Ahrensburg. Bebauung der Alten Reitbahn wird durch Abwasserrohr behindert. Auswirkung auf Bahnhofsareal. Frist für Planung ein Jahr verlängert.
Der Plan, im Herbst 2019 ein Kino neben dem Ahrensburger Bahnhof zu eröffnen, lässt sich offensichtlich nicht umsetzen. Die Regisseure – die Bremer Melchers-Gruppe als Investor und K-Motion aus Hamburg als Betreiber – müssen eine unfreiwillige Drehpause einlegen. Das wurde jetzt auf der Stadtverordnetenversammlung bekannt, die wegen Reparaturen an der Deckenverkleidung im Marstall in den Alfred-Rust-Saal verlegt worden war.
Gleich zu Beginn der Sitzung zeigte Jochen Proske, Vorsitzender der SPD-Ahrensburg, dass er ein Händchen für perfekte Dramaturgie hat. Er überraschte mit dem Antrag, den einzigen als nicht öffentlich gekennzeichneten Tagesordnungspunkt, eine Grundstücksangelegenheit, öffentlich zu behandeln. Seine Begründung lautete, dass ja ohnehin durch die Presse alles über das zu behandelnde Projekt bekannt sei.
Die „Anhandgabe“ wird um ein Jahr verlängert
Die Stadtverordneten folgten diesem Begehren, sodass für Spannung gesorgt war, weil erst am Ende aufgelöst wurde, um welches Grundstück es gehen sollte. Die Pointe: Die Bebauung des Langzeitprojekts Alte Reitbahn wird sich erneut verzögern. Die Stadtverordneten beschlossen mit deutlicher Mehrheit von CDU, Grünen, Wählergemeinschaft WAB und FDP gegen die Stimmen der SPD, dass die sogenannte Anhandgabe um ein Jahr bis zum 30. Juni 2018 verlängert wird.
Als Begründung für die großzügige Fristerweiterung wurde ein Problem genannt, das in die Zuständigkeit der Stadt fällt und den gesamten Projektentwicklungsprozess behindert: Offenbar wurde erst nach der Anhandgabe im März 2016 entdeckt, dass ein Abwasserkanal unter dem Grundstück verläuft, der die ursprüngliche Planung unmöglich macht, weil er nicht überbaut werden darf.
Diese Wendung überraschte alle Gäste, die doch laut Jochen Proske angeblich längst im Bilde waren. Ein Schelm, wer denkt, dass Ahrensburgs SPD-Chef vor der Bühne des Alfred-Rust-Saals eine theaterreife Inszenierung vorbereitete. Denn jetzt ist es öffentlich, dass es bei dem von der SPD ungeliebten Projekt ziemlich hakt.
Kino soll auf dem jetzigen Supermarkt-Areal entstehen
Mit der Bebauung der Alten Reitbahn steht aber auch das geplante Kino am Bahnhof in unmittelbarem Zusammenhang. Der Neubau mit fünf Sälen und rund 770 Plätzen soll auf dem 4500 Quadratmeter großen Areal des Edeka-Supermarktes an der Bahnhofstraße (es gehört Melchers) stehen. Der Laden müsste vorher in einen Neubau auf der Alten Reitbahn umziehen. Dort sind auf 6000 Quadratmetern über dem Supermarkt etwa 30 Wohnungen, ein weiterer Block mit Sozialwohnungen und eine Tiefgarage vorgesehen. Insgesamt will Melchers einen zweistelligen Millionenbetrag in Ahrensburg investieren.
Ursprünglich sollte der Investor bis zum 30. Juni dieses Jahres einen detaillierten Vorhaben- und Erschließungsplan für die Reitbahn präsentieren, um danach zügig den Bauantrag zu bearbeiten. Jetzt stimmten die Stadtverordneten dafür, die Frist bis zum 30. Juni 2018 zu verlängern. Mit der Anhandgabe verpflichtet sich die Stadt, das Grundstück nicht an einen Dritten zu verkaufen.
Eröffnung des Kinos vor 2021 erscheint illusorisch
„Wir haben uns bei diesem Projekt von jeglichen Terminkalendern verabschiedet“, sagt Mike Müller, Geschäftsführer der Melchers-Gruppe für Immobilien. Auf das Abwasserrohr unter dem Grundstück habe zunächst niemand hingewiesen. Müller: „Wir hoffen, dass jetzt alle potenziellen Störquellen entdeckt sind.“ Jede neue Bauvariante bedeute erhebliche Mehrarbeit für interne und externe Planer. „Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, ändert sich auch der komplette Baukörper“, sagt Müller. Hinzu komme, dass das alte Flachdachgebäude von Edeka am Bahnhof nicht mehr ewig stehen könne. Für den Erhalt der Arbeitsplätze und die Kunden sei der Umzug in den Neubau – mit 2200 statt jetzt 1300 Quadratmeter Verkaufsfläche – unabdingbar.
Sollte für das Projekt die neue Frist tatsächlich ausgereizt werden, könnten vermutlich erst im Frühjahr 2019 die Arbeiten auf der Reitbahn beginnen. „Im Winter fängt man mit einem so großen Projekt nicht an“, sagt Müller. Bei mindestens eineinhalb Jahren Bauzeit wäre im Sommer 2020 Einweihung. Erst dann könnte der jetzige Edeka abgerissen und das Kino errichtet werden. So scheint die Eröffnung vor Herbst 2021 illusorisch – und damit zwei Jahre später als angestrebt.
Abwasserrohr behindert geplante Tiefgarage
Seit mehr als fünf Jahren wird über die Bebauung des Areals an der Straße Alte Reitbahn nicht nur diskutiert, sondern es gab auch verschiedene Ideen für die Bebauung, eine frühere Anhandgabe und eine Menge Querelen. Das nun favorisierte Konzept ist eine etwas verschachtelte Planung, deren Feinheiten und zeitliche Abläufe genau ausgearbeitet werden müssen – in beiderseitigem Interesse. Die Stadt will die Gewähr, dass das Projekt inklusive der Folgeplanung des Kinos wie angekündigt umgesetzt wird. Der Investor braucht eine realistische Kalkulation für das Bauvolumen und den wirtschaftlichen Betrieb, um einen angemessenen Kaufpreis auszuhandeln.
Dass all das durch den Kanal auf dem Grundstück deutlich komplizierter geworden ist, bestätigt Ahrensburgs Bauamtsleiter Peter Kania. „Das Rohr hat als Regenwassersammler eine nicht unerhebliche Dimension“, sagt er und fügt hinzu, dass es sich um ein sogenanntes 800er-Rohr (mit 80 Zentimeter Außendurchmesser) handelt, das entlang des Knicks verlegt ist. Das ist insofern misslich, als die Tiefgarage in dem geplanten Gebäude bis an den Knick heran geplant war und kleiner ausfallen müsste, wenn der Abwasserkanal nicht verlegt würde. Eine Mindestanzahl von Stellplätzen in der Tiefgarage als Kompensation für den aktuellen Reitbahn-Parkplatz war jedoch eine der Bedingungen für die politische Zustimmung zur Projektentwicklung durch Melchers.
„Wir haben jetzt zwei Alternativen zu prüfen“, sagt Peter Kania. „Möglich wäre die Verlegung des Rohrs unterhalb der Fahrbahn am Grundstück. Doch das wäre kompliziert und kostenintensiv.“ Die zweite Möglichkeit hält er für praktikabler: „Die Verlegung des Kanals hinter den Knick. Das würde insofern gut passen, als dort sowieso ein Verbindungsweg geplant ist, der an dem benachbarten Bauprojekt Hamburger Straße auf dem ehemaligen VW-Gelände entlangführt.“ Die Stadt werde die durch die Fristverlängerung gewonnene Zeit für Verhandlungen mit den derzeitigen Grundstückseigentümern nutzen.