Bad Oldesloe. Rund 250 Menschen informieren sich bei Regionalkonferenz über Pläne der Landesregierung. Viele in Sorge vor gesundheitlichen Risiken.

Ein Land übersät von schattenwerfenden Windkraftanlagen, die gesundheitliche Risiken bergen – das ist der Albtraum vieler Gegner des neuen Windenergie-Konzeptes der Landesregierung. „Wir sind ja für Windkraft, aber nicht direkt vor der Tür“, sagt Patricia Reincke von der Volksinitiative Mitbestimmung, die sich für größere Abstände zwischen den Anlagen und Wohnbebauung einsetzt. Nach aktueller Landesplanung dürften Windräder 400 Meter von Einzelhäusern und 800 Meter von Siedlungen entfernt aufgestellt werden – unabhängig von der Höhe. Die Initiative fordert unter anderem einen Radius von 1000 Metern um die Anlagen nach bayerischem Vorbild. „Windkraftanlagen sind ein substanzieller Eingriff in die Lebensqualität.“

Rund 250 Menschen besuchten die Regionalkonferenz in Bad Oldesloe, in der die Landesregierung über die Bürgerbeteiligung zur Windenergie-Planung informierte, um mit Transparenz zu besänftigen. Doch so recht will das auch ein Jahr vor dem möglichen Inkrafttreten des Regionalplans nicht gelingen. Zu oft treffen Sorgen und Wünsche auf die Realität. Das betrifft in erster Linie das Haupt-Ärgernis der Windkraft-Gegner, den nach deren Meinung zu gering bemessene Abstand. Eine von Planungs-Gegnern gewünschte Berechnung ist die sogenannte „10H“-Variante.

Staatssekretärin begegnet Kritik mit einer neuen Studie

Die Idee: Der Abstand zur nächsten Wohnbebauung ergibt sich aus der zehnfachen Höhe einer Anlage. Eine 200 Meter hohe Windkraftanlage müsste also zwei Kilometer vom nächsten Haus entfernt liegen. Für Thomas Losse-Müller, Chef der Staatskanzlei, ist das unrealistisch: „Wenn wir das machen, schließen wir 99,7 Prozent der Landesfläche generell aus. Und da sind noch nicht einmal die anderen Faktoren wie Naturschutz mit eingerechnet.“ Das könne niemand wollen. „Eine Alternative zu der 400/800 Meter-Variante gibt es rechnerisch nicht“, so Losse-Müller.

Der Infoabend in Bad Oldesloe glich einem Kampf gegen, beziehungsweise für Windmühlen. Zu groß der Unmut über den befürchteten Wertverfall von Grundstücke in der Nachbarschaft von Windrädern. Zu groß auch die Sorge über den durch die Anlagen verursachten Infraschall und dessen vermutete negative Auswirkung auf die menschliche Gesundheit. Da konnte Staatssekretärin Ingrid Nestle noch so häufig auf eine neue Studie des Umweltbundesamtes hinweisen, die einem Zusammenhang zwischen Infraschall und Gesundheitsschäden entschieden widerspricht. „Die Untersuchung kommt zu einem klaren Ergebnis“, sagte Nestle und kommentierte einen wütenden Zwischenruf eines Aktivisten mit der Versicherung, dass „es natürlich keinerlei finanzielle Beziehungen zwischen Umweltbundesamt und Windkraftlobby gibt.“

Bei Bad Oldesloe soll eine größer Windkraftanlage entstehen

Die Ursachen möglicher Gesundheitsschäden bei Gegnern von Windkraftanlagen sieht die Staatssekretärin in anderen Faktoren – nämlich an der Einstellung: „Wer sich täglich ärgert, ist gesundheitlich anfälliger.“ Für täglichen Ärger sorgen etwa 354 Ausnahmegenehmigungen für den Bau von Windkraftanlagen, die während des derzeit bestehenden Moratoriums erteilt wurden – auch außerhalb künftiger Eignungsgebiete. Auch Bad Oldesloe will die Frist bis zum Inkrafttreten des Regionalplans nutzen und eine Genehmigung beantragen, um die verbliebene Bestandsanlage bei Wolkenwehe zu repowern – also gegen eine größere und effizientere Anlage auszutauschen. Auf dem Hoheitsgebiet der Kreisstadt ist keine Eignungsfläche vorgesehen.

„Wir brauchen die neue Anlage“, sagt Wilfried Janson (Bündnis 90/Die Grünen). Andernfalls könne die Stadt ihre Klimaziele unmöglich erreichen. Von landesweit 3060 Anlagen liegen etwa 1300 außerhalb von Vorranggebieten. Sie werden – abgesehen von den Ausnahmen – mit der Zeit verschwinden. Für diese Anlagen gilt nur bis zum Ende ihrer technischen Lebenserwartung Bestandsschutz. In Stormarn gibt es bereits 39 Windkraftanlagen, weitere könnten hinzukommen. Wie es oft bei überregionalen Planungen der Fall ist, gibt es auch beim Regionalplan Gewinner und Verlierer. In Bargteheide stellt sich die lang diskutierte Windkraftfrage nicht mehr. Andere Gemeinden wie Lasbek und Brunsbek sind mit den geplanten Regelungen nicht glücklich. Dort werden bereits von der Bevölkerung akzeptierte Eignungsgebiete an andere Stellen verlagert.

Bei einem Beteiligungsverfahren können Verwaltungen und Bürger noch bis 30. Juni Stellungnahmen zum Regionalplan abgeben. Thomas Losse-Müller: „Noch ist nichts in Stein gemeißelt.“