Ahrensburg. Erste Bilanz nach 100 Tagen im Amt: Gemeinderat setzt nach Missbrauchsskandal und St.-Johannes-Streit auf Transparenz.
Vertrauen. Dieses Wort fällt immer wieder, als Mitglieder des Ahrensburger Kirchengemeinderats die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit bilanzieren. „Man hat Leute um sich, denen man vertrauen kann“, sagt der Vorsitzende des Gremiums, Herbert Meißner. „Es muss ums Miteinander gehen, damit wir neues Vertrauen gewinnen können“, meint Florian Lemberg. „Das gemeinsame Ziel verbindet“, sagt Susanne Geißler-Schön. „Gegenseitiger Respekt ist jederzeit spürbar“, so Jan Hansen. „Wir führen einen spannenden und konstruktiven Diskurs“, sagt Margit Kreß, „in dem sich Meinungen auch ändern.“
Sitzungen sind ab dem Sommer öffentlich
Nach von Streit und Misstrauen geprägten Jahren – ausgelöst durch Missbrauchsskandal und vorübergehende Schließung der St. Johanneskirche – verspürt der seit Januar amtierende Gemeinderat Aufbruchstimmung. Dass sich nicht sämtliche Gräben von heute auf morgen schließen, wissen alle 16 Ratsmitglieder. „Es hat auf allen Seiten Wunden gegeben, die heilen müssen“, sagt Herbert Meißner, einer von 13 Neulingen in dem Führungsgremium. Er war bis zur Pensionierung Leiter des Evangelischen Missionswerks, ist Theologe – und staunt über die Fülle an Aufgaben. „Dank der enormen Einsatzbereitschaft aller kommen wir gut voran“, sagt Meißner.
So dauerten die bisherigen monatlichen Sitzungen bis gegen Mitternacht, hinzu kommen die Ausschüsse. Trotzdem mache der Einsatz auch Spaß, wie alle Anwesenden mit fröhlichen Gesichtern versichern. Pastorin Ursula Sieg fasst die Abende so zusammen: „Sie sind lang, aber irgendwie auch schön.“ Für Juni ist eine zweieinhalbtägige Klausurtagung geplant.
Der Rat lässt seinen Worten auch Taten folgen. Neu gegründet wurden die beiden Ausschüsse für Öffentlichkeitsarbeit und fürs Gemeindeleben. „Wir arbeiten sehr viel transparenter als vorher“, sagt Florian Lemberg, der den PR-Ausschuss leitet. So sind Ergebnisse der Sitzungen auf der Internetseite www.kirche-ahrensburg.de nachzulesen. Nach den Sommerferien sind die Treffen grundsätzlich öffentlich. „Dann kann jeder teilnehmen“, so Lemberg.
Zwei vakante Pfarrstellen sollen schnell besetzt werden
Noch schneller sollen die vakanten Pfarrstellen – seit der Pensionierung von Hans-Martin Bruns im März sind es zwei von fünf – besetzt werden. Oliver Oken aus dem hessischen Korbach (bei Kassel) hat sich bereits bei einem Gottesdienst in der St. Johanneskirche vorgestellt, kann voraussichtlich im Juli anfangen. Er soll in das Pastorat am Kirchsaal Hagen einziehen.
Möglicherweise schon Anfang Juni könnte die Landeskirche einen Vikar nach Ahrensburg schicken. „Wir haben uns angemeldet, allerdings gibt es mehr Stellen als Berufsanfänger“, sagt Pastorin Sieg. Bei diesem Thema gebe es auch Unterstützung aus dem Kirchenkreis Hamburg-Ost, mit dem die Zusammenarbeit „konstruktiv“ sei.
Dass Ahrensburg seine fünf Pfarrstellen behält – laut Personalschlüssel wären es nur noch viereinhalb – ist für den Gemeinderat ein gutes Zeichen vom Kirchenkreis. „Auch in diesem Verhältnis sind manche Verspannungen der Vergangenheit zu überwinden“, sagt Herbert Meißner. Zugleich bekräftigt er, dass die angemahnte Entwidmung der St. Johanneskirche mit dem neu gewählten Gremium nicht zu machen ist: „Wir wollen drei Predigtstellen in der Stadt erhalten.“ Über die Schlosskirche und den Kirchsaal Hagen gibt es keine Diskussionen.
Entsprechend gelassen geht die Gruppe das Thema an. „Wir haben noch nicht eine Sekunde über St. Johannes gesprochen“, sagt Florian Lemberg. Und Susanne Geißler-Schön ergänzt: „Der jetzige Vertrag mit dem Förderverein gilt bis 2019, wir haben keinen Zeitdruck.“
Der St.-Johannes-Förderverein ist für Herbert Meißner ein Modell, das auf die gesamte Kirchengemeinde ausgeweitet werden sollte, um deren Zukunft zu sichern. Neben dem anderen großen Baustein: Vertrauen.