Ahrensburg. Alle Fraktionen wollen die Wohneinheiten im Flächenplan auf 514 reduzieren. Bürgermeister Sarach kontert Kritik an Informationsfluss

Als Jürgen Siemers, der Vorsitzende des Bürger- und Grundeigentümervereins Waldgut Hagen, bei der mit rund 100 Zuhörern außergewöhnlich gut besuchten Stadtverordnetenversammlung zu Beginn der Einwohnerfragestunde ans Mikrofon trat, begann er seine Ausführungen mit einem Appell, gerichtet an die Politik. Die Stadtverordneten sollten doch bitte ebenfalls auf die Fragen der Anwohner reagieren, und nicht nur der Verwaltung das Wort überlassen.

Bei diesem Appell blieb es. Lediglich Bürgermeister Michael Sarach äußerte sich zu den Vorhaltungen der Anwohner aus dem Ahrensburger Süden und ihrer Kritik am Entwurf des Flächennutzungsplans. Der sieht für Ahrensburgs Süden Wohnbaupotenzialflächen mit 952 Wohneinheiten vor – nach Ansicht vieler Anwohner aus dem Waldgut Hagen, der Siedlung Hagen und dem Ortsteil Ahrensfelde ist diese Zahl viel zu hoch.

Politiker äußerten sich nicht in der Stadtverordnetenversammlung

Wohnbaupotenzialflächen sind Flächen, auf denen grundsätzlich Wohnraum gebaut werden kann – vorausgesetzt, noch zu beschließende Bebauungspläne erlauben dies endgültig. Die Anwohner befürchten eine zu massive Bebauung, sorgen sich um das Landschaftsbild und kritisieren, dass der zu erwartende Verkehr von den Straßen im Süden kaum bewältigt werden kann.

Aus den Reihen der Politik gab es zu diesem Thema keine Äußerungen zur Sache. Lediglich der Grüne Claas-Christian Dähnhardt meldete sich zu Wort und sagte an die Bürger gerichtet, dass die Politiker jederzeit außerhalb der Einwohnerfragestunde für die Belange der Menschen erreichbar seien.

Politiker haben offenbar Konfliktpotenzial erkannt

Und in der Tat hat es nach Abendblatt-Informationen bereits Gespräche gegeben. Die Politiker haben offenbar erkannt, dass sich im Ahrensburger Süden ein durchaus ernstzunehmendes Konfliktpotenzial verbirgt. Und die Stadtverordneten haben offenbar ebenfalls erkannt, dass der Entwurf des Flächennutzungsplans diesbezüglich so nicht bleiben kann.

So hat eine Abendblatt-Nachfrage bei den Vorsitzenden und bei Stadtverordneten aller Fraktionen ergeben, dass diese sich den Entwurf des Flächennutzungsplans noch einmal vornehmen wollen. Das Ziel: Die Wohneinheiten im Süden sollen reduziert werden. Insofern hat der hartnäckige Protest der Süd-Anwohner Erfolg.

„Die aktuelle Zahl der Wohneinheiten ist unrealistisch“, sagt Hartmut Möller (SPD). „Der Planentwurf bedeutet einen zu massiven Eingriff in den Süden“, meint Thomas Bellizzi (FDP). „Wir wollen zurück zu den Zahlen des Vorentwurfs, die waren politischer Konsens“, sagt Tobias Koch (CDU). Er bezieht sich auf jene 514 Wohneinheiten, die ursprünglich in einem Vorentwurf des Flächennutzungsplans für den Süden eingeplant waren. „514 neue Einheiten bedeuten eine vernünftige Verdichtung des Wohnraums im Süden“, sagt dazu Peter Egan (WAB).

Politiker fühlen sich von der Verwaltung schlecht informiert

Ein Grund für das Einlenken der Politik ist, dass diese sich über die geplanten Wohnbaupotenzialflächen im Süden durch die Verwaltung schlecht informiert fühlt. Der Hintergrund: Die Zahl von 952 Wohneinheiten ergibt sich so nur aus einer Tabelle auf Seite 85 der Begründung des Flächennutzungsplans. Diese ist öffentlich und war für die Stadtverordneten immer einsehbar.

Kritik gibt es dennoch: „Wir sind als Stadtverordnete nebenberuflich und ehrenamtlich tätig, mehr Informationen und Hinweise der Verwaltung auf die erhöhte Zahl der Wohneinheiten gegenüber früheren Planentwürfen wären angebracht und fair gewesen“, sagt Jörg Hansen (Grüne). Ähnlich äußern sich die Vertreter der übrigen Fraktionen.

Die Kritik der Politik an einem aus ihrer Sicht mangelhaften Informationsfluss mag der Bürgermeister auf Abendblatt-Nachfrage nicht in Gänze nachvollziehen. Michael Sarach sagt: „Ich kann das zwar jetzt nicht nachprüfen, bin mir aber sicher, dass über die Zahl der 952 Wohneinheiten durchaus in der einen oder anderen Sitzung gesprochen wurde.“ Zur Annahme einiger Bürger, die Zahl der Einheiten sei quasi „durch die Hintertür“ verdoppelt worden, sagt der Verwaltungschef: „Alle Diskussionen über den Flächennutzungsplan sind von Beginn an öffentlich, ebenso alle Protokolle.“ Bei der Übermittlung von Informationen gebe es keine reine Bringschuld seitens der Stadtverwaltung. Jeder, der Interesse habe, könne sie jederzeit bekommen.

Die Stadt hat jetzt schon die für 2025 prognostizierte Einwohnerzahl erreicht

Ohnehin sei derzeit noch nichts in Stein gemeißelt in Bezug auf die Nachverdichtung im Süden der Stadt. „Ich habe zu Beginn des Verfahrens auf Potenzialflächen bei Großhansdorf und am Erlenhof-Nord hingewiesen. Diese hat die Politik rausgeschmissen. Wenn wir im Süden nun wieder auf die ursprüngliche Zahl von 514 zurückgehen, ist das aus meiner Sicht kein Drama.“

Befürchtungen, es sei längst beschlossene Sache, dass der Süden Ahrensburgs mehr als 950 neue Wohneinheiten werde verkraften müssen, begegnet Sarach mit den Worten: „Wir befinden uns derzeit noch mittendrin in einem ganz normalen Prozess des Abwägens. Das subjektive Empfinden einiger Bürger, sie würden bei den Entscheidungsprozessen abgehängt, ist schlichtweg falsch.“

Allerdings müsse sich die Politik darüber im Klaren sein, dass sowohl der Kreis als auch das Land eine Erwartungshaltung gegenüber Ahrensburg als Mittelzentrum hätten. Sarach: „Ahrensburg ist keine Insel. Wir müssen in Sachen Wohnraum dem hohen und anhaltenden Siedlungsdruck aus Hamburg Rechnung tragen und unsere überörtliche Funktion erfüllen.“ Zwar könne niemand die Stadt zum Bau von unbegrenzt vielen Wohneinheiten zwingen, „wir sind Herr des Verfahrens“ (O-Ton Sarach). Doch Fakt sei, dass die Schlossstadt schon heute, acht Jahre früher als im Integrierten Stadtentwicklungskonzept prognostiziert, die Zahl von rund 34.000 Einwohnern erreicht hat.