Bad Oldesloe. Gründung einer Gesellschaft mit den Kommunen und der Privatwirtschaft ins Auge gefasst. Ziel ist Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Die Not ist groß in Stormarn. Bis 2030 fehlen mindestens 15.000 neue Wohnungen, vor allem bezahlbare. Die Kommunen kommen nicht hinterher, den Bedarf zu decken. Weil es schwer ist, Unternehmen zu finden, die öffentlich geförderte Einheiten in ausreichender Zahl errichten. Ziel einer Arbeitsgruppe des Kreises ist es, die Sorgen zu verringern. Es geht um die Gründung einer Stormarner Wohnungsbaugesellschaft. Gesucht wird ein Geschäftsmodell, dass langfristig tragfähig ist und alle Interessen berücksichtigt – die des Kreises, der Kommunen und eines Partners aus der Privatwirtschaft. Drei Akteure, die zusammenspielen müssen, damit der Wohnungsbau-Pakt funktioniert.

„Wir brauchen eine gute Strategie, 80 Prozent der Kommunen müssen mitmachen“, sagt Hans-Werner Harmuth, Stormarns Kreispräsident
„Wir brauchen eine gute Strategie, 80 Prozent der Kommunen müssen mitmachen“, sagt Hans-Werner Harmuth, Stormarns Kreispräsident © HA | Kreiskulturmarketing

Die Initiative, sich mit dem Thema eigene Wohnungsbaugesellschaft zu beschäftigen, ging von Kreispräsident Hans-Werner Harmuth (CDU) und Stormarns SPD-Fraktionsvorsitzenden Reinhard Mendel aus. Seit Mai dieses Jahres reden Kreispolitiker intensiver darüber – allerdings hinter verschlossenen Türen.

Zur Arbeitsgruppe, die zehn Personen umfasst, zählt auch Landrat Henning Görtz. Im Sommer hat er die Bürgermeister in Kenntnis gesetzt. Die warten jetzt auf Konkretes, um es in die Politik ihrer Kommunen zu tragen. „Benötigt wird ein Grobkonzept, das vom Norden bis Süden und vom Westen bis Osten des Kreises reicht“, sagt Harmuth.

Unklar ist, welche Rolle der Kreis exakt spielt

Allerdings habe man auch noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Laut dem Kreispräsidenten gibt es auch Vorbehalte. „Wir brauchen eine gute Strategie, 80 Prozent der Kommunen müssen mitmachen, sonst können wir unsere Bemühungen wieder einstellen.“

Unklar ist noch, welche Rolle der Kreis exakt spielt. Ist er nur Koordinator oder auch Geldbeschaffer? Fakt ist hingegen, dass die Kommunen Flächen einbringen sollen. Görtz sagt: „Wir brauchen aber private Partner mit Know-how, die nicht nur Geldgeber sind, sondern auch Spezialisten in Sachen Planung, Ausschreibung, Projektierung, Verwaltung und Instandhaltung.“

Mehrere Varianten sind im Gespräch

Im Gespräch ist aber auch ein finanzielles Engagement des Kreises. „Dazu benötigen wir Eigenkapital, das angemessen verzinst werden muss. Das muss sauber gelöst werden“, sagt Görtz. Der Landrat hält „die Fragestellungen für lösbar“, stellt aber zugleich klar: „Eine knappe politische Mehrheit ergibt keinen Sinn. Wir brauchen eine breite Zustimmung.“

Überlegungen, wie die Zusammenarbeit aussehen könnte, gibt es schon: Eine Variante ist eine Wohnungsbaugesellschaft mit dem Kreis als Investor, dem privaten Partner und den Kommunen. Eine andere Option ist, Projektgesellschaften für die einzelnen Vorhaben zu gründen. Görtz: „Das wird von vielen kritisch gesehen, weil diese Konstellation neue Probleme schafft, gerade beim Verwaltungsaufwand.“

SPD-Politiker Mendel sagt, es sei sehr viel gearbeitet worden und die Kreisverwaltung sei fleißig gewesen. So hat sich die Arbeitsgruppe zu vertraulichen Gesprächen mit der Investitionsbank und dem Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) getroffen. Mendel: „Mein Gefühl sagt, dass es mit der Wohnungsbaugesellschaft klappen kann.“ Die SPD stehe dahinter.

Es besteht noch Klärungsbedarf

Harmuth bestätigte dem Abendblatt, dass es Gespräche mit möglichen Investoren gebe, sagt aber auch: „Die stehen nicht Schlange.“

“Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“, sagt Landrat Henning Görtz
“Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“, sagt Landrat Henning Görtz © HA | Harald Klix

Es besteht noch Klärungsbedarf. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Aber 2017 muss die Sache entschieden werden“, sagt Landrat Görtz. Experten haben den Politikern mitgeteilt, dass auf Sicht rund eigene 1000 Wohnungen benötigt werden, damit die Gesellschaft wirtschaftlich bestehen kann. „In einem ersten Schritt kann man vielleicht 200 bauen“, so Mendel. Die Quote der öffentlich geförderten Einheiten müsse hoch sein, inklusive Belegungsrecht der Kommunen. Bei solchen Wohnungen liegt die Kaltmiete pro Quadratmeter bei 5,80 Euro im Südkreis und im Norden wie zum Beispiel Reinfeld bei 5,65 Euro. Auf dem freien Markt sind bei Neubauten in den Städten Ahrensburg oder Glinde zehn Euro und mehr fällig.

Das Beispiel Glinde zeigt zudem, wie hoch der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Teilen des Kreises schon jetzt ist. Dort will die Firma Semmelhaack demnächst das Projekt „Altes Gleisdreieck“ mit 62 öffentlich geförderten Einheiten verwirklichen. Bei der städtischen Wohnungsvermittlungsstelle sind rund 300 Suchende gemeldet, und bis 2018 fallen etliche Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung.

Auch deshalb ist die Gründung einer gemeinsamen Wohnungsbaugesellschaft mit Reinbek, Barsbüttel und Oststeinbek (wir berichteten) nicht vom Tisch. Diese Variante hatten führende Sozialdemokraten aus den Kommunen im vergangenen Jahr vorgeschlagen. Glindes Bürgermeister Rainhard Zug sagt: „Es gibt ein juristisches Kon­strukt, das vergabe- und steuerrechtlich geprüft wird.“ Zudem sei man mit dem Land in Gesprächen über eine Projektförderung.

Die meisten Wohnungen bis 2030 müssen laut einer Studie aus 2015 aber in Stormarns Mitte, zu der Ahrensburg, Bargteheide, Ammersbek und Großhansdorf zählen, gebaut werden: 4300.