Hammoor/Kiel. Empörung bei der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft und der Gemeinde Hammoor. Gegner können ab 27. Dezember Einspruch erheben.

Der neue Regionalplan des Landesregierung zum Bau von Windkraft-Anlagen löst bei Wirtschaftsvertretern und Kommunalpolitikern in Stormarn Sorge aus. Während Windpark-Gegner in Bargteheide aufatmen, weil bisher ausgewiesene Flächen im Plan nicht mehr auftauchen, regt sich nun Protest in Hammoor. Denn dort sind ein großes Vorranggebiet zwischen der Gemeinde und Lasbek sowie zwei weitere in direkter Nachbarschaft östlich der Autobahn 1 vorgesehen. Dort, wo nach Wünschen der Wirtschaft- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) ein Autohof entstehen soll. WAS-Chef Detlev Hinselmann fürchtet: „Hier wird der Windenergie klar der Vorrang gegeben.” Das sei ein mögliches Ausschlusskriterium für den Autohof und ein neues Gewerbegebiet.

2015 hatte das Oberverwaltungsgericht bisherige Pläne der Landesregierung zum Ausbau von Windrädern gekippt. Kiel reagierte und will mittels der neuen Pläne einen Wildwuchs solcher Anlagen stoppen. Von 354 Vorranggebieten landesweit liegen sieben in Stormarn, wo derzeit 39 Anlagen betrieben werden. Nun sollen möglicherweise neue bei Hammoor entstehen.

Stormarn braucht den Autohof, sagt der WAS-Chef

Das könnte die Pläne für einen Autohof durchkreuzen, an dessen Planung die Stormarner Wirtschafts-Fachleute seit drei Jahren gemeinsam mit der Gemeinde Hammoor arbeiten. Der Autohof soll Anlaufpunkt für Trucker und Rastplatz für Touristen sein, den oft überfüllten Rasthof Buddikate entlasten. Zuspruch kommt aus den Städten Ahrensburg und Bargteheide, in deren Gewerbegebiete Fernfahrer oft mit ihren Lastwagen ausweichen, um dort ihre vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten. Dass sie dort oft Müll hinterlassen und ihre Notdurft am Straßenrand verrichten, sorgt für Ärger bei den Verwaltungen.

Zuletzt hatte die Gemeinde Hammoor einen Aufstellungsbeschluss gefasst und zur Realisierung des Projektes eine Änderung des Flächennutzungsplanes für die sechs Hektar große Fläche östlich der A 1 vorgesehen. Auch der Bau eines Gewerbegebietes zwischen A 1 und A 21 ist geplant. Die Windkraft-Pläne der Landesregierung stellen nun alles infrage. Detlev Hinselmann reagiert mit Unverständnis auf die Pläne der Landesregierung: „Wir wollen den Autohof und das Gewerbegebiet unbedingt. Wenn die Windräder kommen, ist die Einschränkung durch den erforderlichen Abstand zu groß. Dann lohnt sich der Bau nicht mehr.”

Auch Vertreter der Gemeinde sind empört. Hammoors Bürgermeister Helmut Drenkhahn ist als Grundeigentümer in einem der Vorranggebiete befangen, möchte sich nicht öffentlich zu diesem Thema äußern. Vize-Bürgermeister Horst Lassen bezieht für die Orts-CDU Stellung. In einem Brief an den Ministerpräsidenten kritisiert er die Kieler Weichenstellung. Die Gemeinde sei „längst über das Zumutbare hinaus“ durch den Lärm der Autobahnen 1 und 21 sowie der B 404 und durch Fluglärm belastet. Lassen befürchtet, dass sämtliche Planungen der Kommune nun gestoppt werden müssen.

Treffen mit Kreis, Gemeinde, Amt und WAS

Neben „erheblichen Nachteilen für die Region“ sieht er darin auch eine Form der Steuerverschwendung. Lassen: „Wir sind genügend gebeutelt. Der Bau von Windkraftanlagen muss nicht auch noch sein.” Er kenne vergleichbare Anlagen aus Husum, warnt vor „nervtötendem Brummen“. Stormarn biete Neubürgern attraktive Wohnmöglichkeiten, der Zuzug von Betrieben lasse zusätzliche Steuern in die Kreis-Kasse fließen. Windkraft-Anlagen gehörten in dünnbesiedelte Gebiete. Lassen: „Die in Kiel entscheiden vom Schreibtisch aus, kennen unsere Begebenheiten nicht.”

Als weiteren Aspekt führt Lassen die Fledermäuse an, die auch eine Rolle spielten. Unweit der Vorrangfläche leben solche Tiere in einem ehemaligen Munitionsbunker. Die Sorge um die geschützten Säuger teilt der Vorsitzende des Naturschutzbundes Bad Oldesloe. Er sagt, eine Untersuchung sei angebracht: „Wir müssen sicherstellen, dass die Flugschneisen der Fledermäuse nicht an den Windrädern vorbeiführen, sonst könnten sie durch den Sog zwischen die Flügel geraten.”

2018 könne der Autohof fertig sein

Schon im Januar will sich die Gemeinde mit dem Amt Bargteheide-Land, dem Kreis und der WAS zusammensetzen, um einen Fahrplan für eine mögliche politische Einflussnahme abzustimmen. Offenbar ziehen alle Beteiligten an einem Strang. Bereits im Frühjahr habe man Kiel darauf hingewiesen, dass die Pläne für den Autohof und Windkraft-Anlagen einander ausschließen, sagt Bernd Gundlach, Leiter des Amtes Bargteheide-Land. Das geplante Gewerbegebiet entlang der Entwicklungsachse der A 1 und A 21 sei ein wichtiger Entwicklungsstandort für den Kreis. Gundlach: „Dass die Flächen trotzdem als Vorrangflächen ausgewiesen sind, ist höchst verwunderlich.”

2018 könne der Autohof fertig sein. Danach soll das neue Autobahnkreuz bei Bargteheide gebaut, Gewerbe angesiedelt werden. Nun werde das gesamte Vorhaben möglicherweise verzögert. Carsten Maltzan, Sprecher der Landesregierung, erklärt die Auswahl der Flächen so: Mehr als 40 Vertreter der Kreise, Verbände, Institutionen und Bürgerinitiativen seien bei vier „Windgipfeln“ am Verfahren beteiligt worden. Stellungnahmen der Gemeinden könnten ab 27. Dezember über ein Online-Tool (siehe Textende) bis Ende Juni einfließen. Auch Bürger könnten Einwände erheben: „Die eigentliche Beteiligung der Betroffenen beginnt erst jetzt.”

Erleichterung herrscht bei Windkraft-Gegnern in Bargteheide. Seit 2013 kämpft die Initiative Gegenwind gegen einen nur 800 Meter von der Stadtgrenze entfernten Windpark. Nahe dem Golfplatz in Jersbek sollten drei knapp 200 Meter hohe Windräder gebaut werden – höher als der Kölner Dom und der Hamburger Michel. Doch die Baufläche taucht im aktualisierten Regionalplanentwurf nicht mehr als Vorrangfläche auf. „Die Landesregierung weist die freie Fläche als schützenswerten Landschaftsraum aus, der im Ballungsgebiet Hamburg der Naherholung dient”, erläutert Helga Dorer, Sprecherin der Initiative Gegenwind. Für den benötigten Abstände zur wohnlichen Bebauung sei die Fläche außerdem zu klein.

Einwände gegen die Planung können
Gemeinden und Bürger im Internet erheben unter der Adresse bolapla-sh.de