Ahrensburg. Polizei will Fahranfänger mit Schulungen über die Risiken aufklären. Zudem soll mehr kontrolliert werden.

Das Display des Handys leuchtet auf. Darauf erscheint der Hinweis, dass ein Freund über WhatsApp ein Foto geschickt hat. Es sind diese Momente, die beim Autofahren schnell gefährlich werden können. Zu groß ist die Neugier, die viele Autofahrer zum Mobiltelefon greifen lässt. Und wer nur eine Sekunde auf sein Smartphone statt auf die Straße schaut, ist bei Tempo 50 knapp 14 Meter im Blindflug unterwegs.

Insbesondere junge Fahrer bringen sich und andere Menschen so immer wieder in Gefahr. Sie sind es gewohnt, über soziale Netzwerke wie WhatsApp, Facebook oder Twitter zu kommunizieren. Über jede neue Nachricht oder jeden Kommentar werden sie umgehend auf dem Telefon informiert.

Wie viele Unfälle durch Ablenkung von Handys verursacht werden, kann nicht genau erfasst werden. Laut einer Befragung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) gab jeder zweite Autofahrer an, durch Ablenkung schon mal in eine brenzlige Situation geraten zu sein. Der ADAC geht davon aus, dass bei jedem zehnten Unfall Ablenkung eine Rolle spielt. Polizeikommissar Tino Sdunek weiß, warum es so schwierig ist, genaue Zahlen zu ermitteln: „Bei Auffahrunfällen gibt wohl kaum jemand zu, abgelenkt gewesen zu sein, weil er sein Handy bedient hat“. Auch bei vielen schweren oder gar tödlichen Unfällen, bei denen Autofahrer von der Straße abgekommen oder in den Gegenverkehr geraten sind, liege der Verdacht nahe, wenn es sonst keine Erklärung für den Unfall gibt.

Fahranfänger sind überdurchschnittlich oft an Unfällen beteiligt

Sdunek ist Verkehrslehrer und setzt bei jungen Fahrern auf Prävention. Seit mehr als 20 Jahren klärt er an den Berufsschulen in Ahrensburg und Bad Oldesloe über die Gefahren im Straßenverkehr auf. Während zu Beginn überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen die Schwerpunkte waren, ist in den vergangenen Jahren Ablenkung durch Handy-Nutzung mit auf den Stundenplan gerückt.

Issa Isso versucht,  einen Deckel in die Hand von Polizist Tino Sdunek zu legen. Mit der Rauschbrille muss sich der Berufsschüler dabei stark konzentrieren
Issa Isso versucht, einen Deckel in die Hand von Polizist Tino Sdunek zu legen. Mit der Rauschbrille muss sich der Berufsschüler dabei stark konzentrieren © HA | Dorothea Benedikt

Der Polizist und seine Kollegen hoffen mit Vorträgen, Filmen und Selbsttests, die Schüler für das Thema zu sensibilisieren. „Obwohl Menschen zwischen 18 und 24 Jahren nur 7,7 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sind sie überdurchschnittlich an Unfällen beteiligt. Von 1340 Unfällen, die die Polizei 2016 aufgenommen hat, waren in 286 Fällen junge Fahrer (18 bis 24 Jahre alt) beteiligt. 166 Unfälle wurden dabei von ihnen verursacht, in 106 Fällen wurden Menschen verletzt.

Drei Tote gehen 2016 auf das Konto von jungen Autofahrern

Besonders erschreckend ist dabei die Zahl der Verkehrstoten. Neun Menschen sind im vergangnen Jahr im Kreis Stormarn bei Verkehrsunfällen gestorben. Bei drei Opfern gilt eine junger Autofahrer als Verursacher.

Mit diesen Fakten führt Tino Sdunek den Berufsschülern die Folgen vor Augen, die Ablenkung, Rausch oder überhöhte Geschwindigkeit haben können. Deutlich wird dies in einem Film, den er zeigt. „Darin wird ein Unfall gezeigt, samt Folgen. Ein Kind ist tot und ein Mensch wird so schwer verletzt, dass er im Rollstuhl landet.“

Wie sich Alkohol auf die Reaktion und die Wahrnehmung auswirkt, erleben die Schüler mit der Rauschbrille. Issa Isso soll mit den so simulierten 1,3 Promille eine Treppe hinuntergehen, einen Ball aufheben oder eine Tür aufschließen. „Es wirkt alles weiter weg“ , sagt der 22-Jährige, den der Selbsttest verblüfft hat. „Ich finde es gut, dass die Polizei das macht“, sagt Isso.

Bußgeld für Handynutzung am Steuer ist auf 100 Euro erhöht worden

Bei der Ablenkung durch Smartphones setzt die Polizei allerdings nicht nur auf Prävention. Weil die Gefahr immer größer werde, führt die Landespolizei seit 2016 verstärkt Schwerpunktkontrollen durch. So sind im vergangenen Jahr landesweit 11.507 Autofahrer erwischt worden.

Somit hat die Zahl der Verstöße um fast 25 Prozent zugenommen. 2015 waren es nämlich noch 9265 Verstöße in ganz Schleswig-Holstein. In Stormarn hat die Zahl der ertappten Handysünder hingegen abgenommen. Während 2014 die Polizei 693 Fälle registrierte, wurden 2015 nur noch 436 Bußgeldverfahren eingeleitet und vergangenes Jahr 332. Ob im Kreis weniger kontrolliert werde, konnte die Polizei auf Anfrage nicht sagen.

Weil auch die Politik die Gefahren von Handys am Steuer erkannt hat, ist das Bußgeld erneut angehoben worden. Seit Ende Oktober liegt die Strafe bei 100 Euro (zuvor 60 Euro), zudem gibt es einen Punkt in Flensburg.