Ahrensburg/Grönwohld. Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH beantragt Insolvenzverfahren. Bier-Aktionäre vorerst auf dem Trockenen. Expansion gescheitert

Sie wollten im umgebauten historischen Speicher auf dem Ahrensburger Gutshof-Gelände an der Lübecker Straße eine Gaststätte eröffnen. Sie wollten vor Ort brauen und in einem Restaurant mit Biergarten Gäste bewirten. Das waren die Pläne der Grönwohlder Vertriebs- und Event GmbH. Sie strebte eine Expansion der bekannten Brauerei nach Ahrensburg an. Zu ihren Aktivitäten gehörten auch Stände auf Stadtfesten in der Region, beim Heavy-Metal-Festival in Wacken sowie die Belieferung von Groß- und Einzelhändlern. Hunderte Kleininvestoren hatte dieses Vorhaben überzeugt. Sie zahlten je 1000 Euro für eine „Grönwohld-Bieraktie“. Nun droht ein schaler Nachgeschmack für alle Beteiligten.

Der GmbH ging die Puste aus, sagt der Geschäftsführer

Die Firma mit Sitz in Ahrensburg hat am Donnerstag beim Amtsgericht Reinbek einen Antrag auf Insolvenzeröffnung unter der Kennung 8 IN 27/18 gestellt. Die Kleinanleger wurden noch am selben Tag per E-Mail informiert.

Was sagt die Geschäftsführung? „Uns ist die Puste ausgegangen“, so Gerhard Pfeiffer. Er und sein Mitgeschäftsführer Thorsten Last hatten erst vor rund drei Wochen die Leitung übernommen, um die Handlungsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Der bisherige Firmenchef, Sascha Hauck, habe bereits bei einer Gesellschafterversammlung im November 2017 erklärt, für diesen Posten nicht mehr zur Verfügung zu stehen, behauptet Pfeiffer. Sascha Hauck selbst reagierte auf Anfrage des Abendblattes am Freitag nicht.

Sogar beim Metal-Festival in Wacken verkauften die Grönwohlder ihr Bier
Sogar beim Metal-Festival in Wacken verkauften die Grönwohlder ihr Bier © HA | Grönwohlder Brauerei

Sascha Hauck war Mitstreiter von GmbH-Gründer und Grönwohlder Brauerei-Chef Torsten Schumacher. Was sagt der zum Insolvenzantrag? „Ich bin bereits seit Oktober 2015 nicht mehr Geschäftsführer des Unternehmens, bin von der Entwicklung selbst überrascht.“ Bis Ende 2017 habe er aber in der GmbH mitgewirkt. Nun führe er nur noch die Grönwohlder Hausbrauerei mit Direktverkauf in der 1300-Seelen-Gemeinde nahe Trittau. Laut Pfeiffer ist Schumacher mit „mehr als 25 Prozent“ an der GmbH beteiligt. Dennoch sieht Torsten Schumacher einer möglichen Insolvenz und dem damit verbundenen Wertverlust seiner Anteile gelassen entgegen. „Das hat keine Auswirkungen auf mein Grönwohlder Unternehmen.“

Aktionäre können bis Ende März auf neue Aktie umsteigen

Er habe viele Anfragen von enttäuschten Anlegern erhalten, die fragten, was nun aus ihrem Einsatz werde. Schumacher sagt, er wolle den verbliebenen rund 200 „Aktionären“ anbieten, bis Ende März auf eine neue „Aktie“ seines Unternehmens umzusteigen – vorbehaltlich der Zustimmung seines Steuerberaters und des Insolvenzverwalters. Das Ganze quasi im Tausch, weitere Zahlungen seien nicht nötig. Wer davon Gebrauch mache, dem garantiere er „lebenslang 20 Prozent Rabatt auf alle Produkte und Dienstleistungen“. Einen Anspruch auf Rückzahlung bisher investierten Geldes oder eine Beteiligung an seinem Grönwohlder Unternehmen seien damit nicht verbunden. Wie profitierten die Anleger bisher vom Investment? Wer bei der Vertriebs- und Event GmbH 1000 Euro anlegte, erhielt seine Zinsen von zuerst zehn und zuletzt 7,5 Prozent je Jahr in Form eines Einkaufsgutscheins in Höhe von 100 oder 75 Euro.

Nach seiner Zukunftsplanung gefragt sagt Schumacher: „Ich werde mich jetzt voll auf meine Brauerei in in Grönwohld konzentrieren.“ Die Pläne für eine Genussbrauerei mit einem Investitionsvolumen von vier bis fünf Millionen auf dem Rohrbogenwerk-Gelände oder im historischen Speicher am Marstall, über die das Abendblatt mehrfach berichtete, seien „immer eine Sache der GmbH gewesen.“ Der aktuelle Geschäftsführer Gerhard Pfeiffer stellt das anders dar. Er sagt: „Schumacher war bis Ende 2017 die dominierende Person im Unternehmen.“

Durch gekündigte Bieraktien floss viel Kapital ab

Pfeiffer hofft trotz allem, mit dem zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellten Hamburger Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt eine Startegie entwickeln zu können, wie das Unternehmen weiter zu führen sei. Problematisch sei, dass die GmbH nicht über das Markenrecht für das Grönwohlder Bier verfüge, das die Firma bei der Klosterbrauerei im hessischen Eschwege herstellen lässt. Zudem gebe es hohe Verbindlichkeiten „gegenüber Lieferanten, Gesellschaftern und weiteren Darlehensgebern“. Außerdem seien in den vergangenen Wochen bereits „Bieraktien“ gekündigt worden, dadurch sei viel Kapital abgeflossen.

So sollte die Genussbrauerei auf dem Rohrbogenwerk-Gelände in Ahrensburg aussehen
So sollte die Genussbrauerei auf dem Rohrbogenwerk-Gelände in Ahrensburg aussehen © HA | Thorsten Schumacher

Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt war am Freitag nicht zu sprechen. Seine Kanzlei in Hamburg verwies auf die „PR-Beratung Das AMT“ mit Sitz in Kiel. Der dortige Mitinhaber Andreas Jung sagt: „Herr Borchardt ist jetzt Herr des Verfahrens.“ Seine Aufgabe sei es, die Zahlungsfähigkeit zu erhalten, um ein Weiterführen des Betriebs zu ermöglichen. Bestehende Geldforderungen würden vorerst nicht mehr bedient. „Die Gehälter der Mitarbeiter sind dafür bis Ende April durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gedeckt.“

Verfahren könnte sich über mehrere Jahre hinziehen

In dieser Zeit werde mit der Geschäftsführung ein Sanierungsplan erstellt, so Jung. Erscheint das Fortbestehen der GmbH möglich, weil zum Beispiel ein neuer Investor einsteigt, würde das Insolvenzverfahren voraussichtlich eröffnet. Das könnte bereits im Mai sein. Dabei werde der Anteil ermittelt, den die Gläubiger zurückerhalten könnten. Im Falle von Rechtsstreitigkeiten könne sich so ein Verfahren über Jahre hinziehen. Ein erstes Treffen der Beteiligten sei für kommenden Dienstag geplant.