Ahrensburg/Grönwohld. Vertriebsfirma beliefert Gaststätten und Handel. Ende März droht das Aus. Getränk wäre dann nur noch in Ursprungs-Brauerei erhältlich.
Rund 140.000 Liter Bier hat die Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH nach eigenen Angaben im Jahr 2017 in Deutschland verkauft, 70 bis 80 Prozent davon in Stormarn. In 15 Gaststätten der Region, wie dem RamRob in Ahrensburg und dem Dorfkrug in Ammersbek, wird das Bier im Moment noch ausgeschenkt. Einzelhändler wie Edeka und Famila verkaufen es in einem Gebiet, das von Norderstedt bis ins westliche Mecklenburg-Vorpommern, von Kiel bis Lüneburg reicht. Außerdem gab es das Bier auf Stadtfesten und dem Heavy-Metal-Festival in Wacken. Hinzu kamen groß angekündigte Pläne, einen Braugasthof in Ahrensburg zu errichten und eine einmalige Lieferung von rund 300.000 Litern nach Schweden. Diese Quelle droht nun zu versiegen.
Wie berichtet, hatte die Ahrensburger Vertriebsfirma Mitte Februar das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Reinbek beantragt. Eine Einigung mit Gesellschaftern und Lieferanten war zuvor gescheitert. Sollte kein Investor gefunden werden, muss die Firma Ende März die Arbeit einstellen. Hintergrund ist, dass das von ihr verkaufte Bier nicht in Grönwohld gebraut wird, sondern von der Klosterbrauerei im hessischen Eschwege. In zwei E-Mails, die dem Abendblatt vorliegen, informierte die Geschäftsführung um Gerhard Pfeiffer und Thorsten Last darüber die Gesellschafter und „Aktionäre“. So droht die Marke aus dem Großteil ihres Verbreitungsgebietes zu verschwinden.
Das Grönwohlder ist in der Region mittlerweile beliebt
Rechtlich unabhängig davon ist die Hausbrauerei von Torsten Schumacher. Ihr in kleineren Mengen hergestelltes handgemachtes Bier wird derzeit nur vor Ort angeboten. Das soll es nach Auskunft des Inhabers weiter geben. Dorfkrug-Wirt Kristian Harms aus Ammersbek hat das Bier seit einem Jahr im Angebot. Er sagt: „Das wäre schade, denn das Grönwohlder Landbier verkauft sich trotz des höheren Preises gut.“ Dem stimmt auch Stammgast Andreas Fischer zu. „Ich habe es schon probiert. Und es hat mir gut geschmeckt, obwohl ich sonst kein Biertrinker bin.“ Gern würde er weiter ein Produkt aus der Region unterstützen. Dass das in Gaststätten und im Einzelhandel erhältliche Getränk aus Eschwege stammt, sei ihm allerdings nicht klar gewesen. Einen Ersatz dafür hat Wirt Kristian Harms noch nicht parat. „Ich will erst einmal abwarten, ob es wirklich bald nicht mehr lieferbar ist“, sagt er.
Unterdessen mehren sich die Beschwerden von „Aktionären“ und Gesellschaftern, die sich von Brauer Torsten Schumacher getäuscht fühlen. Hintergrund ist eine unübersichtliche Konstellation von Firmen, die durch teilweise gemeinsame Geschäftsführer, Adressen und Beteiligungen auf verschiedene Art miteinander verflochten sind und teilweise Rechtsform und Namen gewechselt haben.
Schumacher bis Ende 2017 Prokurist der Vertriebs-GmbH
Es beginnt damit, dass Schumacher die Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH 2012 unter dem Namen Grönwohlder Hausbrauerei GmbH gründet und bis Herbst 2015 selbst leitet. Dazu hatte er zumindest einen Teil seiner bis dahin als Einzelunternehmen geführten Brauerei als Stammkapital in die neue GmbH eingebracht, wie aus Informationen der Wirtschaftsdatenbank North Data hervorgeht, die sich aus Handelsregistereintragungen speist. Diese GmbH begann 2012 mit dem Verkauf von „Bieraktien“ genannten Anleihen zu je 1000 Euro. Dies geschah auch noch, nachdem die Firma im Jahr 2015 zum jetzigen Namen wechselte und Sascha Hauck Geschäftsführer wurde. Das bestätigte Hauck dem Abendblatt. Nach weiteren Informationen der Wirtschaftsdatenbank reduzierte sich der Geschäftszweck jedoch von der Herstellung und dem Vertrieb auf den Vertrieb des Bieres. Torsten Schumacher sagt, er habe sich in der Hausbrauerei als selbstständiger Firma auf das Brauen konzentrieren wollen.
Nach Auskunft eines Gesellschafters, der auch in die Gespräche mit dem Insolvenzverwalter involviert ist, blieb Schumacher jedoch größter Anteilseigner und bis Ende 2017 Prokurist der GmbH. Der Gesellschafter sagt: „Vielen Aktionären und selbst einigen Gesellschaftern war nicht klar, dass sie gar nicht in die Brauerei, sondern in die Vertriebs-GmbH investiert hatten.“
Wirtschaftsdatenbank enthüllt Unternehmens-Netz
Wie komplex das Netz der Firmen und ihre Verbindung untereinander ist, wird in der Wirtschaftsdatenbank ersichtlich: Rund um die Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH entspinnt sich ein Netz weiterer Unternehmen, darunter vier noch bestehende Beteiligungsgesellschaften, ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH. Geschäftsführer dieser Firmen war zeitweise Sascha Hauck, der auch die Vertriebs-GmbH führte. Er sagt: „Sinn und Zweck war es, darin jeweils neue Gesellschafter zu bündeln und mit einer Stimme sprechen zu lassen.“ Damit scheint es nun vorbei.
Rainer Stange ist einer von mehr als 200 „Aktionären“. Er hatte 2014 noch in die Hausbrauerei-GmbH investiert. So ist es auf dem Dokument vermerkt, das dem Abendblatt vorliegt. „Die Aktie hat Schumacher selbst unterschrieben“, sagt er. Stange wirft Torsten Schumacher vor, zumindest einen Teil der erhaltenen Summe in den Ausbau der Hausbrauerei gesteckt zu haben. In der Umfirmierung sieht er einen Versuch, sich dieser Schulden zu entledigen. „Ein Sonderkündigungsrecht hat es damals nicht gegeben“, ist sich Stange sicher. So sei er an sein Investment für drei Jahre gebunden gewesen. Nun sei das eingezahlte Kapital wahrscheinlich weg, die Brauanlagen bestünden jedoch weiter. Er erwäge juristische Schritte. Gesellschafterkreise bestätigen, dass es mit Schumacher einen Disput gebe, welcher Firma die Brauanlagen zuzurechnen seien, ob sie nicht zumindest zum Teil zum Anlagevermögen der Vertriebsfirma gehörten.
Schumacher: Aktionäre haben nie in Hausbrauerei investiert
Brauer Schumacher behauptet in einer neuerlichen E-Mail an Gesellschafter und „Aktionäre“ der Vertriebs-GmbH und auf Abendblatt-Anfrage hingegen, dass diese nie in die Grönwohlder Hausbrauerei investiert hätten. Diese habe immer unabhängig von der GmbH bestanden. Die Verträge seien zuerst mit der Grönwohlder Hausbrauerei GmbH und nach Namensänderung mit der Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH geschlossen worden. Darüber habe er mehrfach informiert.
Weiter reklamiert Torsten Schumacher für sich, während seiner Tätigkeit für diese GmbH nur die Infos, die ihm von der damaligen Geschäftsführung um Sascha Hauck gegeben wurden, weitergeleitet zu haben. Er beklagt, von einigen nun als „Schuldiger“ gesehen zu werden. Dabei sei ihm nicht bewusst, eine Million Euro „verbrannt“ zu haben, wie es ihm von mindestens einem anderen Gesellschafter vorgeworfen wird. Außerdem hätten sich die Anleger besser informieren müssen, in welche Firma sie investieren. Er selbst und seine Familie verlören als Anteilseigner ebenfalls 350.000 bis 400.000 Euro. Das habe jedoch keine Auswirkungen auf die von ihm geführte Hausbrauerei. „Sie ist gesund“, sagt Torsten Schumacher.
Ob es das Grönwohlder Bier im Fall der Insolvenz der Vertriebs- und Event GmbH jenseits der 1300-Seelen-Gemeinde weiterhin geben wird, ist indes noch unklar. Aus Gesellschafterkreisen heißt es, Schumacher habe eine neue Firma mit dem Zweck gegründet, der Vertriebs-GmbH Konkurrenz zu machen. „Damit verstößt er gegen den Gesellschaftervertrag“, behauptet der Insider. Schumacher bestätigt die Gründung eines neuen Unternehmens gegenüber dem Abendblatt schriftlich. Die Toshi’s GmbH habe jedoch nichts mit der bestehenden Vertriebs-GmbH oder der Brauerei zu tun, zum Zweck wolle er sich nicht äußern.
Diese Firma ist bei North Data seit vergangenem Dezember mit Schumacher als Geschäftsführer aufgeführt. Der Zweck des im Nachbardorf Kuddewörde ansässigen Unternehmens ist dort folgendermaßen verzeichnet: „Vertrieb von Bier und Handelsprodukten im In- und Ausland über den Lebensmittelhandel, Handelspartner, die Gastronomie, Getränkemärkte sowie das Abhalten von Stadtfesten und Events, Vermietungen von Schankwagen, Tresen und Zapfanlagen.“ Er entspricht praktisch wortwörtlich dem der bisherigen Vertriebs-GmbH.