligung meist nur 30 Minuten gedauert, jetzt mehrere Tage oder sogar Wochen.
Trauungen im Reinbeker Rathaus sind montags, dienstags und donnerstags möglich. Freitags finden die Trauungen im Schloss und an einigen festgelegten Freitagen im Jahr auch im Gutshaus Glinde statt. Wer hier heiraten will, muss 300 Euro mehr zahlen. „Das Schloss Reinbek ist eine beliebte Außentraustelle, besonders bei Auswärtigen“ sagt Paulun. Ein Großteil aller Hochzeitspaare komme nicht aus dem Einzugsgebiet. Im vergangenen Jahr wurden 384 Ehen geschlossen, davor waren es 352 und 2014 368 Hochzeiten.
Auch in Bad Oldesloe herrscht Personalmangel. So musste das Standesamt in der vergangenen Woche geschlossen bleiben. Bürgermeister Jörg Lembke sagt: „Wir haben drei Mitarbeiter im Standesamt, eine Stelle ist aber momentan ausgeschrieben.“ Vor den Sommerferien werde sie sicherlich nicht besetzt. Der Vorteil für Bad Oldesloe sei, dass es keine Geburtsstation mehr gebe. Damit die Mitarbeiter im Standesamt künftig etwas entlastet werden, hat sich der Bürgermeister etwas überlegt: Er will im Herbst einen kleinen Standesbeamten-Lehrgang mitmachen. „Dann könnte ich die Trauungen am Wochenende übernehmen“, sagt er.
Es gibt mehr Vorgänge mit Auslandsbeteiligung
In der rund 9700 Einwohner zählenden Gemeinde Ammersbek ist Heike Ladwig die einzige Standesbeamtin. Für den Notfall gibt es noch zwei Vertretungen. In den vergangenen vier Jahren wurden jeweils zwischen 70 und 90 Ehen geschlossen. Ladwig sagt: „Wir haben hier keine Probleme, die Arbeit ist gut zu schaffen.“ Allerdings gebe es immer mehr Vorgänge mit Auslandsbeteiligung und diese seien sehr zeitintensiv. Flüchtlinge seien aber nicht allein Ursache für die komplexere Arbeit, sondern „die Liebe ist einfach internationaler geworden“, sagt sie.
Das sieht auch Barbara Meisel vom Standesamt Bargteheide-Land so. Die 57-Jährige sagt: „Ich habe hier auch mit vielen ausländischen Bürgern zu tun.“ Jährlich heiraten etwa 140 Paare, viele kämen auch aus Hamburg oder Lübeck. Warum? Die Außentraustelle Schloss Tremsbüttel werde immer beliebter, habe aber auch ihren Preis: rund 550 Euro.
Auch gefälschte Dokumente tauchten auf
In Oststeinbek arbeiten drei Standesbeamtinnen in Teilzeit. Eine von ihnen ist Edith Krüger. Sie sagt: „Unser Personal reicht aus, aber in den Sommermonaten haben wir ziemlich viel zutun.“ Besonders auch deswegen, weil mehr als 50 Prozent Auswärtige aus Hamburg und Umgebung sind. Aber auch Krüger sieht Berührungspunkte mit den Flüchtlingen und der Arbeit des Standesamtes. „Ein paar von ihnen waren schon da und haben sich erkundigt, welche Unterlagen sie für eine Hochzeit einreichen müssen“, so die Beamtin.
Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht hat auch Amtsleiter und Standesbeamter Detlef Müller vom Amt Bargteheide. Auch er bestätigt, dass die Arbeit durch den Zuwachs an Ausländern komplexer geworden ist. „Jeder Standesbeamter muss sich mit dem Recht des jeweiligen Heimatlands auskennen und es berücksichtigen“, sagt er. Ihm seien auch schon gefälschte Dokumente untergekommen. „Deswegen müssen wir alles doppelt prüfen, denn durch eine Hochzeit kann man sich eine neue Identität verschaffen.“