Nur zwei von sieben hauptamtlichen Frauenbeauftragten haben Vollzeitstellen. Neues Gesetz des Landes läuft offenbar ins Leere.

Bad Oldesloe. Die Landesregierung will mit einem neuen Gesetz erreichen, dass alle hauptamtlichen Frauenbeauftragten Vollzeitstellen bekommen. Im Alltag kümmert das bisher allerdings kaum jemanden. In Stormarn arbeiten aktuell nur zwei von sieben Gleichstellungsbeauftragten ganztags mit 39 Wochenstunden. Die fünf Halbtagsstellen umfassen viermal 19,5 und einmal 25 Stunden wöchentlich.

Obwohl der Gesetzesentwurf schon seit Monaten bekannt ist, ging die Entwicklung im Kreis in jüngster Zeit genau in die andere Richtung. Die Stadtverordneten in Ahrensburg (34.000 Einwohner) haben die volle Stelle gerade halbiert. Und der Kreistag von Stormarn (240.000 Einwohner) stimmte vor der Neubesetzung – die vorherige Stelleninhaberin Birte Kruse-Gobrecht ist jetzt Bürgermeisterin in Bargteheide – mehrheitlich gegen die Ausweitung auf einen Ganztagsjob.

Das vom Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedete und Ende März in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung der Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten schreibt für Städte mit mehr als 15.000 Einwohnern „grundsätzlich“ eine Vollzeitstelle vor. „Wir sehen die Kommunen in der Pflicht, die Vorgabe jetzt zügig umzusetzen“, sagt die Oldesloer Frauenbeauftragte Marion Gurlit.

Ahrensburg und Bargteheide schreiben Halbtagsstellen aus

Ausnahmen dürfe es nur in wenigen Einzelfällen geben. „Zum Beispiel, wenn die Kollegin aus persönlichen Gründen nicht länger arbeiten möchte“, so Gurlit. Dann könne man die Stelle wie in anderen Bereichen aber auch teilen.

Marion Gurlit hat in Bad Oldesloe (25.000 Einwohner) eine Ganztagsstelle, ebenso wie Maria de Graaff-Willemsen in Reinbek (27.000 Einwohner). Halbtags kümmern sich um Gleichberechtigung Sophie Olbrich in der Kreisverwaltung, Kerstin Schoneboom in Glinde (18.200 Einwohner) und Inge Diekmann in Trittau (9000 Einwohner Gemeinde plus 9500 Amt). Auf der Suche nach neuen Halbtagsmitarbeiterinnen sind Ahrensburg (34.000 Einwohner) nach der Pensionierung von Gabriele Fricke und Bargteheide nach dem Wechsel von Gabriele Abel in die Kreisverwaltung.

Die Situation in Stormarn ist bei Weitem kein Ausreißer im Norden. Laut Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Gleichstellungsbeauftragten in Schleswig-Holstein beschäftigt nur ein Drittel der 76 Kommunen mit mehr als 15.000 Einwohnern Frauenbeauftragte in Vollzeit. In 18 Orten sind es sogar weniger als 19,5 Arbeitsstunden wöchentlich, manchmal zehn, fünf oder nur zwei.

Kieler Ministerien wollen Vorgehen zeitnah abstimmen

Für die LAG muss das Gesetz nun „konsequent ohne Wenn und Aber“ umgesetzt werden. „Das ist jetzt Sache des Landes, darauf zu achten“, sagt die Oldesloerin Marion Gurlit. Dass der Stormarner Kreistag die Halbtagsstelle noch schnell besetzt habe, sei „ein Skandal“, wie der Vergleich mit Lübeck zeige: Die Hansestadt habe weniger Einwohner (220.000) als Stormarn, leiste sich aber ein Büro mit Vollzeitstelle und weiteren Mitarbeiterinnen.

Gurlit fordert auch die gleiche Bezahlung aller Kolleginnen unabhängig von der Größe des Einsatzortes. „Grundlagen und Aufgaben unterscheiden sich nicht voneinander“, sagt sie. Ohnehin sei die Vergütung zu niedrig, da ein abgeschlossenes Studium vorausgesetzt werde.

Zu denjenigen, die Spielraum im Gesetzestext sehen, zählt die Bargteheider Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht. Deshalb bleibt die Stadt bei einer Halbtagsstelle, für die im Rathaus gerade die Bewerbungen gesichtet werden. „Das kommt immer auf die Strukturen im Ort an, und da ist Bargteheide besonders gut aufgestellt“, sagt Kruse-Gobrecht. So decke das Jugendarbeitsteam den gesamten schulischen Bereich ab. Mit einer „schlüssigen Begründung“ sei in kleineren Städten Teilzeit möglich, so die frühere Frauenbeauftragte der Kreisverwaltung. Dass die Aufgaben zu schaffen seien, habe die bisherige Stelleninhaberin Gabriele Abel in Gesprächen bestätigt.

Das Innenministerium hat noch nicht über das weitere Vorgehen entschieden

In einem ersten Schritt appelliert Gleichstellungsministerin Kristin Alheit (SPD) an die Kommunen, die bestehende Rechtslage endlich umzusetzen: „Wir bestellen keine neue Musik, aber wir wollen die seit Langem auf dem Programm stehende Musik auch hören.“ Der Landeserlass, dass eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte ihre Aufgaben nur in Vollzeit angemessen bewältigen könne, ist bereits 25 Jahre alt.

Ob Kiel nun die Stormarner Kommunen und den Kreis dazu zwingt, sofort oder Anfang 2018 Vollzeitstellen für alle Frauenbeauftragten zu schaffen, bleibt zunächst offen. Das zuständigen Innenministerium verweist auf Abendblatt-Anfrage darauf, dass das Gesetz vom 14. März erst seit 31. März in Kraft sei. Das Innenministerium werde „zeitnah“ mit dem Gleichstellungsministerium „abstimmen, wie das weitere Vorgehen sein wird“, so die stellvertretende Sprecherin Jana Ohlhoff. Ein Machtwort klingt anders.