Grosshansdorf. Pauline Bayer aus Hammoor und Maximilian Ferst aus Großhansdorf holen beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ den ersten Platz.

Wie oft er übt? Ein Lächeln. Ein Blick. Mehr nicht. Dann eine lange Pause. Wie wirkungsvoll eine solche in der Musik sein kann, weiß Maximilian genau. Aber auch bei heiklen Fragen, kann sie offenbar helfen. Übt er jeden Tag oder mindestens einmal die Woche? Der 15-Jährige legt den Kopf schief, lächelt erneut und überlegt noch immer. „Aufs Üben bezogen, bin ich nicht besonders ehrgeizig“, sagt der junge Mann schließlich mit wohlgesetzten Worte und steuert mit Eleganz um die Klippe. Er will später vielleicht mal Diplomat werden. Das könnte passen.

Allerdings ist da das Cello. Und welche Rolle das noch in Zukunft spielen wird, wird sich zeigen. Zurzeit steht es auf jeden Fall im Zentrum seines Lebens – ein Instrument im Stil eines alten italienischen Modells aus dem Hause Montagnana, handgebaut im mittelfränkischen Bubenreuth und von herrlich rot-braunem Glanz. Als Maximilian mit sieben Jahren anfing, hatte er ein kleines Cello, passend für Kinderhände. Jetzt überragt der hochaufgeschossene Großhansdorfer sein ausgewachsenes Instrument bei Weitem – und mit ihm die Konkurrenz: Beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ hat Maximilian Ferst in Hamburg die maximal möglichen 25 Punkte und damit einen ersten Preis geholt.

Bereits 14 Mal spielte Maximilian Ferst vor einer Jury

Zum fünften Mal hat er bereits an dem Wettbewerb teilgenommen, der in einer Dreierstaffel über den Regional- und Landes- zum Bundesentscheid führt. So hat das Nachwuchstalent schon x-mal vor einer Jury vorgespielt. Beim ersten Mal war er so jung, dass er nur bis zum Landesentscheid mitmachen durfte. Ein anderes Mal ist er dafür gleich in zwei verschiedenen Kategorien angetreten. So waren es bisher 14 Vorspiele vor einer Jury und einem fachkundigen Publikum. Da kann man schon mal nervös werden – oder eine gewisse Sicherheit bekommen.

„Man sagt, es braucht eine gewisse Zeit, bis man sich entwickelt und die Nervosität langsam ablegt. Ich glaube, diesmal ist das bei mir eingetreten“, sagt Maximilian und zeigt erneut, dass er nicht nur mit dem Cello, sondern auch mit Worten sehr präzise umgehen kann. Gegen die Nervosität mag auch geholfen haben, dass er nicht allein vor der Jury bestehen musste. Der Großhansdorfer saß in einer munteren Runde von sieben weiteren Cellisten und überzeugte als Teil eines Cello-Oktetts mit Musik des Brasilianers Heitor Villa-Lobos, die die Zuhörer mit gepfefferten Rhythmen mitreißt und den Spielern technisch so einiges abverlangt.

Der 15-Jährige ist nicht übertrieben ehrgeizig, was das Üben angeht. Aber die Leistung soll schon so stimmen. „Die wird jetzt immer konstanter“, sagt Maximilian. In dem Maß, in dem Leistung steige, sinke die Nervosität. „Deswegen hatte ich auch ein gutes Gefühl und dachte, ein zweiter Preis könnte wohl drin sein.“ Es fällt ihm nicht leicht, das zu sagen. Maximilian trumpft nicht auf. Er spricht leise und zurückhaltend. Es wurde dann schließlich ein erster Preis mit Sternchen. Und die Freude darüber kann der junge Mann bei aller Zurückhaltung nicht verbergen.

Pauline Bayer hat mit dem Klavier den ersten Preis geholt

Freude herrscht auch bei Pauline Bayer aus Hammoor. Auch sie ist 15 und hat in Hamburg einen ersten Preis beim Bundeswettbewerb geholt, mit ihrem Klavier – und so wie Maximilian in munterer Runde. In ihrem Fall mit fünf weiteren jungen Damen, die alles aus ihren Saxofonen herausholten. „Ich war sehr aufgeregt“, sagt die junge Pianistin aus Hammoor, die mit zehn Jahren angefangen hat, Klavier zu spielen. „Als ich hörte, dass wir 24 Punkte bekommen haben, ist die ganze Anspannung abgefallen“, sagt Pauline und klingt auch jetzt noch ganz aufgekratzt und begeistert.

Maximilian und Pauline haben noch mehr gemeinsam. Sie sind schon einmal zusammen beim Wettbewerb angetreten, 2013, in der Kategorie Alte Musik. „Maximilian hat Cello und ich habe damals Cembalo gespielt“, sagt Pauline. „Und wir haben einen zweiten Preis bekommen.“ Jetzt gab es für die beiden Stormarner, und zwar als einzige der aus dem Kreis nach Hamburg angereisten Talente, einen ersten Platz – in der Kategorie Besonderes Ensemble. Und besonders ist ein Cello-Oktett und ein Saxofon-Quartett mit Klavier in der Tat. Die Mitspieler von Maximilian und Pauline stammten in beiden Fällen aus Lübeck, vermittelt von ihren jeweiligen Lehrern. „Ich kannte die anderen vorher gar nicht“, sagt Pauline. „Aber es hat so viel Spaß gemacht, dass wir weitermachen wollen.“

Wie es später beruflich weitergeht und ob das Klavier dabei eine Rolle spielen wird, weiß Pauline noch nicht. „Es soll auf jeden Fall etwas Kreatives sein“, sagt die 15-Jährige, die auch schon mal die Idee hatte, Jura zu studieren. Aber der Gedanke sei mittlerweile in weite Ferne gerückt.

Diplomat oder Mediziner zu werden, reize ihn mehr

Maximilian weiß auch noch nicht so genau, wohin die Reise gehen soll. „Musiker zu werden, war für mich bisher aber nie eine Option“, sagt der Großhansdorfer. „Es gibt so viele, die 100-mal besser sind als ich.“ Diplomat oder auch Mediziner zu werden, reize ihn mehr. „Was kann man da alles machen. ,Ärzte ohne Grenzen’ zum Beispiel. Das ist interessant. Die helfen anderen.“ Und das will auch Maximilian, der damit schon angefangen hat.

Einmal in der Woche geht er in die Ahrensburger Stadtbücherei, um Kindern von Asylbewerbern Deutsch beizubringen. „Dialog in Deutsch“ heißt das Projekt. „Unsere Lehrerin hat das angeregt“, sagt der 15-Jährige. Richtiger Unterricht sei das aber nicht, meint er. „Wir schauen uns Bilderbücher an und spielen mit den Kindern. Und dabei lernen sie.“

Was die Zukunft bringt, ist offen. Aber wohin die unmittelbar nächste Reise geht, weiß er genau: nach Bulgarien. „Ich fahre für drei Wochen nach Sofia und werde dort am Unterricht teilnehmen“, sagt Maximilian. Der Kontakt kommt über eine Lehrerin der Stormarnschule zustande, die in Sofia am deutschen Zweig der Schule unterrichtet. Seine Gastschwester in der Familie, in der er wohnen wird, heißt Kristina. Wenn Maximilian wieder zu Hause ist, kommt sie zu ihm nach Großhansdorf.

Auch in einer ägyptischen Familie war der Stormarnschüler schon und über ein Austauschprogramm als Siebtklässler in Hongkong. Das hat im Ansatz schon etwas von internationalen Beziehungen und diplomatischem Geschehen. Kommt das Cello als musikalischer Botschafter mit? „Nein“, sagt der 15-Jährige. „Aber wenn ich zurückkomme, lege ich wieder los.“

Maximilian will auch im nächsten Jahr wieder am Wettbewerb teilnehmen

Sein kleiner Bruder hat Fußball und Tennis im Kopf. Und er weiß, dass Maximilian regelmäßig übt. „Das nervt manchmal, aber man gewöhnt sich dran“, sagt Konstantin mit brüderlicher Gelassenheit. „Sport ist nicht meine Sache“, sagt dagegen der große Bruder. „Aber es ist wichtig, ein Hobby zu haben und vom Erfolg zu zehren.“ Etwas zu haben, was außerhalb der Familie, der Schule und des Freundeskreises Bedeutung habe. „Was man ernsthaft bestreitet und nicht bloß als Zeitvertreib.“ Als er vor vier Jahren das erste Mal bei Jugend musiziert mitgemacht hatte, sei es passiert. „Da kam ich von Null auf 100.“ Auch im nächsten Jahr ist er wieder dabei. „Weil es mir so viel bedeutet.“ Und weil die Sache mit dem Üben gar nicht so schlimm ist.