Bad Oldesloe/Ahrensburg. Die Zahl der Hilfesuchenden steigt und Kommunen haben Probleme, Unterkünfte zu finden. Wie Städte und Gemeinden nach Auswegen suchen.
Der Flüchtlingsstrom ist für den Kreis und seine Kommunen eine große Herausforderung. Und die Lage wird sich zeitnah nicht entspannen. Das sagt Edith Ulferts, Fachbereichsleiterin Soziales und Gesundheit bei der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe.
Sie führt das fünfköpfige Team „Asyl“ an, das für die Verteilung der Hilfesuchenden zuständig ist. 1114 Flüchtlinge lebten Anfang Mai in Stormarn und damit fast viermal so viel wie im Januar 2011 (284). Bis Ende Dezember wird die Zahl auf mindestens 2345 steigen. Das besagt eine Prognose des Kreises vom Februar. Sie geht bundesweit von rund einer halben Millionen Anträge in 2015 aus. Inzwischen ist sogar von 600.000 die Rede. Einige Kommunen haben schon jetzt Probleme, die Quote zu erfüllen.
Ulferts sagt, sie sei froh, „bisher kreative Lösungen gefunden zu haben“. Im Klartext bedeutet das: Wenn eine Kommune nicht in der Lage ist, die ihr zugewiesenen Personen unterzubringen, verteilt der Kreis in Absprache mit den anderen um. Viel Zeit bleibt dafür nicht. Immer freitags erhält Bad Oldesloe Meldung vom Land, wie viele Personen zehn Tage später in Stormarn unterzubringen sind – inklusive Nationalität und Namen. Ulferts: „Das ist ein erheblicher organisatorischer Aufwand.“ Schließlich gehe es darum, den Bedürfnissen der Bewerber entgegenzukommen. „Wenn zum Beispiel der Cousin einer bereits hier lebenden Person ankommt, wollen wir ihn in der Nähe unterbringen.“ Auch müsse bei Pflegebedürftigen die Wohnung entsprechend ausgestattet sein.
Ahrensburg als größte Kommune muss die meisten Flüchtlinge aufnehmen
7,7 Prozent der Flüchtlinge, die nach Schleswig-Holstein kommen, werden nach Stormarn weitergeleitet. Welche Kommune wie viele Hilfesuchende aufnimmt, richtet sich nach der Zahl der Einwohner. Ahrensburg als größte Stadt des Kreises muss bis Ende 2015 mindestens 314 von ihnen eine Unterkunft zur Verfügung stellen, Anfang Mai lebten hier 129. „Derzeit haben wir 19 Menschen weniger untergebracht als angedacht“, sagt Fachdienstleiter Michael Cyrkel. Die Prognose zu erfüllen, werde schwer.
Noch in diesem Jahr entstehen an drei Standorten in Ahrensburg vier Unterkünfte in Holzrahmenbauweise mit Platz für bis zu 88 Personen. Kosten für die Stadt: 1,7 Millionen Euro. Das reicht aber nicht aus. „Es werden fortlaufend Wohnungen angemietet. Die Menschen sollen dezentral untergebracht werden, um die Integration zu fördern“, sagt Cyrkel. Der Kauf von Immobilien sei keine Option, weil es keine Angebote gebe.
Die Strategien sind in den Stormarner Kommunen unterschiedlich. Genauso wie Ahrensburg liegt auch Reinbek bei den Zuweisungen im Minus. 15 Flüchtlinge, die für die 26.700-Einwohner-Stadt vorgesehen waren, leben in anderen Kommunen. Die Not war so groß, dass die Stadt eine Familie aus Albanien über Wochen im Rathaus unterbringen musste.
Anmietung von Wohncontainern
Demnächst wird sich die Lage etwas entspannen. Die Anmietung von Wohncontainern ist beschlossen, zudem werden zwölf Mobilheime, in denen 50 Menschen unterkommen, für rund 1,9 Millionen Euro an zwei Standorten gebaut. Die Anmietung von Wohnungen hat laut Torsten Christ, Leiter des Amtes für Bürgerangelegenheiten, zwar Priorität, sei aber schwierig. Die Kosten für die Mietwohnungen tragen der Kreis zu 30 sowie das Land zu 70 Prozent, allerdings nur bis zu einer bestimmten Grenze. „Die haben wir aufgrund der Preisniveaus schon öfters überschritten, zahlen die Differenz also selbst“, sagt Christ. In Reinbek liefe es auf Wohnungsbau für Flüchtlinge hinaus. Das sei politischer Wille, benötige aber Zeit.
Trotz Mobilheimen und Containern kann Reinbek die für Ende dieses Jahres prognostizierten 265 Flüchtlinge – Stand jetzt – nicht unterbringen. Räumlichkeiten für 40 Personen fehlen, so Christ. Für 2016 hat er den Kauf von zwölf weiteren Mobilheimen angemeldet. Weniger problematisch gestaltet sich in der Stadt die Integration der Menschen. Genauso wie in den anderen Kommunen helfen Dutzende Ehrenamtliche, geben zum Beispiel Deutschkurse. „Damit beginnen die Neuankömmlinge bei uns sofort“, sagt Christ.
Notfalls werde man Hotels anmieten
Die Kommunen haben auch die Möglichkeit, Wohnungen in anderen Städten und Gemeinden des Kreises anzumieten. Reinbek wird davon keinen Gebrauch machen, Nachbar Glinde hingegen schon. „Wir versuchen, auch Wohnungen außerhalb des Stadtgebietes zu bekommen“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Ab Juni hat sich die Verwaltung eine Räumlichkeit in einer Kommune des Amtes Trittau gesichert. Sollte die Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge weiter steigen, „wäre die langfristige Jahresplanung zerschossen“, so Zug. Notfalls werde man auch Hotels anmieten.
Zuletzt wurde in Glinde eine Gewerbezeile in Wohnraum umgewandelt, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Im Herbst entsteht am Willinghusener Weg eine zweite Einrichtung in Modulbauweise mit Platz für 26 Personen. Kosten: rund 500.000. Dort besteht die Möglichkeit, zwei weitere Häuser gleicher Größe zu errichten.
Das Anmieten von herkömmlichen Wohncontainern, um die Probleme schnell in den Griff zu bekommen, ist derzeit nicht möglich. Bernd Mahns, Leiter des Glinder Amtes für Bürgerangelegenheiten: „Der Markt ist leer gefegt, die Wartezeit beträgt statt drei Wochen jetzt mehrere Monate.“ Außerdem seien die Preise enorm gestiegen.
Amt Trittau hat Wohnungen in Aussicht und kann kurzfristig reagieren
In Oststeinbek „kommen wir bis Ende des Jahres hin, alles ist auf den Punkt geplant“, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer. Das gilt aber nur für die aktuelle Prognose. Unter anderem wird neben der Feuerwache eine neue Unterkunft gebaut. Der Verwaltungschef: „Wir sind auf Anmietung und Grunderwerb fokussiert.“ Ein Haus für 340.000 Euro wurde bereits gekauft, eine weitere Immobilie hat die Gemeinde ins Auge gefasst.
Gekauft hat auch das Amt Trittau mit seinen zehn Kommunen: und zwar vier Häuser in der Gemeinde Trittau für rund 850.000 Euro. „Wir haben gut vorgearbeitet“, sagt Amtsvorsteher Ulrich Borngräber. Man könne auch kurzfristig reagieren, habe einige Mietwohnungen in Aussicht. Derzeit leben allein in der Gemeinde Trittau 70 Prozent der zugewiesenen Flüchtlinge. „Künftig wollen wir besser verteilen, zum Beispiel nach Großensee und Lütjensee“, sagt Borngräber.
Fachbereichsleiterin Ulferts vom Kreis möchte demnächst ein Treffen mit den Stormarner Bürgermeistern initiieren. „Um darüber zu sprechen, was wir in dem Bereich noch machen können“, sagt sie. Beim Kreis gebe es schon jetzt Überlegungen, die Unterstützung für die Kommunen auszubauen. (suk)