Reinbek. Stiftung Rade möchte Anbau mit Fundraising finanzieren. Entwurf zeigt Erweiterung in Halbei-Form. Das letzte Wort haben die Politiker.
Die Idee ist spektakulär und inzwischen von einem Architekturbüro visuell konkretisiert: Auf mehreren Skizzen ist das Museum Rade in Reinbek mit einem Anbau in Halbei-Form versehen und dadurch dreimal so groß wie jetzt. Die Verantwortlichen der Stiftung würden die Zeichnungen gern in die Realität umsetzen lassen und das Projekt durch Fundraising verwirklichen. Ein Spezialist auf diesem Gebiet steht als Berater in den Startlöchern.
Loslegen kann er allerdings nicht. Denn ob die Erweiterung möglich ist, muss noch geklärt werden. Dabei geht es in erster Linie um Hochwasser- und Denkmalschutz. Die zuständigen Behörden haben noch keine detaillierten Aussagen über die Machbarkeit getroffen. Es gibt Andeutungen, die darauf hinweisen, dass die Sache nicht einfach wird.
Die Immobilie gehört der Stadt Reinbek
Ein Problem schildert Bernd M. Kraske, der Vorsitzende der Museumsstiftung, so: „Das Areal ist Überschwemmungsgebiet, dort darf nicht neu gebaut werden.“ Er hofft aber, dass ein Anbau an das Gebäude möglich ist. Dieses liegt nahe der Bille.
Das Museum Rade ist seit 1987 in der Gründerzeitvilla gegenüber dem Schloss beheimatet. Die Immobilie gehört der Stadt. Das Haus hat neben dem Hochparterre drei weitere Etagen. Die Räume sind jedoch verwinkelt, bei Vorträgen ist nur Platz für die Stühle von 30 Besuchern. Das reicht bei vielen Veranstaltungen nicht aus. Außerdem ist das Gebäude nicht barrierefrei, und es fehlen Notausgänge.
Deshalb weicht das Museum mehrmals pro Jahr in das Schloss aus, wo hochkarätige Referenten wie zum Beispiel der Zukunftswissenschaftler Horst Opaschowski vor mehr als 250 Gästen sprechen. „Das belastet unser Budget, weil wir für den Raum zahlen müssen. Außerdem wollen wir künftig noch mehr Veranstaltungen machen“, sagt Kraske. Bei einer Vergrößerung könnten zudem die beliebten Reinbeker Kamingespräche ins Museum verlagert werden. „Wir würden Angebote als offenes Haus machen, zum Beispiel für Flüchtlinge, könnten Heimat für den Filmring und andere Gruppen werden“, sagt der 70 Jahre alte Kulturschaffende.
Konzept beinhaltet einen Saal mit 150 Sitzplätzen
Kraske und seine Mitstreiter verfahren bei ihrem Vorhaben nach dem Prinzip „Alles unter einem Dach“. Von mehr als 10.000 Exponaten in Stiftungsbesitz, neben Gemälden auch Skulpturen und Masken, sind etwa 450 im Haus zu sehen. Der Großteil ist an anderen Orten verstaut, zum Beispiel in Hamburg-Lohbrügge. Das soll sich ändern.
Der Entwurf des Architektenbüros Gössler Kinz Kerber Kreienbaum (GKKK) aus Hamburg zeigt einen Saal mit 150 Sitzplätzen samt Bühne und Räumen drumherum für Lager, Werkstatt, Garderobe und Büro. Auch ein Gastronomiebereich mit 25 Quadratmetern ist Bestandteil. Gläserne Fassaden ermöglichen einen Blick auf das gegenüberliegende Schloss. Das Konzept beinhaltet einen Fahrstuhl, der von der Villa in den Anbau führt.
Kraske rechnet mit Kosten zwischen einer und eineinhalb Millionen Euro. Es gebe noch viele Unwägbarkeiten, zum Beispiel, ob auf Stelzen gebaut werden müsse. Die Stiftung will die Summe selbst auftreiben, Spenden sammeln und Sponsoren aus der Wirtschaft gewinnen. Außerdem hofft sie auf EU-Fördermittel. In Sachen Fundraising ist Rudolf Zahn der Experte im Stiftungsvorstand. Der Ehrenamtler hat zum Beispiel mit seinem Engagement dazu beigetragen, dass die katholische Kirche in Glinde umgebaut wurde.
Stadt bliebe auch bei Ausbau alleiniger Eigentümer
Der 77 Jahre alte Zahn konnte für den Museumsplan Ralf Tappe als Berater gewinnen, der einen Millionenbetrag für die Sanierung des Hildesheimer Doms gesammelt hat. „Wir sind bereit, werden aber erst Gespräche für finanzielle Unterstützung aufnehmen, wenn wir wissen, dass eine Erweiterung rechtlich möglich ist und auch die Kommune mitspielt“, sagt Zahn. Denn das letzte Wort haben die Politiker. Ohne ihre Zustimmung läuft nichts. Dass sie in einem absehbaren Zeitraum Geld aus der Stadtkasse für das Vorhaben bereitstellen, ist unwahrscheinlich.
Reinbek hat einen Investitionsplan mit entsprechenden Projekten bis 2020, der die Kreditaufnahme pro Jahr auf fünf Millionen Euro deckelt. Er ist bereits leicht überzogen – und das Museum ist darin nicht aufgeführt. SPD-Fraktionschef Volker Müller sagt: „Ein größeres Gebäude zu unterhalten würde auch mehr Kosten verursachen. Das können wir uns nicht leisten.“ Die Stadt hat einen Vertrag mit der Stiftung, der einen Zuschuss zu den Betriebskosten beinhaltet.
Kraske geht davon aus, dass es bis zu zwei Jahre dauert, bevor die Stiftung ausreichend Geld gesammelt hat. Seine Mitstreiter und er haben die Verwaltung gebeten, eine Erweiterung zu prüfen. Neben der Hochwasserproblematik kommt hinzu, dass die Villa unter Denkmalschutz steht. Deshalb muss geklärt werden, ob ein moderner Anbau gesetzeskonform ist.
Museum trägt zur kulturellen Vielfalt in Reinbek bei
Der Fall liegt im Zuständigkeitsbereich von Bauamtsleiter Sven Noetzel. Er sagt: „Die Prüfung läuft noch. Es gibt bisher Aussagen der zuständigen Fachbehörden bei Kreis und Land, dass es schwierig wird.“ Es sei aber nichts unmöglich. „Die Sache wird jetzt konkretisiert, das impliziert auch mögliche Auflagen“, so Noetzel.
Alexander Ladischensky, der hauptamtliche Geschäftsführer der Museumsstiftung, bringt auch andere Varianten der Erweiterung ins Spiel. Er sagt: „Ein Projekt dieser Größenordnung muss ausgeschrieben werden, da könnten Architekten mit veränderten Entwürfen das Rennen machen.“ Letztlich entscheide die Stadt, die auch bei einer Finanzierung des Anbaus durch die Stiftung alleiniger Eigentümer der Immobilie bliebe.
Das Museum Rade trägt mit seinen Ausstellungen und Lesungen im erheblichen Maß zur kulturellen Vielfalt in Reinbek bei. Es bietet auch Museumspädagogik für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren an sowie Führungen speziell für Schulklassen. Es ist voraussichtlich noch bis zum Frühjahr geschlossen, weil auf dem Areal ein Regenrückhaltebecken ausgehoben wird.
Informationen zur Stiftung:
Rolf Italiaander,Schriftsteller und Forschungsreisender, machte seine Kunstsammlung 1970 im Tangstedter Ortsteil Rade zum Museum. Dieses zog vor 30 Jahren nach Reinbek. Der Gründer starb 1991 in Hamburg. Das Geld aus dem Verkauf seines Hauses floss in die Museumsstiftung, die 1,1 Millionen Euro Kapital hat. Davon darf nichts ausgegeben werden. Für Investitionen werden Zinsgewinne verwendet.
In Reinbek wird auf vier Etagen Volkskunst aus aller Welt präsentiert. Eines der Herzstücke des Museums ist die Ausstellung mit klassischer und moderner naiver Malerei. Auch gibt es eine Afrika-Abteilung.