Ahrensburg. Bad Oldesloe hält nichts von Wohnungsbaugesellschaft im Kreis. Ahrensburg überlegt. Ziel sind 5,80 Euro Miete je Quadratmeter.

Die Zahl der Sozialwohnungen ist im Kreis Stormarn auf gut 2000 gesunken. In den vergangenen Jahren wurden kaum neue öffentlich geförderte Wohnungen gebaut. Auf der anderen Seite lief die Mietpreisbindung – je nach Förderung 20 oder 35 Jahre – für viele ältere Wohnungen aus. Diesen Trend wollen Kreisverwaltung und Parteien im Kreistag jetzt mit einer neu zu gründenden Wohnungsbaugesellschaft umkehren. Ziel ist es, angesichts von Quadratmetermieten von über zehn Euro am Hamburger Stadtrand wieder mehr günstigen Wohnraum zu schaffen.

Oldesloer Politiker können nichts Positives erkennen

Auf dem Weg dahin liegen allerdings noch etliche Steine im Weg. Die Reaktionen aus den 55 Städten und Gemeinden reichen von überzeugter Zustimmung bis zu kompletter Ablehnung. „Da ist alles vertreten“, sagt Landrat Henning Görtz nach Sichtung der ersten rund 20 Antwortschreiben. Er hält die Idee weiterhin für gut, schließlich müssten sich nicht alle Kommunen beteiligen: „Wichtig ist, dass am Ende des Prozesses mehr Wohnungen gebaut werden als bisher.“ Und eins werde in der Umfrage klar: Überall fehlten bezahlbare Wohnungen.

Zu den Gegnern zählen die Kommunalpolitiker in Bad Oldesloe. Die Kritik am Vorgehen der Kreisverwaltung zog sich im Bauausschuss quer durch alle Fraktionen. Niemand konnte der Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft etwas Positives abgewinnen, zudem hagelte es Kritik am Beteiligungsprozess. Die Vorsitzende Maria Herrmann (SPD) sagte mit Blick auf die vergangenen Monate: „Ich finde es nicht erfreulich, dass uns die Pläne erst jetzt vorgesetzt wurden. Der Kreis hätte uns früher beteiligen sollen, doch die Chance wurde vertan.“

Vier Jahre nicht eine einzige Sozialwohnung

Rund 2060 Sozialwohnungen waren Ende 2015 im Kreis Stormarn (240.000 Einwohner) registriert. Im nur etwas dichter besiedelten Nachbarkreis Segeberg (270.000 Einwohner) waren es mit gut 5400 fast dreimal so viele. Sogar der kleinere Kreis Herzogtum Lauenburg (193.000 Einwohner) hat 2400 geförderte Wohnungen.

Null Sozialwohnungen wurden in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 in Stormarn neu bewilligt. Im Jahr 2015 waren es genau 30 Einheiten.

Landesweit ist die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen seit 2013 von rund 76.200 auf 50.150 gesunken. Grund für den drastischen Rückgang war eine Gesetzesänderung, Wohnungen vorzeitig aus der Preisbindung zu entlassen, da diese nicht mehr dem üblichen Standard entsprachen und modernisiert werden mussten.

Die Piratenpartei fordert nach Hamburger Vorbild ein Gesetz, wonach Eigentümer Wohnungen nicht monatelang leer stehen lassen, abreißen oder in lukrativere Ferienwohnungen umwandeln dürfen. kx

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Matthias Rohde (Wählergemeinschaft FBO) vermisste konkretere Vorschläge: „Es gibt bislang nicht einmal eine Vorlage, und es ist auch nicht klar, wie sich der Kreis das Ganze vorstellt.“ Und Uwe Rädisch (CDU) fand deutliche Worte: „Für meine Begriffe ist das Ding erledigt, ich kann da keine Unterstützung signalisieren.“

Dagegen hat sich Stormarns größte Stadt noch nicht entschieden. „Wir haben ein breites Meinungsspektrum“: So fasst Tobias Koch (CDU), Vorsitzender des Finanzausschusses in Ahrensburg, die erste Debatte vom Montagabend zusammen. Eine genauere Entscheidung zur Beteiligung sollen jetzt der Bau- und der Hauptausschuss treffen.

Kreisweit fehlen bis 2030 gut 15.000 Wohnungen

Für Tobias Koch persönlich wird eine kreisweite Wohnungsbaugesellschaft das Grundproblem nicht lösen können. „Die Kommunen haben einfach keine geeigneten Grundstücke mehr“, sagt er. „Interessenten für den Bau von Sozialwohnungen gibt es genug.“ So plant Ahrensburgs mit dem gemeinnützigen Verein Heimat bereits Blocks mit rund 100 Wohneinheiten zwischen Kastanienallee und Bahntrasse. Baubeginn soll 2019 sein.

Weitere 70 günstige Wohnungen sollen scho eher fertig sein. Rund 30 entstehen im Neubaugebiet Erlenhof, zudem errichtet die Neue Lübecker Baugenossenschaft 44 Genossenschaftswohnungen am U-Bahnhof West an der Straße Ohlendamm. Von den rund 500 Sozialwohnungen in der Stadt fallen bis Ende 2021 mehr als 100 aus der Mietbindung heraus.

Laut Prognose von Experten fehlen im Kreis Stormarn bis 2030 mindestens 15.000 neue Wohnungen. Während in den meisten anderen Regionen Schleswig-Holsteins die Einwohnerzahl sinkt, ziehen weiterhin viele Menschen ins Hamburger Umland. Außerdem steigt die Zahl der Ein- und Zwei-Personenhaushalte deutlich.

Der Kreistag muss nun die Zukunft der Gesellschaft klären

Für Landrat Görtz ist es auch deshalb wichtig, die Initiative zu ergreifen. Es gebe viele mögliche Varianten, von der eigenen Gesellschaft bis zur Kooperation bei der Planung. Gemeinsam könne die Suche nach geeigneten Grundstücken vereinfacht und der Weg zum Baurecht beschleunigt werden. „Es ist nicht wichtig, wer baut, sondern dass gebaut wird“, sagt Görtz.

Er ist optimistisch, dass die Zahl der neu bewilligten Sozialwohnungen nach vier Null-Jahren (siehe unten) wieder steigt. „Die Landesförderung war bis 2014 so gering, dass der Anreiz bei den hohen Grundstückspreisen in Stormarn einfach nicht da war“, sagt Görtz. Das habe sich jetzt geändert.

Welche Zukunft eine Wohnungsbaugesellschaft hat, muss die interfraktionelle Arbeitsgruppe des Kreistags klären. Das Gremium, dem auch der Landrat angehört, erörterte am Dienstagabend die ersten Umfrageergebnisse. Das gemeinsame Ziel: Mieten um 5,80 Euro je Quadratmeter.