Grönwohld. Inhaber wehrt sich gegen Vorwürfe von Gesellschaftern und Aktionären der Vertriebsfirma und erläutert seine Pläne für die Zukunft.
„Bei der Hausbrauerei in Grönwohld geht es weiter“, sagt Inhaber Torsten Schumacher. Gerade braut er ein Bockbier, hat neben handgemachten Bieren auch Holundersaft und Walnüsse aus seinem 3,5 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb im Angebot. Bier füllt er in Chargen von 500 Litern ab, im vergangenen Jahr rund 25 Mal. „Das Brauen ist unsere Geschäftsgrundlage“, sagt Schumacher, der auch Seminare und Feiern in der Brauerei anbietet.
Der Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH, die Bier nach Schumachers Idee im hessischen Eschwege brauen ließ und an Groß- und Einzelhändler in der Region, auf Stadtfesten, an die Gastronomie und nach Schweden verkaufte, droht indes weiter die Insolvenz und damit die Einstellung des Biervertriebs jenseits von Grönwohld.
Streit um Rolle Schumachers in Vertriebs-GmbH dauert an
Schumacher ist mit seinem Sohn mit 37 Prozent größter Anteilseigner der Vertriebs-GmbH, war bis Ende 2017 ihr Prokurist. Er hofft, dass ein neuer Investor gefunden wird. „Die Lizenzgebühren sollten schließlich die Rente für meine Familie sein“, so Schumacher. Gesellschafter zahlten 10.000 Euro für ein Prozent Anteil, die „Bieraktionäre“ je 1000 Euro für die Anleihe, deren „Zinsen“ in Naturalien ausgezahlt wurden. Mit einem Teil der Aktionäre und der Geschäftsführung herrscht Streit über Schumachers Anteil an der Schieflage der Firma.
Torsten Schumacher, der bislang auch die Biersorten des Vertriebsunternehmens in Grönwohld verkauft, sagt: „Ich werde nicht gegen die GmbH handeln. Aber sollte sie den Betrieb einstellen und ich Nachfrage nach deren Produkten haben, werde ich versuchen, diese selbst zu beschaffen.“ Allerdings würde er sich dabei auf die Gastronomie und Veranstaltungen konzentrieren. Pläne, die bisher von der Vertriebsfirma gelieferten Produkte selbst an den Groß- und Einzelhandel zu verkaufen, habe er nicht. „Aus meiner Sicht ist das zu teuer.“
Schumacher plant Anschaffungen für seine Brauerei
In Grönwohld will Schumacher wieder mehr selbst brauen, so auf 35 bis 40 Vorgänge in diesem Jahr kommen. Außerdem plane er Anschaffungen für seine Brauerei, zum Beispiel in eine neue Flaschenwaschanlage. Dafür wirbt er wieder um Aktionäre. Da die Brauerei keine Aktiengesellschaft ist, sondern als landwirtschaftlicher Betrieb geführt werde, handele es sich dabei um Anleihen. Allerdings ohne Rückzahlungsanspruch. „Dafür gibt es 20 Prozent Rabatt auf alle Produkte der Hausbrauerei. Solange es sie gibt“, sagt Schumacher. Auch sie kosten jeweils 1000 Euro.
Schumacher bestätigt unterdessen, mit der Ende 2017 gegründeten Kuddewörder Firma „Toshi’s GmbH“ auch selbst Bier vertreiben zu wollen. Dabei handele es sich um eine neue Spezialität, die nichts mit den Sorten der GmbH zu tun habe. Das Geschäft habe er erst mit dieser geplant, sei damit jedoch auf Ablehnung beim damaligen GmbH-Geschäftsführer Sascha Hauck gestoßen.
Schumacher will Vertriebs-GmbH keine Konkurrenz machen
Hauck widerspricht dem. Sagt, dass es eine Einigung gegeben habe. „In der Klosterbrauerei in Eschwege liegen die Etiketten bereit, die die Vertriebs-GmbH als Auftraggeber ausweisen.“ Er sieht die neue Firma daher als potenzielle Konkurrenz. Ob die Eschweger eine der beiden Firmen beliefern würden, ist unklar. Nach Auskunft von Joachim Falk, der dem Beratungsgremium zur Rettung der Vertriebsfirma angehört, bestehen Verbindlichkeiten im hohen sechsstelligen Bereich gegenüber der Klosterbrauerei. Von dieser war keine Auskunft zu erhalten. Eine Klosterbrauerei-Mitarbeiterin verweist auf Nachfrage auf den Geschäftsführer, der sich derzeit im Urlaub befinde. „Er ist in dieser Zeit nicht für die Presse erreichbar“, so die Mitarbeiterin.
Torsten Schumacher sagt unterdessen, er wolle der Vertriebs-GmbH keine Konkurrenz machen, wenngleich es ihm erlaubt sei. Als Beleg legt er Auszüge aus dem Gesellschaftervertrag vor. Darin heißt es zum Thema Wettbewerbsverbot, dass ihm der Direktverkauf aller Produkte gestattet sei, ob selbst produziert oder Handelsware. Er dürfe auch an den Handel verkaufen, die Gastronomie und an Getränkemärkte.
Umbenennung in Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH
Berater Falk, der auch Gesellschafter der Vertriebsfirma ist, interpretiert den Vertrag anders. „Meiner Ansicht nach darf Schumacher nur den Verkauf und Vertrieb von Grönwohld aus betreiben.“ Sollte er ein neues Unternehmen mit einem Lager an anderer Stelle aufbauen, sei das verboten. Fraglich bleibt, welche Rolle dies nach der in gut zwei Wochen drohenden Betriebseinstellung der GmbH noch spielt.
Zu den Vorwürfen, Gesellschafter und Käufer der „Bieraktie“ genannten Anleihe getäuscht zu haben, sagt Schumacher: „Jeder konnte zu jeder Zeit Bescheid wissen.“ Auf Versammlungen und in E-Mails habe er nach der 2015 erfolgten Trennung auf die unterschiedlichen Rollen von Brauerei und Vertriebsfirma hingewiesen. „Aus heutiger Sicht ist es ein Fehler gewesen, meinen landwirtschaftlichen Betrieb und die 2012 daraus hervorgegangene Grönwohlder Hausbrauerei GmbH anfangs gleich zu benennen“, sagt Schumacher. Deswegen sei drei Jahre später die Umbenennung in Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH erfolgt, Brauanlagen und Einrichtung habe er dem Unternehmen für knapp 250.000 Euro abgekauft und die Geschäftsführung niedergelegt. Was mit dem Geld der Gesellschafter, Aktionäre und weiteren Darlehen passiert sei, „hätte ich genauer kontrollieren müssen“, sagt Schumacher.
Bieraktionär hat Anzeige gegen Schumacher erstattet
Dazu Gesellschafter Falk: „Als Prokurist und größter Anteilseigner nicht zu wissen, was mit dem Geld passiert ist, ist fahrlässig.“ Jedenfalls sei für den Rückkauf der Brauanlagen kein Geld geflossen. „Da wurden nur Forderungen verrechnet.“ Und ob die in der Höhe berechtigt gewesen seien, müsse noch geklärt werden. Rund eine Million Euro habe die Firma insgesamt verloren.
Schumacher beansprucht für sich jedoch, nur noch als „Gesicht“ der Firma gewirkt zu haben. Auch hier macht er Auszüge aus seinem Anstellungsvertrag zugänglich. In dem Vertrag mit einem „leitenden Angestellten“ heißt es: „Der Arbeitgeber überträgt dem Angestellten die Leitung der Repräsentation des Betriebes und die Unterstützung der Geschäftsführung bei der strategischen Zukunftsplanung und der werblichen Außendarstellung.“ Allerdings steht dort auch, dass Schumacher das Unternehmen allein nach außen vertreten durfte.
Aktionär hat eine Anzeige bei der Polizei gestellt
Hauck, der den Vertrag damals als neuer Geschäftsführer für die Vertriebs-Firma gegengezeichnet hat, sagt: „Das passt nicht zusammen.“ Schumacher habe ihn sich selbst geschrieben. „Und hat dabei offensichtlich schon ein paar Schritte weiter gedacht.“ Bedenken habe er bei der Unterschrift im Herbst 2015 jedoch nicht gehabt. „Die Zusammenarbeit lief damals noch gut.“ Mittlerweile haben sich Hauck, der im November sein Amt als Geschäftsführer der GmbH niedergelegt hat und noch als Vertriebsmitarbeiter für die Firma tätig ist, und Schumacher seit Monaten nicht mehr gesehen.
Unterdessen hat ein Aktionär, der der Redaktion namentlich bekannt ist, mitgeteilt, dass er eine Anzeige wegen des Verdachts auf Betrug gegen Schumacher gestellt habe. Die Pressestelle der Polizei bestätigt, dass eine Anzeige erstattet wurde.