Reinbek. Die Stiftung Rade geht auf Sponsorensuche, um spektakuläre Idee zu verwirklichen. Auch die Stadt Reinbek muss zustimmen.
Seit zweieinhalb Wochen hat das Museum Rade in Reinbek geschlossen. Die Räume im Hochparterre sind leergeräumt, gleiches wird in Kürze auch in den anderen drei Etagen der Villa geschehen. Dann erhalten die Wände frische Farbe. Weil der Parkplatz ohnehin gerade gesperrt ist wegen der Installation eines Regenrückhaltebeckens, passt es mit der Auszeit. Im Unterschied zu dem, was in den kommenden Jahren dort passieren könnte, sind die Arbeiten Kleinkram. Denn das Museum will wachsen.
Es gibt eine spektakuläre Idee: Sie sieht einen Anbau in Halbei-Form vor mit einem Saal für 150 Gäste samt Bühne und Räumen drumherum. Dazu gibt es gläserne Fassaden, die einen Blick auf das gegenüberliegende Schloss ermöglichen sollen. Das Haus würde sich in Sachen Größe verdreifachen. „Wenn wir das Geld hätten, würden wir es genauso bauen“, sagt Bernd M. Kraske, Vorsitzender der Museumsstiftung, deren Kapital 1,1 Millionen Euro beträgt. Davon darf aber nichts abgezweigt werden. Für Investitionen können nur die Zinsgewinne verwendet werden. Bei den aktuellen Sätzen der Geldinstitute kommt nicht viel herum. „Wir wollen Spenden sammeln und Sponsoren gewinnen, zum Beispiel aus der Wirtschaft“, so der 69-Jährige. Zudem hoffe er auf EU-Fördermittel, will auch das Land Schleswig-Holstein und den Kreis ansprechen.
Dem Museum gehören mehr als 10.000 Exponate
Zuerst muss allerdings ein konkretes Konzept vorliegen und geklärt werden, wie teuer der Anbau wird. Daran arbeiten gerade Architekten. Bisher gibt es nicht einmal eine Kostenschätzung. Kraske sagt, es könne auf zwei Millionen Euro hinauslaufen. Rein vom Gefühl her. Das Wort Planung will er noch nicht in den Mund nehmen, spricht vorerst bewusst von einer Idee. Diese existiert auf einem Blatt Papier. Entworfen hat sie ein Experte, der das halbe Ei per Hand skizziert hat. Eine Visualisierung wurde nicht angefertigt. Bernd M. Kraske erwartet einen Spatenstich nicht vor 2020. Denn die Finanzierung ist die eine Seite. Es gilt, weitere Hürden zu nehmen. Zum Beispiel die Zustimmung der Kommunalpolitik einzuholen. Eigentürmer des Gebäudes ist nämlich die Stadt. „Auch die Denkmalpflege muss mitspielen“, sagt der Stiftungsvorsitzende. Natürlich seien auch andere Varianten der Erweiterung möglich.
Die Notwendigkeit einer Vergrößerung begründet der hauptamtliche Geschäftsführer Alexander Ladischensky (41) so: „Das Haus ist nicht barrierefrei, es fehlen Notausgänge, und bei vielen Veranstaltungen reicht der Platz nicht aus.“ Die noch nicht ausgearbeitete Idee beinhaltet auch einen Fahrstuhl, der vom Bestandsgebäude in den Anbau führt.
Expansion des Museums soll vorangetrieben werden
Der Hamburger Ladischensky ist seit Juli 2016 hauptamtlicher Museumsleiter, hat Betriebswirtschaft sowie Marketing studiert und Kraske in dieser Funktion abgelöst, der die Geschäfte ehrenamtlich leitete. Mit seiner Expertise soll er an der Seite des versierten Kulturmanagers die Expansion des Museums vorantreiben. Die beiden Kulturschaffenden betonen, dass es ihnen bei dem Projekt nicht um Luxus gehe, sondern um Funktionalität. Praktisch solle es vor allem sein. In Konkurrenz zum Schloss wolle man nicht treten.
Der jetzige Veranstaltungsraum in der rosafarbenen Villa hat Platz für 35 Gäste, wenn er bestuhlt ist. Deshalb muss das Museum Rade mehrmals pro Jahr in das Schloss ausweichen, wo zu den Lesungen mitunter mehr als 100 Besucher kommen. Dafür stellt die Stadt pro Abend 150 Euro in Rechnung. Das stört Kraske nicht. „Dafür allerdings die Wahrnehmung der Öffentlichkeit, die solche Events nicht mit uns, sondern dem Schloss verbindet.“
Museum will sich inhaltlich anders aufstellen
Mit einer Erweiterung wäre das Museum diese Sorgen los, alles unter einem Dach und die Ei-Ausbauvariante gewiss ein großer Imagegewinn. Zugleich würden die Lagerkapazitäten steigen. Von den mehr als 10.000 Exponaten in Stiftungsbesitz, neben Gemälden unter anderem auch Skulpturen und Masken, sind etwa 450 im Haus ausgestellt. Der Großteil ist an anderen Orten verstaut.
Das Museum Rade trägt mit seinen Ausstellungen und Lesungen im erheblichen Maß zur kulturellen Vielfalt Reinbeks bei. Es bietet auch Museumspädagogik für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren an einem Freitag pro Monat an sowie kindgerechte Führungen speziell für Schulklassen.
Kunst auf vier Etagen seit 1987
Über eines herrscht schon jetzt Klarheit. Inhaltlich wird sich die Einrichtung anders aufstellen. Kraske sagt zum Abendblatt: „Wir legen den Schwerpunkt künftig mehr auf die Fremdenkultur. Das Haus dient der Völkerverständigung.“ Ein Anbau, das verrät er, werde auf jeden Fall in den Besitz der Stadt übergehen, auch wenn die sich daran finanziell nicht beteilige. Genauso ungewiss wie die Größe der Erweiterung ist auch der Termin, an dem das Museum wieder eröffnet. Derzeit wird die Straße, über die man zur Villa gelangt, saniert. Immer wieder sind Teilabschnitte gesperrt. Nicht zu vergessen die Arbeiten am Parkplatz. Stiftungschef Kraske sagt, er möchte im Oktober wieder Besucher im Haus begrüßen.