Die Landesregierung will die Zahl der Windräder bis 2025 massiv erhöhen. In den Gemeinden formiert sich Protest gegen den Regionalplan.

Wo in Stormarn könnten neue Windkraft-Anlagen entstehen? Das regelt ein neuer Regionalplan der Landesregierung zum Bau der Windräder. Auch legt er fest, wo nicht mehr gebaut werden soll. Auf viele Kommunen im Kreis haben die neuen Regelungen direkte Auswirkungen. Kritik kommt etwa aus Lasbek. Dort stehen heute schon sechs Windkraftanlagen, drei weitere befinden sich in einem Genehmigungsverfahren. „Der Bestand wird von den Bürgern akzeptiert“, sagt der Lasbeker Bürgermeister Harald Lodders. Anders sei das mit den drei geplanten Anlagen, die mit 200 Metern doppelt so hoch werden. „Derzeit gibt es noch eine Veränderungssperre für das Gebiet“, sagt Lodders. Ob das rechtlich aufrecht erhalten werden könne, sei nun fraglich.

Die neue Vorrangfläche im Lasbeker Ortsteil Basthorst deckt sich nicht mehr mit der bestehenden. Sie wandert Richtung Süd-Ost Richtung Kreisgrenze – auch zum Leidwesen der Nachbargemeinde Stubben. In der Aufhebung bestehender Vorranggebiete sieht Harald Lodders ein Problem: „Die sind von der Bevölkerung doch akzeptiert.“ Dieser Auffassung ist auch der Bundesverband Windenergie (BWE). „Bürger können dort, wo bereits Windräder stehen, aus einem persönlichen Erfahrungsschatz schöpfen und die Auswirkungen auf Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wohlstand beurteilen“, sagt Marcus Hrach, Leiter der BWE-Landesgeschäftsstelle SchleswigHolstein. „Durch ein Verbot des Repowerings müssen die Kommunen nun erhebliche Nachteile befürchten – bis hin zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage ihrer Bürger.“

Freude in Bargteheide, Ärger in Brunsbek und Hammoor

Von landesweit 3060 Anlagen liegen etwa 1300 Anlagen außerhalb von Vorranggebieten. Sie werden mit der Zeit verschwinden. Für diese Anlagen gilt nur bis zum Ende ihrer technischen Lebenserwartung Bestandsschutz. Die Landesregierung will damit einen „deutlichen Rückbau des Wildwuchses“ erreichen. Auch Ralf Maltzahn, Bauamtsleiter im Amt Bad Oldesloe-Land, ist mit dem Plan der Landesregierung nicht glücklich – gerade in Bezug auf Lasbek. „Dort können Anlagen entstehen, ohne das alte abgebaut werden müssen.“ Auf allen anderen ausgewiesenen Flächen wird ein sogenanntes Repowering vorausgesetzt. Der Betreiber muss dafür sorgen, dass zwei alte Windkraftwerke an einem anderen Standort abgerissen werden.

In Bargteheide protestierten Anwohner im Sommer 2016 gegen die Pläne zum Bau von Windrädern
In Bargteheide protestierten Anwohner im Sommer 2016 gegen die Pläne zum Bau von Windrädern © HA | Finn Fischer

Die technische Erneuerung von Altanlagen ist künftig nur noch innerhalb von Vorranggebieten zulässig. In Wolkenwehe bei Bad Oldesloe hatte die Stormarn Wind Energie gerade noch rechtzeitig zwei Altanlagen gegen eine neue ausgetauscht. Das wäre nach den neuen Plänen nicht mehr möglich gewesen. Und in Bargteheide stellt sich die Windkraft-Frage nun nicht mehr. Der viel kritisierte Bürgerwindpark, der an der Gemeindegrenze bei Jersbek entstehen sollte, ist offenbar Geschichte. „Nach dem jetzigen Stand wird es keinen Bürgerwindpark geben“, sagt Jürgen Engfer vom Bauamt. Die Fläche tauche in dem Regionalplan nicht als Vorrangfläche auf: „Folglich dürfen dort auch keine Anlagen gebaut werden.“ Die Landesregierung begründet die Entscheidung damit, dass das Gebiet in einem Landschaftsschutzraum liegt, der als Naherholungsgebiet eine Bedeutung hat.

Beteiligungsverfahren zum Regionalplan

Erst vor vier Jahren hatte die Landesregierung das Gebiet als geeignet eingestuft, nachdem die Stadt Interesse anmeldete, dort Windräder zu bauen. Die damalige Planung sah den Bau von drei knapp 200 Meter hohen Anlagen vor, woraufhin die Initiative Gegenwind Bargteheide Protest erhob. Ganz vom Tisch ist der Bürgerwindpark möglicherweise nicht. Theoretisch könnte das Gebiet doch noch in den Regionalplan aufgenommen werden. Doch daran glaubt Helga Dorer, Sprecherin der Bürgerinitiative, nicht: „Wir sind über das Ergebnis des Regionalplans hoch erfreut und gehen davon aus, dass sich an der Einschätzung nichts ändert.“ Für eine 200 Meter hohe Anlage sei die Fläche wegen der Abstände zu der bestehenden Wohnbebauung zu klein.

Bei einem Beteiligungsverfahren können Verwaltungen und Bürger Stellungnahmen zum Regionalplan abgeben.“ Möglich ist das vom 27. Dezember 2016 bis zum 30. Juni 2017. In Bargteheide werde auch die Lokalpolitik beraten und eine Stellungnahme einreichen.

Stromproduktion aus Windenergie soll auf zehn Gigawatt steigen

Auch in anderen Stormarner Gemeinden kommen Pläne zur Nutzung von Windenergie jetzt erneut in den Verwaltungen und bei Fraktionssitzungen auf die Agenda. Vorranggebiete für Repowering, bei dem Altanlagen abgebaut und gegen neue Windkraftwerke an einem anderen Standtort ausgetauscht werden, gibt es nach den neuen Plänen südlich von Brunsbek. Ein großes auch zwischen Hammoor und Lasbek nördlich des Autobahnkreuzes, zwei weitere in direkter Nachbarschaft östlich der A 1. Die Gemeinde Hammoor favorisiert in dem Gebiet Gewerbeflächen. Auch zwischen Heilshoop und Badendorf nahe der Kreisgrenze zu Lübeck sind zwei kleine Vorranggebiete ausgewiesen.

Die verabschiedeten Entwürfe sehen 354 Vorranggebiete für Windenergie auf rund zwei Prozent der Landesfläche vor. Sieben davon liegen im Kreis Stormarn. Kreisweit werden 39 Windkraftanlagen betrieben. Die Stromproduktion aus Windenergie an Land soll der Planung der Landesregierung zufolge von derzeit 6,5 Gigawatt auf rund zehn Gigawatt steigen. Trotzdem wird die Zahl der Windkraftanlagen im Land bis 2025 – nach dem vorhersehbaren Aufbau von circa 1700 neuen und dem Abbau von circa 1200 alten Anlagen – gegenüber heute nur um 400 bis 500 auf rund 3600 anwachsen.

„Wir sind unserem Ziel einen großen Schritt näher gekommen, die Rechtssicherheit beim Windkraftausbau wieder herzustellen“, sagt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig. „98 Prozent des Landes werden von Windenergieanlagen freigehalten werden.“ Damit könne das Land sein energiepolitisches Ziel verwirklichen, durch Windkraft an Land einen gewichtigen Beitrag zu einer bezahlbaren Energiewende zu leisten.