Barsbüttel. Abends zu tagen sei zu gefährlich, meint Barsbüttels Bürgermeistern Thomas Schreitmüller. Brandschutz im Rathaus ist veraltet.

Die politischen Gremien in Barsbüttel werden ab sofort nicht mehr im Rathaus am Stiefenhoferplatz tagen. So will es Bürgermeister Thomas Schreitmüller. Und die Entscheidungsträger nehmen das zustimmend zur Kenntnis. Sie sperren sich somit selbst aus. Was skurril und lustig klingt, hat jedoch einen ernsten Hintergrund: Das marode Verwaltungsgebäude verfügt über keinen ausreichenden Brandschutz. „Ich bin dafür verantwortlich, dass man das Haus auch wieder sicher verlässt“, sagt Schreitmüller. Dafür könne er in den Abendstunden jedoch nicht garantieren. Die Ausschüsse werden künftig in der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule oder auch im Bürgerhaus zusammenkommen.

Brandmeldeanlage war vor 40 Jahren noch nicht vorgeschrieben

Die Mängel sind der Gemeinde schon seit Langem bekannt. Sie stehen in einem Brandverhütungsschaubericht des Kreises Stormarn vom 19. April 2010. Zwar steckte Barsbüttel in den vergangenen fünf Jahren rund 450.000 Euro in die Sanierung des Gebäudes, eine Brandmeldeanlage wurde aber nicht installiert. Sie war vor 40 Jahren beim Bau des Rathauses nicht erforderlich. „Inzwischen ist das anders, die Vorschriften haben sich verschärft“, sagt Wolfgang Böckmann, CDU-Politiker und stellvertretender Bürgermeister. Auch gibt es im Rathaus keine sogenannten Brandabschnitte. Böckmann: „Die Flure müssten durch weitere Türen getrennt sein, die sich im Falle eines Feuers automatisch schließen und ein Übergreifen der Flammen auf weitere Gebäudeteile verhindern.“

Die Bauaufsicht des Kreises machte die Gemeinde im April dieses Jahres noch einmal auf die Versäumnisse aufmerksam und empfahl, im Rathaus während der Betriebszeiten einen Feuerwehrmann zu postieren. Die Beschäftigung entsprechenden Fachpersonals hätte Barsbüttel nach groben Schätzungen bis zu 70.000 Euro pro Jahr gekostet. Zu viel, so die einhellige Meinung. Deswegen wurde diese Variante auch nicht weiter diskutiert.

Stattdessen werden derzeit 20 Verwaltungsmitarbeiter als Brandschutzhelfer geschult. „Viele waren dazu freiwillig bereit“, sagt Schreitmülller. Sie sollen wochentags von 6 bis 19 Uhr – in diesem Zeitraum sind die Arbeitszeiten im Rathaus variabel gestaltbar – die Sicherheit im Gebäude gewährleisten. Aber eben auch nicht länger. Da sich die Ausschüsse in der Regel nicht vor 19 Uhr treffen und die Politiker bis in den späten Abend hinein zusammensitzen, ist der Brandschutz nicht gewährleistet. Deshalb hat der Verwaltungschef die Reißleine gezogen.

„Es ist schon unglücklich, dass wir keinen einheitlichen Tagungsort mehr haben. Das könnte die Bürger verwirren. Aber mir fällt der Abschied vom Rathaus nicht schwer“, sagt Böckmann. SPD-Fraktionschef Hermann Hanser: „Ich halte den Umzug in andere Räumlichkeiten zwar für überzogen.“ Protestiert hat er dagegen aber nicht.

Christ- und Sozialdemokraten lehnen eine Brandschutzsanierung für rund 1,4 Millionen Euro derzeit genauso ab wie eine Teilsanierung des Rathauses für 2,4 oder eine Vollsanierung für 4,4 Millionen Euro. Sie streben einen Neubau am Stiefenhoferplatz an.

Politiker wollen Sanierungs- und Neubaukosten gegenüberstellen

Bevorzugt wird hier das Grundstück der benachbarten Sparkasse. Schreitmüller hat sich mit den Verantwortlichen des Geldinstitutes schon getroffen. „Gerade bei Detailfragen waren die Gespräche sehr zurückhaltend“, sagt er. Ende August komme man wieder zusammen. Erst wenn der Verwaltungschef sich mit der Sparkasse über einen Kaufpreis geeinigt hat, kann er der Politik einen qualifizierten Kosten-, Finanzierungs- und Durchführungsplan vorlegen. Das war der Auftrag von CDU und SPD, die auf verlässliche Zahlen warten und diese noch einmal mit den Sanierungskosten vergleichen wollen, bevor sie den Neubau per Beschluss in Stein meißeln.

Nach ersten groben Schätzungen der Verwaltung kostet ein neues Rathaus mindestens 6,2 Millionen Euro. „Das ist immer noch besser als die Vollsanierung. Da würden wir jedes Jahr fünf Prozent der Sanierungssumme für die Instandhaltung ausgeben, bei einem Neubau habe ich für zehn Jahre Ruhe“, sagt Böckmann.

Die Realisierung des Vorhabens könnte jedoch auch am Widerstand aus der Bevölkerung scheitern. Die Initiative Ortsmitte (BIO) ist gegen einen Neubau, will eine Sanierung des Rathauses erzwingen und hatte ein Bürgerbegehren gestartet. Binnen fünf Wochen sammelte das Team um Sprecherin und Mitbegründerin Margarete Hoffmann 1200 Unterschriften, etwa 970 wären nötig gewesen. Ihr Ziel ist ein Bürgerentscheid. Ob es dazu kommt, klärt die Kommunalaufsicht des Kreises. Die Unterschriften übergab die Bürgerinitiative Schreitmüller in der vergangenen Woche. Der sagt: „Zu einem Bürgerentscheid würde es wohl erst im Januar oder Februar 2016 kommen.“

Sozialdemokrat Hanser ist auf die Initiative nicht gut zu sprechen. „Die gehen mit falschen Informationen an die Bevölkerung, behaupten, dass die Finanzlage der Gemeinde schlecht ist und wir uns einen Neubau nicht leisten können. Das ist falsch.“ Böckmann will erst einmal das Urteil der Kommunalaufsicht abwarten. Sollten Hoffmann und Co. jedoch Erfolg haben, „müssen wir überlegen, ob man nicht Rechtsmittel gegen den Entscheid einlegt.“ Demnächst will seine Partei Flugblätter, auf denen für einen Rathausneubau geworben wird, in der Gemeinde verteilen. Bürgermeister Schreitmüller zählt übrigens nicht zu den Befürwortern eines Neubaus. Er favorisiert eine kostengünstigere Variante.