Glinde. Pro und kontra Fusion der beiden Gemeinschaftsschulen: Auf dem Markt trennen die beiden Interessengruppen nur 50 Meter.
Die „Interessengemeinschaft Schulvielfalt in Glinde“ hat mit aktuell 1200 Befürwortern ihr erstes Etappenziel fast erreicht. Sie braucht mindestens 1298 Unterschriften – das sind neun Prozent der Wahlberechtigten bei der jüngsten Kommunalwahl –, damit ihr Bürgerbegehren gegen die Zusammenlegung der beiden städtischen Gemeinschaftsschulen geprüft wird. Den Antrag behandelt die Kommunalaufsicht des Kreises.
Parallel dazu haben sich auch die Befürworter organisiert. Die Gruppe „Pro Schulfusion Glinde“ verteilt seit Anfang Juni Flugblätter auf Stadtfesten und dem Wochenmarkt. Just dort, wo die Gegner seit 20. Mai um Unterschriften werben.
Sie wollen informieren, „warum die Fusion so wichtig ist“
Rund 50 Meter Luftlinie trennen die Stände der Kontrahenten am Sonnabend in der Innenstadt. Die Befürworter der Fusion versuchen, am Eingang der Einkaufspassage mit Passanten ins Gespräch zu kommen. Sarah Junges, Lehrerin an der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule, verteilt Flugblätter. „Geben Sie nicht leichtfertig ihre Unterschrift“ und „Nein zum Bürgerbegehren“ steht in fetten, roten Lettern darauf. Darüber stehen die Vorteile der Fusion.
Zwei Drittel der Angesprochenen nähmen das Flugblatt an, sagt Junges. Sie ist eine von derzeit 44 Aktiven . „Wir wollen informieren, warum die Fusion so wichtig für alle Schüler ist“, sagt Elternvertreterin Inga Martins.
Und Oliver Sendzik meint: „Bisher war alles sehr einseitig, es ist ja leichter, gegen etwas zu sein.“ Sendzik sitzt für die SPD in der Stadtvertretung, sein Sohn besucht die neunte Klasse der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule.
Befürworter wollen Platz-Garantie für alle Stadt-Kinder
Kernargument der Befürworter ist, dass es an einer fusionierten Gemeinschaftsschule keine Ablehnung von Glinder Viertklässlern mehr geben wird. Als einzige Schule ihrer Art müsse sie alle Kinder aus dem Ort aufnehmen.
Neben dem Gymnasium gibt es in Glinde zwei Gemeinschaftsschulen. Das Abitur ist allerdings nur an der früheren Gesamtschule in Wiesenfeld möglich. Die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule hat als ehemalige Realschule keine Oberstufe und wird deswegen weniger nachgefragt. In den vergangenen Jahren musste die Wiesenfelder Einrichtung viele Kinder abweisen. Ein Großteil landete an der Sönke-Nissen-Schule.
Das Auswahlverfahren der Wiesenfelder ist ein rotes Tuch für die Fusionsbefürworter. Familienvater Michael Hass hat es erlebt und sagt: „Man hat keine Wahl! Man wird ausgewählt, und das ist für mich völlig willkürlich.“
Gegner befürchten eine anonyme Lehranstalt
Die Fusionsgegner mit dem Namen „Interessengemeinschaft Schulvielfalt in Glinde“ (IGSiVG) haben sich direkt am Marktplatz positioniert. „Auch Eltern der Sönke-Nissen-Schule unterschreiben hier gegen die Fusion“, sagt der Wiesenfelder Elternvertreter Frank Scharkus.
Madlen Christiansen und Frank Schomann sind zwei der rund 100 Aktiven, ihre Kinder besuchen die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld. Schomann hat auch in seinem Wohnviertel Unterschriften gesammelt. Er sagt: „Wir erfahren wenig Ablehnung. Die meisten wollen, dass es so bleibt, wie es ist.“ Die Fusionsgegner wollen zwei Gemeinschaftsschulen in Glinde erhalten. Sie befürchten eine „anonyme Lehranstalt“ mit 1300 Schülern, in der Schwächere auf der Strecke bleiben würden. Außerdem sei die Fusion zu teuer, das Geld könnte sinnvoller eingesetzt werden.
Jörg Förster, Sprecher der Fusionsgegner, wehrt sich gegen den Vorwurf, die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld selektiere bevorzugt Schüler nach guten Noten und Sozialverhalten. Das Auswahlverfahren sei durch das Ministerium vorgegeben. „Es findet keine Auswahl lediglich auf Grund guter Zensuren oder eines hervorragenden Sozialverhaltens statt.“ Und es sei Vorgabe der Schulkonferenz, Geschwisterkinder in jedem Fall aufzunehmen.
Laut Zug braucht die Stadt die auswärtigen Schüler
Die Schule habe aber vom Ministerium die Erlaubnis, zehn Prozent der Kinder auszuwählen, die in den „überfachlichen Kompetenzen“ besonders stark sind. Dies soll gewährleisten, dass die Mischung der Zusammensetzung an Grundschulen entspricht.
Es sei befremdlich, dass sich die Fusionsbefürworter in erster Linie für Glinder Kinder einsetzten, meint der Initiativensprecher. Schließlich habe die Stadt mit der Gemeinde Oststeinbek ein Abkommen zur Aufnahme von Schulkindern, da es dort keine weiterführende Schule gibt.
Laut Bürgermeister Rainhard Zug braucht die Stadt die auswärtigen Schüler, da diese einen großen Teil der Schulkosten finanzieren. Derzeit kommt rund die Hälfte der Gemeinschaftsschüler in Wiesenfeld nicht aus Glinde. Daran hat sich auch in der aktuellen Anmelderunde nichts verändert. Erstmals konnten alle Bewerber aufgenommen werden: 47 der neuen Schüler stammen aus Glinde, 41 von außerhalb.