Glinde. Bevor die Kommunalpolitiker über die Fusion entscheiden, wollen sie die Ergebnisse der Jugendbeteiligung diskutieren.
Die Glinder Politiker haben die Entscheidung zur Schulfusion vertagt. Sie wollen erst über die Jugendbeteiligung beraten, zu der rund 450 Kinder und Jugendliche kamen. Die Schüler hat die Beteiligung zusammengebracht: Sie haben Alternativen zur Fusion erarbeitet und wollen eine Stadtschülervertretung gründen. „Wir wollen das Beste für alle Schüler in Glinde“, sagt Torben Prühs (18), Schülersprecher der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld (GEMS).
Sönke-Nissen-Schule fühlte sich am Ende ausgeschlossen
Vor der jüngsten Stadtvertretersitzung hatten sich die Politiker die Ergebnisse der Jugendbeteiligung von der Verwaltung vorstellen lassen. Die lud die Schulsprecher zur Präsentation der erarbeiteten Alternativen zur Schulfusion mit ein. Dass letztlich nur Gymnasiasten und Gemeinschaftsschüler aus Wiesenfeld dabei waren, nicht aber Schüler der Sönke-Nissen-Schule (SNG), führte zu Kritik. „Wenn wir um 15 Uhr die Einladung bekommen, ist das zu kurzfristig“, sagte Vincent Hassenstein, Schülersprecher der Sönke-Nissen-Schule.
Schulleiter Sascha Plaumann warf der Stadt gar vor, die SNG bewusst auszuschließen. Auch die Politiker reagierten sauer. Frank Lauterbach (SPD) sagte: „Wir waren sehr verärgert“, bezeichnete aber die Jugendbeteiligung als „sehr gelungene Veranstaltung“. Lauterbach war, wie auch Torsten Linde (CDU), Petra Grüner und Jan Schwartz (Grüne), bei der Abschlussdiskussion mit den Jugendlichen dabei gewesen.
Dass die Stadtvertreter das Thema anschließend ohne große Diskussion vertagten, enttäuschte: „Wir hätten gern mehr mit der Politik diskutiert“, sagte Winona Rehberg, Schülervertreterin der SNG. Ein kleiner Rückschlag für die Jugendlichen, die sich durch die nachträgliche Beteiligung nun ernster genommen fühlen. „Es gibt einem das Gefühl, dass man gehört wurde“, sagt Torben Prühs. Trotzdem überwiegt bei den Wiesenfeldern der Eindruck, die Politik sei voreingenommen für die Fusion. Sie kritisieren auch, dass SNG-Schulleiter Plaumann bei der Jugendbeteiligung als Zuhörer anwesend war.
Schüler arbeiten trotz Dauerstreits zusammen
Dass die Gräben zwischen Gegnern und Befürwortern der Fusion tief sind, zeigte die Antwort auf die Frage einer Mutter nach den rückläufigen Anmeldezahlen der GEMS – sie sanken von mehr als 150 im Vorjahr auf etwa 80. Wulf Tank (Grüne) entgegnete, die Schule habe mit ihrer ablehnenden Haltung zur Fusion dazu beigetragen. Trotz des Dauerstreits machen die Schüler nun das, was die Erwachsenen in der jahrelangen Diskussion über Für und Wider der Schulfusion nicht geschafft haben: sie arbeiten zusammen. Die Schulsprecher von Gymnasium, SNG und GEMS trafen sich schon vor der Beteiligung, um über Alternativen zur Zusammenlegung der Schulen nachzudenken.
Zu ihren gemeinsamen Vorschlägen gehören bereits bekannte, wie eine Oberstufenkooperation. Aber auch die Idee der Zusammenarbeit in den DAZ-Klassen, die nicht-deutschsprachige Kinder integrieren, sowie die Stärkung der Sönke-Nissen-Schule durch ein neues Sportprofil. „Die Kosten für die Schulfusion könnten besser dafür investiert werden, sagt Sven Koch gegenüber dem Abendblatt. Der Aufwand für den Umzug der Wiesenfelder Schüler aus den für sie gerade erweiterten Räumen in die des Gymnasiums am Oher Weg und umgekehrt geht in die Millionen. Das ist Geld, dass die klamme Stadt, die in allen Schulen auch eine Schadstoffsanierung angehen muss, über Kredite besorgen müsste.
„Der schlechte Ruf unserer Schule ist falsch“
Vincent Hassenstein (18) sagt: „Wir stehen den Vorschlägen bisher 50/50 gegenüber. Wenn sie Positives für alle bringen, sind wir dafür.“ Die bisher erarbeitete Alternative sei aber noch nicht gut genug, denn das Zwei-Klassen-System der Schulen werde damit nicht aufgehoben. Die Mehrheit der SNG-Schüler sei deshalb weiter für die Fusion und wünsche sich einen Zugang zur Oberstufe ohne das derzeitige Auswahlverfahren an der GEMS. Sarah Lachmann (16) tritt der Kritik entgegen, die SNG-Schüler seien bei der Jugendbeteiligung nicht gut vorbereitet gewesen: „Die Wiesenfelder waren zahlreicher, wir waren aber aktiv dabei und haben unsere Argumente vertreten“, betont sie. „Der schlechte Ruf unserer Schule ist falsch“, sagt auch Winona Rehberg.
Ein Hauptkritikpunkt der Jugendlichen an der Fusion ist, dass die Einrichtung mit rund 1300 Schülern zu groß sein würde. Das ist auch die Position der „IG Schulvielfalt in Glinde“, die 85 Mitglieder hat. Sie plant im Falle eines Beschlusses ein Bürgerbegehren. Sprecher Jörg Förster, selbst Pädagoge und Elternvertreter in Wiesenfeld, sagt: „Die Untersuchung der Frage nach dem Zusammenhang von Schulgröße und Schulerfolg macht deutlich, dass ab einer Zahl von 900 Schülern ein negativer Effekt eintritt, der vor allem zu Lasten der Leistungsschwächeren geht.“ Das decke sich auch mit der Position der Schulsozialarbeiter.