Ahrensburg/Ratzeburg. In Stormarn ereignen sich laut aktuellem Verkehrssicherheitsbericht im Schnitt jeden Tag 17 Unfälle. 2017 starben dabei acht Menschen.

Rund 17-mal pro Tag kracht es auf Stormarns Straßen. Das geht aus dem aktuellen Verkehrssicherheitsbericht der Polizei für das Jahr 2017 hervor, den die Beamten am Dienstag in Ratzeburg vorgestellt haben. Zwar steigt die Zahl der Unfälle seit Jahren an, eine dramatische Entwicklung sieht die Polizei jedoch nicht. Viel mehr Sorgen macht den Beamten die zunehmende Ablenkung der Fahrer durch Handys am Steuer. Deswegen kündigt die für Stormarn zuständige Polizeidirektion in Ratzeburg jetzt verstärkte Kontrollen mit dem Schwerpunkt Handys an.

Polizei erwischte 659 Autofahrer, die mit einem Handy telefonierten

Die Polizei hat 2017 in Stormarn 659 Autofahrer mit einem Handy in der Hand am Steuer erwischt. Das sind sechs weniger als im Vorjahr. Doch sieht die Polizei hier ein sehr großes Sicherheitsrisiko. „Wer gibt nach einem Unfall schon zu, dass er wegen seines Handys abgelenkt war“, sagt Andre Lutz, Verkehrsexperte der Polizeidirektion. Der Beamte vermutet, dass auch viele nicht erfasste Auffahrunfälle auf Handynutzung am Steuer zurückzuführen sind. Lutz: „Wir werden die Kontrollen hochfahren.“ Die Nutzung der Geräte während der Fahrt sei jedoch nur schwer nachzuvollziehen. „Das geht nur mit mobilen Kontrollen.“ Und: Bestreitet ein Autofahrer den Verstoß, steht Aussage gegen Aussage. Die Beamten können die aktuelle Nutzung des Mobiltelefons nicht nachvollziehen, weil das aus Datenschutzgründen unzulässig ist. Dazu bedarf es immer eines richterlichen Beschlusses. Lutz sagt: „Da stellen wir uns schon die Frage der Verhältnismäßigkeit.“

Seit Jahren steigt die Zahl der Unfälle, zuletzt um 3,5 Prozent auf 6334

Verkehrsexperte Andre Lutz und der Vize-Chef der Polizeidirektion Ratzeburg, Holger Meincke
Verkehrsexperte Andre Lutz und der Vize-Chef der Polizeidirektion Ratzeburg, Holger Meincke © HA | Dorothea Benedikt

Während die Polizei 6120 Unfälle in 2016 registrierte, zählten sie nun 214 mehr. Das sei keine besorgniserregende Entwicklung, im Zehn-Jahres-Vergleich sieht es hingegen anders aus. 2008 wurden 3643 Unfälle aufgenommen – 2691 weniger als 2017. Für diese Entwicklung macht der Vize-Chef der Polizeidirektion, Holger Meincke, die zunehmende Bevölkerungsdichte verantwortlich. So hat der Kreis heute mit mehr als 240.000 Einwohnern rund 10.000 Bürger mehr als 2012. „Zudem kommen auf 1000 Einwohner 608 Fahrzeuge“, sagt Meincke. Der Anstieg sei übrigens größtenteils auf Bagatellunfälle zurückzuführen. Der Polizei werden solche Unfälle zwar gemeldet, sie nimmt sie jedoch nicht auf. 4965 solcher Unfälle und damit 185 mehr als im Vorjahr zählten die Beamten 2017.

Acht Menschen starben bei Unfällen, 135 wurden schwer verletzt

Nichtsdestotrotz hat auch die Zahl der Unfälle zugenommen, bei denen es Verletzte oder Tote gab. Bei 835 Unfällen wurden 1042 Menschen verletzt (2016: 981), 135 (126) davon schwer. Acht Menschen – einer weniger als 2016 – starben, darunter drei Motorradfahrer. Zwei von ihnen war die Vorfahrt genommen worden, beim dritten Unfall war der Kradfahrer zu schnell unterwegs gewesen.

Junge Autofahrer sind für jeden achten Unfall verantwortlich

Von den 1369 von der Polizei aufgenommen Unfällen waren in 172 Fällen junge Autofahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren die Verursacher. Der Unterschied zum Vorjahr ist dabei gering. Holger Meincke sieht darin einen positiven Trend. Das sogenannte begleitete Fahren ab 17 Jahren wirke sich positiv aus. „Wir verzeichnen einen deutlichen Rückgang bei Unfällen von Fahranfängern“, sagt Meincke. Er glaubt, das junge Autofahrer, die das erste Jahr nicht allein fuhren, besser Gefahrensituationen einschätzen können. Der Verkehrsexperte der Polizeidirektion Andre Lutz fügt hinzu: „Auch einige Kfz-Versicherungen stufen inzwischen 18 Jahre alte Autofahrer, die ein Jahr begleitetes Fahren hinter sich haben, besser ein als andere.“

Menschen ab 65 Jahren verursachten im vergangenen Jahr 203 Unfälle

Eine weitere Gruppe von Autofahrern, die die Polizei genauer im Visier hat, sind Stormarner im Alter ab 65 Jahren. Sie haben im vergangenen Jahr 203 Unfälle verursacht. Das waren sieben mehr als im Vorjahr. Vor einem Vergleich mit jungen Autofahren warnt Holger Meincke. Senioren machen fast ein Viertel der Bevölkerung in Stormarn aus, die jungen Fahrer deutlich weniger. „Außerdem hätten beispielsweise viele der Frauen im Alter über 70 Jahren gar keinen Führerschein.“ Bedenken müsse man allerdings auch, dass Senioren rein statistisch gesehen im Schnitt nur 7000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurücklegen.

Polizei hat im Jahr 2016 deutlich mehr Autofahrer kontrolliert

Auffällig in der Statistik der Polizei ist ein enormer Anstieg von Geschwindigkeitsverstößen. Während 2016 in Stormarn 38.293 Temposünder überführt wurden, waren es im vergangenen Jahr 43.529. „Das liegt daran, dass in 2016 das Gerät kaputt war und wir auch krankheitsbedingt Ausfälle hatten“, sagt Holger Meincke. Den Kreis Stormarn dürfte diese Entwicklung freuen. Während er 2016 rund 1,36 Millionen Euro an Bußgeld durch Temposünder einnahm, waren es 2017 mit rund 1,58 Millionen Euro rund 220.000 Euro mehr im Vorjahr. Gestiegen ist auch die Zahl der Menschen, die angeschnallt fuhren oder Kinder nicht richtig im Auto sicherten. „Das ist uns zuletzt besonders aufgefallen. Wir hören dann Ausreden wie ,sind doch nur drei Kilometer zur Schule’“, sagt Meincke. Auch in diesem Bereich gab es 2017 deswegen Schwerpunktkontrollen. So sei auch der enorme Anstieg von 417 Verstößen auf 1265 zu erklären.