Bargteheide. Elmshorner Investor plant den Bau von 160 Wohneinheiten nahe dem Bargteheider Zentrum. Doch die Anwohner befürchten Verkehrsprobleme.

In Bargteheide sollen rund 160 neue Wohneinheiten entstehen. Das Elmshorner Unternehmen Semmelhaack plant ein Stadtquartier auf einem 2,5 Hektar großen Grundstück Am Bornberg. Vorausgesetzt, das Problem der Erschließung wird gelöst – Anwohner fürchten ein zu hohes Verkehrsaufkommen – würde Semmelhaack hier acht Doppelhäuser und zehn Mehrfamilienhäuser mit jeweils 15 Wohnungen hochziehen, für rund 350 Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenssituationen.

„Wir planen ein Mehrgenerationenprojekt mit Inklusionsansatz“, sagt Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung bei Semmelhaack. Weniger technisch ausgedrückt: Ältere Menschen, junge Familien, Alleinerziehende, Singles und Menschen mit Behinderungen sollen hier Tür an Tür leben.Schon jetzt leben und arbeiten Menschen mit Handicap auf dem Grundstück Am Bornberg. Ihre Betreuung liegt in den Händen der Mitarbeiter der „Stormarner Wege“, einer Einrichtung der Diakonie. Mehr als das: Auch Menschen, die eine Sozialwohnung brauchen, haben eine Chance. Thede: „40 Prozent des Quartiers werden aus öffentlich gefördertem Wohnraum bestehen.“

„Ich bin froh, dass es bei den Anwohnern keine Bedenken gibt“, sagt Bürgermeister Henning Görtz. Die Behinderten seien willkommen. Ein Problem gibt es dennoch: die Erschließung des Neubaugebietes. Anwohner fürchten zu viel Verkehr. Gutachten sollen klären, wie das Problem zu lösen ist.

Die Firma will Am Bornberg sozialen Wohnungsbau ermöglichen

Der Bedarf dafür ist hoch. Die Liste, die im Rathaus liegt, ist lang. „Rund 100 Bargteheider suchen zurzeit eine Sozialwohnung. Und die Zahl steigt“, sagt Bürgermeister Henning Görtz. Geeignete Grundstücke zu finden, gestaltete sich bislang höchst kompliziert. Es gab Anwohnerbedenken. „Und die Flächen, die wir Investoren angeboten haben, waren zu klein“, sagt der Bürgermeister, denn der zu erwartende Gewinn war zu gering. Die Mietpreisbindung für Sozialwohnungen liegt bei 5,50 Euro und damit deutlich unter den neun bis zehn Euro, die Semmelhaack für die frei vermieteten Wohnungen Am Bornberg verlangt. Dennoch will die Firma hier sozialen Wohnungsbau ermöglichen. Sie tut das, weil die Stadt das angesichts des Bedarfs zur Bedingung macht. Und eine weitere Bevölkerungsgruppe soll berücksichtigt werden: Flüchtlinge. „Und zwar diejenigen, deren Asylantrag bewilligt wurde“, sagt Thede. „Wir werden vier Wohnungen für sie freihalten.“

Barrierefreies Wohnen

Für Vielfalt im Neubaugebiet ist also gesorgt – gegen Ghettobildung wird vorgesorgt. „Die Sozialwohnungen werden über das gesamte Gelände verteilt“, sagt Thede. Das hilft, einen guten Mix hinzubekommen. Es bringt zusätzlich handfeste Vorteile für alle Mieter, denn im öffentlich geförderten Wohnungsbau sind Standards festgelegt. „Deswegen wird es in den mehrgeschossigen Gebäuden überall Fahrstühle geben. Und barrierefrei sind sie natürlich sowieso“ – für die Senioren und die behinderten Menschen, die ebenfalls über das Gelände verteilt in die Mietwohnungen einziehen werden.

Schon jetzt leben und arbeiten Behinderte auf dem Grundstück. Die Betreuung liegt in den Händen der „Stormarner Wege“, eine Einrichtung der Diakonie. Ihr Sitz auf dem Gelände ist ein altes Bauernhaus, das als Kernhaus erhalten bleiben und um ein zweites ergänzt werden soll. Thede: „In diesen Häusern werden Menschen mit erhöhtem Assistenzbedarf wohnen.“ Die Häuser sollen aber auch als Treffpunkte dienen. „Mit Veranstaltungen und Cafés“, sagt Thede. „Damit öffnet sich das neue Viertel auch nach außen.“ Dass die behinderten Menschen und auch der dazugehörende Gartenbaubetrieb auf dem Gelände bleiben, war eine weitere Bedingung der Stadt, die den Zuzug eigentlich bremsen will.

Hinzu kommt die lange Laufzeit für die Kredite, die die Investitionsbank Schleswig-Holstein als Förderung an den Investor zahlt. „Der Kredit läuft über 35 Jahre“, sagt Projektleiter Thede. „Zurzeit bei einem Zins von 0,5 Prozent.“ Das sei zwar wenig, aber angesichts der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt immer noch zu viel.

Wir müssen wachsen, sonst überaltern wir, sagt der Bürgermeister

Die Stadt soll behutsam wachsen. So lautet das Credo von Politik und Verwaltung nach dem Bau-Boom vor einigen Jahren, der Bargteheide 50 bis 100 neue Wohneinheiten bescherte – jährlich. Es geht darum, die Stadtentwicklung und die Folgekosten für die Infrastruktur im Griff zu behalten.

„Aber wachsen müssen wir, sonst überaltern wir“, sagt der Bürgermeister. „Und da lange nichts geschehen ist, haben wir jetzt auch einen Nachholbedarf.“ Angesichts der Wohnungsgrößen von 50 bis 70 Quadratmeter und der Mischung des Neubaugebiets sei auch nicht davon auszugehen, dass der größte Teil der Mieter junge Familien mit Kindern sein werden. So gab es auch in einer interfraktionellen Sitzung grundsätzlich positive Signale für das Bauvorhaben – ganz anders als bei einer Einwohnerversammlung. Hier wurde Protest laut. Es könne nicht sein, dass das neue Quartier nur über die kleinen Straßen Nelkenweg und Am Bornberg und über die ländlich anmutende Lohe erschlossen werden – dort, wo Autos versetzt geparkt werden und ein Durchkommen schon jetzt nur im Schlangen-Parcours möglich ist.

„Die Verkehrsfrage muss gelöst werden“, sagt der Bürgermeister. „Wir nehmen die Sorgen der Nachbarn ernst.“ Die geforderte Anbindung über den Südring, wäre tatsächlich eine gute Lösung, angesichts der Reaktion des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr jedoch nur schwer vorstellbar.

Einzug im Oktober 2017

„Der Verkehr ist ein Problem. Das stimmt. Gutachten werden das klären“, sagt Projektleiter Thede, der dennoch an den Erfolg des Projektes glaubt. In Elmshorn habe die Firma Semmelhaack dieses Wohnkonzept bereits umgesetzt. „Grundsteinlegung war im September 2014. Bereits im April 2015 haben wir die ersten 70 Wohnungen übergeben“, sagt Thede. Ein so hohes Tempo wünscht er sich auch in Bargteheide. Thede: „Im Oktober 2017 könnten die ersten einziehen.“

Ob der Plan aufgeht, ist fraglich. „Vielleicht wäre es sinnvoll, in zwei Abschnitten zu bauen und das Projekt zeitlich zu strecken“, sagt der Bürgermeister. Denkbar wäre aber auch, dass gar nichts aus dem Vorhaben wird: In Oststeinbek ist ein ähnliches Projekt von Semmelhaack gescheitert – an der Größe und der Verkehrsfrage. (Martina Tabel)