Glinde. Gymnasium in Glinde könnte nach Umzug Platzprobleme bekommen. Für die Stadt würde das Projekt Schulfusion noch teurer werden.
Die geplante und umstrittene Fusion der beiden Glinder Gemeinschaftsschulen, die mit einem Umzug des Gymnasiums einhergeht, könnte für Glinde teurer als erwartet werden. Grund ist das Vorhaben der Landesregierung, flächendeckend zum Abitur nach 13 Schuljahren zurückzukehren. In diesem Fall müsste das Gebäude am Holstenkamp, die neue Heimat des Gymnasiums, womöglich ausgebaut werden. Voraussetzung dafür ist ein rapides Ansteigen der Anmeldezahlen, was möglich erscheint. Von ihrem Ziel der Zusammenlegung der Bildungseinrichtungen weichen Glindes Politiker trotzdem nicht ab.
Stoppen könnte das umfangreiche Projekt ein Bürgerentscheid, dessen Termin auf der heutigen Stadtvertretersitzung festgelegt wird. Angedacht ist der 24. September. Vorausgegangen war ein Bürgerbegehren, initiiert von einer Elterninitiative der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld. Sie ist gegen die Fusion mit der Sönke-Nissen-Schule. Im Zuge derer sollen Gymnasium und die Wiesenfelder Schule die Standorte tauschen. Jener am Holstenkamp wurde über Jahre für elf Millionen Euro auf Vordermann gebracht. In wenigen Wochen sind die Arbeiten erledigt.
Schulexperten fürchten bei Systemwechsel Ansturm auf Gymnasien
Scheitert die Initiative mit ihrem Ansinnen, steht der Fusionsbeschluss zum Sommer 2018. Ein Jahr später sollen Gymnasien G9 umsetzen. Zu diesem Zeitpunkt wäre der Umzug schon verwirklicht. „Wenn die Zeit zum Abitur an allen Schulen gleich ist, werden Gymnasien aus allen Nähten platzen, weil Eltern die Ausbildung höher einschätzen als auf Gemeinschaftsschulen“, sagt Johannes Ratzek, Lehrer am Glinder Gymnasium. Ähnlich sieht es auch der SPD-Landtagsabgeordnete und Schulexperte Martin Habersaat aus Reinbek, der früher selbst als Lehrer gearbeitet hat: „Wenn die Unterscheidung G8 an Gymnasien und G9 an Gemeinschaftsschulen nicht mehr gegeben ist, werden mehr Schüler eines Jahrgangs an die Gymnasien strömen.“ Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass der Südkreis in den kommenden Jahren wachsen wird, insbesondere durch den Zuzug junger Familien. Das impliziert auch weitere Schüler.
Laut Verwaltung reichen die Räume am Holstenkamp für G9 mit einem Jahrgang mehr als jetzt und gleichbleibenden Anmeldungen aus. „Steigen diese jedoch, kriegen wir Probleme“, sagt Bernd Mahns, Leiter des Amtes für Bürgerservice. Wann eine Schmerzgrenze erreicht ist, kann er nicht beziffern. Bei fehlenden Kapazitäten müsste die Schule laut Ratzek Jungen und Mädchen ablehnen. So etwas hat es am Glinder Gymnasium noch nie gegeben.
Wohl aber an der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld, die im Gegensatz zur Sönke-Nissen-Schule eine Oberstufe hat. Genau deshalb will die Politik eine Fusion, damit Kinder auf ihre Wunsch-Bildungseinrichtung gehen können. Die neue Gemeinschaftsschule im großen Schulzentrum am Oher Weg wäre Heimat für rund 1300 Jungen und Mädchen. Eine Zusammenlegung kostet mehrere Millionen Euro. Die genaue Summe hängt davon ab, welche Um- oder Anbauten die Entscheidungsträger für sinnvoll erachten. Als sie die Schulehe beschlossen, war von einer Rückkehr zu G9 noch keine Rede – und damit auch ein Platzproblem am neuen Standort des Gymnasiums nicht Bestandteil der Überlegungen.
Landtag debattiert über Landeshilfe für Kommunen
„Solange es keine belastbaren Zahlen für die These eines überlaufenden Gymnasiums gibt, besteht kein Grund, an der Fusion zu rütteln“, sagt der Grünen-Ortsvorsitzende Jan Schwartz. Auch SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach hält an der Zusammenlegung fest: „Wenn es am Gymnasium eng wird, müssen dort Möglichkeiten geschaffen werden wie zum Beispiel Provisorien in Form von Schulcontainern.“ Der CDU-Vorsitzende Rainer Neumann sagte gegenüber dem Abendblatt: „Auf einen Verdacht hin alles infrage zu stellen, wäre politisch nicht richtig.“
Schleswig-Holsteins SPD möchte, dass das Land die Kosten übernimmt, wenn Kommunen ihre Gymnasien wegen G9 erweitern müssen und lässt darüber heute im Landtag debattieren.